VI finde." Man traut seinen Augen kaum, aber es ist wirk lich geschehen. Dieser Satz findet sich in einer Antwort auf die „Rundfragen" der „Lit. Warte" von 1901 und könnte um so mehr befremden, da die fernere Aus einandersetzung durchaus den selbständigen Beurteiler zeigt, wenn nicht gar zu sichtbar wäre, daß es dem Kritiker an Material gefehlt hat. Wer Rosegger und Dahn in einen Topf wirft, kennt sie beide nicht. Richtiger hat in der selben Rundfrage ein anderer über Roseggers Religion ge urteilt: „Seine Auffassung des Dogmas ist oft unglaub lich oberflächlich und falsch, seine religiöse Polemik daher zumeist gegen Wahnideen gerichtet"; ob man aber fort fahren darf: „Anerkennen muß man dabei den ruhigen, von jeder gewollten Verletzung freien Ton seiner Kontro verse," scheint uns angesichts der Thatsachen doch mehr als zweifelhaft. Aus der Antwort Roseggers auf diese Mei- nuugsäußerungeu (Lit. Warte 1902, 2) heben wir still schweigend den Satz aus: „Ich hätte kaum gesagt, daß dieser Schriftsteller an der katholischen Kirche nur die Formen kenne und schätze, vielmehr, daß er seit dreißig Jahren der Kirche zurust, sich zu verinnerlichen und christ lich im Geiste zu sein." In vielem hat auf Rosegger Geltung, was M. Herbert einmal sagte (Lit. Warte 1901 S. 68) — von Tolstoi war die Rede: „Immer wurde jenen Fürsten des Geistes die größte Herrschaft zugeeignet, die es verstanden, in das Leben ihrer eigenen Zeit einzudringen, der neben ihnen und mit ihnen ringenden, strebenden, leidenden, sündigen den und sich nach dem Höheren sehnenden Menschheit den Spiegel der Wahrheit vorzuhalten." In vielem, sagen wir, nicht in dem meisten; und deshalb ist Roseggers literar-