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— 30 — Damit halte man zusammen, was wir in den folgen den Zeilen eitleren werden, jeder Satz ein Zeuge einer Halt- Gebet ist nur immer, den Geist Gottes zu finden und zu er kennen. Allein das geht wieder nicht ohne Zwiespalt ab. Wir find Menschen, sinnliche Wesen, und nur das heimt sich am besten ins Herz, was durch unsere Sinne eingeht. Die Religion im Geiste allein wäre ja wohl das höchste, und sie ist immer wieder gepredigt worden. Aber sie ist den meisten unter uns zu unsichtbar, zu unhörbar, zu unfaßbar, wir dürsten nach Gestalt, rach Klang, nach Dust, die Gott annehmen soll, um sich uns zu zeigen, weil wir alle mehr oder weniger ungläubige Thomase sind, die das Mal sehen wollen, um zu glauben. Rührend ist die Sehnsucht nach Religion und Kultus, die heute wieder aufgewacht in den Menschen. In den modernen Menschen! Man hätte es kaum mehr für möglich gehalten. Die Kirchen rüsten sich eifrig, die Nahenden aufzunehmen. Allein es kommen eben andere Menschen, mit größerem Weit blick, die nebst der Religion auch andere Ideale haben — eine erweiterte Humanität und Duldung, oder ein leidenschaftliches Nationalgesühl, oder die nüchterne Verstandesmenschen sind. Diese, wenn sie nicht gleichgültig, sondern in ernster Meinung zur Kirche kommen, werden denn auch verlangen, daß die Form der B.kennung Gottes, der Kultus, ihren Idealen nicht zu sehr widerspreche, die Religion soll den Menschen ja nicht aufheben, sondern ihn erweitern und vervollkommnen, sie soll seine welt lichen Bestrebungen nicht verneinen, sondern sie heiligen. Und der menschlichen Artung müssen die Kirchen Rechnung tragen, die nicht untergehen wollen. Ich hoffe von der gegenwärtigen Bewegung einen Vorteil für die Katholiken." Das war die gemeinsame Denkart, über die hin Rosegger dem Reformkatholiken Müller die Hand reichen konnte. Aber siehe, was kein Verstand der Verständigen sieht; Rosegger stößt sich an Müllers heftiger Stellungnahme gegen den Protestantis mus: „Er muß doch selber sehen, wie nahe seine reformierte katholische Kirche dem Evangelismus kommt." Das gibt doch