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109 welches beziehungsweise auch im Dichterberufe liegt, manch mal ein wenig ausüben zu dürfen, dann hätte ich ja alles beisammen und wäre zufrieden." („Mein Weltleben.") Eine kleine Antagonie war nicht zu vermeiden, man nahm ihn eben im Guten nicht an. „Naturgemäß am meisten hin gezogen hat es mich stets nach jener Seite, wo die höchsten Ideale, wo die berufenen Hüter der Religion stehen. Doch je größer hier mein Optimismus, desto schmerzlicher die Enttäuschung. Es war kein Verstehen, es war ein grund sätzliches Verschließen gegen mein vertrauensseliges Hin neigen, und es war gut so." („Selbstbekenntnisse"). Und es war gut so. Ein Reformator darf nicht so leicht auf Du uud Du stehen; deswegen wußte Rosegger aber doch Person und Sache zu unterscheiden: „Nun, den Haß der Fanatiker muß ich ertragen, ohne daß meine aufrichtige Verehrung für den Priesterstand auch nur im geringsten erschüttert werden soll." Und dieser „Haß" nahm zu, so zwar, daß Rosegger die „Clerikalen" schließlich ohne weiteres zu seinen „lieben Feinden" rechnen mußte. „Welcher Schriftsteller, der nicht stets den rein kirchlich-dogmatischen Standpunkt bekennt, ist den Clerikalen überhaupt recht?" Man hätte ihn ja im Gegenteil mit offenen Armen auf nehmen müssen, denn „keiner meiner weltlichen Berufs genossen von heute wird den echten Priester so vom Herzen erhoben, keiner den religiösen Sinn des Menschen so be geistert gefeiert haben, als ich vermöge meiner innersten Überzeugung zu thun mich bestrebe." („Weltleben"). Aber Spaß bei Seite, wie steht es mit dieser Zeichnung des „echten Priesters"? Hier die summarische Antwort: unter all seinen vielen Priestergestalten findet sich (einzelne Züge ausgenommen) auch nicht ein einziger Priester nach dem