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107 eigene Neigung dazu hin, weil eben Gelehrtenstand und Priesterstand für den Dörfler ein und dasselbe ist; aber alle Bemühungen, diesen Wunsch zu verwirklichen, schlugen sehl. Man muß nun derlei vorbestimmte Theologen im Bauern- und Handwerkerstand kennen, uni zu wissen, niit welcher Zähigkeit sie den Wunsch ihrer Jugend fcsthalten, mit welchem Neid sie auf den glücklicheren Kameraden schauen, mit welcher eigensinnigen Kraft sie sich in ihrer Ge dankenwelt entschädigen. Man findet solche Charaktere über all, sie gehören nicht in ihre Zunft und gelten den andern als Käuze; sie schienen ja überhaupt schon deshalb für den geistlichen Stand bestimmt, weil sie nicht waren wie alle andern. Bei Rosegger liegt der Fall auch infolge seiner späteren Bildung nicht anders, denn diese vermochte ihn nicht über eine einmal so tief gewurzelte, vorgefaßte Idee hinüberzubringen, da eben diese Bildung nicht der ruhige langsam Zoll um Zoll von der ganzen Denkart besitzer fassende Lehrgang war, sondern nur ciu autodidaktisches, ungeregeltes Hinzulernen zu den Anschauungen eines aus gewachsenen Menschen. In seinem „Weltleben", in jener Erinnerung („Urban Ofsenluger"), die ihm das nicht all zu katholische Geständnis entlockt, von Kraut und Bohnen sei er ein so großer Freund, daß ihretwegen in seinem Hause am Freitag die Abstinenz eingehalten würde, sagt er ja selbst: „Im Ernste. . . meine Neigung für diesen (geistlichen) Stand ist nicht umzubringen, und ich be- daure immer, daß mir einst die Wege dazu nicht offen gestanden haben." Was mußte das Ergebnis sein? eine gründliche Eisersucht, eine Trotzdem-Stimmung, ein Durchbrechen der Fachgrenze. Und nun kommt noch zu guterletzt die Gemütsweichheit hinzu und steigert dieseu