Wenige Teufel gibt es, deren Schädlichkeit so wenig erkannt ist. Das ist auch der Grund, warum man ihn in seiner Jugend, besonders bei hübschen Mädchen, sogar für ein niedliches „pi kantes" Kerlchen hält und ihn solange nährt, bis er zum ver uichtenden Dämon geworden ist. Zerstörtes Eheglück mit allen seinen Folgen; nm ihr Jngendglück, um ihre einheitliche Ent wickelung gebrachte Kinder; zerstörtes Leben aller Art: sie sind die Opfer des Dämons Mißtaune. Ein junger Mann hat aus leidenschaftlicher Liebe ein schönes Mädchen geheiratet. Die junge Frau war zuweilen unwirsch ohne Grund. Mit glücklichem Lächeln entschlafen, erwachte sie mit einer tiefen Fatte auf der Stirne und antwortete kaum dem freundlichen Morgengruß des Gatten. Er war ganz un glücklich darüber, aber je mehr er sprach und sie zu beruhigen suchte, desto launischer wurde sic. Alles brachte sie auf; iu der unschuldigsten Bemerkung witterte sie Spott, verdrehte dieselbe preßte aus emcm Samcnkornchen Recht einen Eimer von bitteren Worten, mit welchen sie den Gatten übergoß Alles stumpst sich mit der Zeit ab. Der Manu welcher anfangs tief verwundert war, dann mit doppeltem (Snr-öck-» die Versöhnung gegiert und jede Rcucträuc aus den schönen Augen mit Selbstanklage beantwortet hatte, wurde allmählich gleichgültig gegen Unwetter wie gegen Sonnenschein letztere konnte ihn nicht erfreuen, weil er niemals sicher lvar ob ihn nicht ein Wort verscheuchen könne. So zog er sich langsam in sein Inneres zurück, uud er, welcher sonst nie das Haus verlassen, begann die Kreise der Jngendgeführten wieder aufzusuchen. Nun klagte sie über Vernachlässigung, die ehelichen Stürme wurden heftiger, und die innere Entfremdung ver mehrte sich. Ein Knäbe, im dritten Jahre der Ehe geboren, schien' die beiden wieder vereinen zu sollen, aber bald gcnng schwand dem Gatten diese von ihm mit Wärme genährte Hofs nung. Beide Teile waren zn ehrlich, um sich zu betrügen, aber der Zwiespalt wuchs uud riß den Knaben mit ins Verderben. Heute wußte sich die Mutter vor Zärtlichkeit und Nachsicht nicht zu fassen^morgen stieß sie das Kind von sich und strafte es um nichts. So wurde der Knabe ein in sich gekehrter Tränmer, ohne Klarheit der Empfindung und des Gedankens, im Willen gebrochen, zu nichts fähig, was einheitliches, bestimmtes Streben anlangte; reizbar und schnell erregt, vermochte er doch nicht, Ergriffenes festzuhalten, und ging als junger Mann der Mensch hcit durch Selbstmord verloren. Die Eltern aber leben noch: keifende Alte, er ein träge empfindender, kalt gewordener Lelbstluig, welcher hinter dem Bierglase Ersatz fnch^nnd kaum mehr fühlt, was er verloren hat. Loch möge sich ja kein männlicher Leser mit dem Gedanken schmeicheln, daß mir sogenannten „Herren der Schöpfung" von dem Hausteufel Launenhaftigkeit schon durch unser Geschlecht be wahrt sind. Dieser Gedanke märe eine große Selbsttäuschung. Es gibt unzählbare Männer, welche auf diesem Gebiete groß artige Leistungen anfzuweisen haben. Allen Acrgcr, den ihnen die Welt bereitet, speichern sie sorgsam auf, um ihn dann mit großmütiger Freigebigkeit zu Hause auszustreuen. Manche Fratt weiß sich tatkräftig, sei es mit Klugheit und Hnmor, zu wehren, viele jedoch leiden dann als wahre Dulderinnen ihr halbes Leben lang unter der Laune eines Gatten, welcher sie als den natürlichen Blitzableiter für allen Groll betrachtet. Vor einem solchen Selbstling ist dann nichts sicher. Wenn ex sich mit eingekniffenen Lippen und finsteren Augen nähert, so zittert die Frau, die Kinder verschwinden spurlos, der Haus hund verkriecht sich mit eingezogencm Schweife in eine dunkle Ecke und selbst der Kanarienvogel hütet sich vor dem leisesten Laut. Aengstlich blickt die Gattin bei Tisch umher; jede Kleinig keit kann einen Ausbruch der stl>lechtcu Laune bewirken; wenn es nur bei einigen spitzen Bemerkungen und wütenden Blicken bleibt sind alle glücklich, aber noch glücklicher sind sie, wenn der Vater oder Gatte fort ist. In solchen Familien schließen sich oft die Kinder mit inniger Liebe an die Mutter an und bieten ihr so Ersatz für den verlorenen Traum der Jugendliebe, wäh rend sie dem Vater nichts entgegenbringen als Gehorsam, ver bunden niit innerem Trotz und Mißtrauen, welches sich ost zur Mißachtung steigert. Die schöne Moral dieser Betrachtungen läßt sich sehr kurz znsammeusassen: „Wenn dn bemerkst, daß du wegen nichts, wegen einer Fliege an der Wand z. B., ärgerlich wirst, so hat der böse Geist als kleines Teufelchen in dich seinen Einzug gehalten. Sofort rüste dich mit Klugheit, mit Humor und vor allem mit Liebe. Dann behandle den Ankömmling so schlecht wie nnr Möglich. Hebt er den Kopf, drücke ihn nieder; will er reden, lasse ihn nicht zn Worte kommen, denn er stellt dir dein Unrecht als Recht hin; schmeichelt er gar. so werde einfach grob. Eine solche Behandlung läßt er sich nicht gefallen, und mit einemmal fpürst du, daß er davongegangeu ist, uni sich eine bessere Woh nung zu suchen. Du aber wirst freier atmen und bist näher ge- lommen dem Ziele: durch Selbstüberwindung glücklich zn sein und glücklich zu machen." Mrr Von H. Werne r. (Nachdruck verboten.) ir sprachen von seltsamen Träumen, jeder hatte darin besondere E sahrungen gemacht. Ein be kannter Arzt, der zn unserer Gesellschaft gehörte, schwieg —, als man ihn fragte, ob er den Träumen Bedeutung beilege, erzählte er: „Bor einer Reihe von Jahren weilte ich in einem französischen Seebade. Eine frohe Gesellschaft fand sich stets abends zusammen; es wurde oft früh, ehe man zur Ruhe kam. Wieder suchte ich einmal nach Mitternacht mein Zimmer auf, todmüde, ich schlief im Sessel beim Lesen eines Briefes ein, den ich auf dem Schreib tisch vorgefunden hatte. Kaum hatte ich die Augen geschlossen, schien es mir, daß ich in einer großen Stadt aus einem mir unbekannten Hause trete und einen vor dem Hause stehenden Leichenwagen sehe. Ich muß da als Erklärung für jene, welche die fremden Sitten und Gebräuche nicht kennen, beifügen, daß man in Frankreich die Toten nicht auf solchen Wagen hinaus führt wie bei uns. Die dortigen Leichenwagen haben die Form eines länglichen Kutschwagens, der auf beiden Seiten Glas feilster und rückwärts eine Tür hat, durch welche der Sarg hincingeschobcn wird. Einen solchen Leichenwagen sah ich nun im Tranme vor mir stehen. Aber nicht genug daran. Neben dem Wagen stand ein junger, etwa fünfzehnjähriger Bursche in einer schwarzen, mit Tressen dicht besetzten Joppe, ans der längs der Tressen eine Reihe kleiner Metallknöpfe sichtbar war. Als er mich er blickte, öffnete er die Tür des Leichenwagens, und freundlich grüßend winkte er mir mit der Hand, daß ich in den Wagen eintreten solle. Obwohl im Tranme »»gewöhnliche Ereignisse uns ost de» Eindruck von alltäglichen machen, erinnere ich nnch, daß ich damals im Traume furchtbar erschrak und so stark mich zurück- beugte, daß ich mit dem Kops an die Sessellehne heftig anstieß. Natürlich erwachte ich sofort. In zwei Tagen vergaß ich in unserer ausgelassenen Gc sellschaft diesen Traum, aber in der dritten Nacht wiederholte er sich zum Staunen genau in derselben Weise. Dann kam er in unregelmäßigen Zeiträumen, alle drei oder vier Tage, wieder. Endlich begann es mich zn ermüden. Besonders merk würdig war dabei die genaue Wiederholung desselben Hauses, desselben Leichenwagens und vor allem der Kleidung und des Gesichtes des jungen Burschen, der mich immer mit gleicher Freundlichkeit zn sich in den Wagen einlud. Ich merkte mir genau seine Joppe, den Tressenbesatz nud die kleinen Metallknöpfe derselben, endlich sein Helles Haar und seine granen Augen, die, voneinander etwas entfernt, an Fischaugen erinnerten. Nach einigen Wochen verließen wir das Seebad, ich reiste nach Paris und kehrte in einem ersten Hotel ein. Wir kamen abends in einer zahlreichen Gesellschaft von Bekannten an. Iw kleidete mich rasch uni nud ging dann zum Aufzug, um zum Spcisesaal hinuntcrzusahreu . . . Auf dem Korridor erblick» ich meine Bekannten, die ebenfalls zum Lift eilten, ich näherte mich jedoch als Erster der Tür nnd drückte auf den elektrischen Knopf. Nach einer Weile hörte ich das dumpfe Gerassel des Auf zuges, dann öffnete sich die Tür, ich fuhr Plötzlich zurück, als wenn ich den leibhaftigen Tod vor mir sehen würde. In der offenen Tür zeigte sich ein fünszehnjähriger Junge mit Hellem Haar und den grauen Fischaugen in der schwarzen Joppe mit Tressenbcsatz und den kleinen Metallknöpfen, -genau derselbe, wie ich ihn im Traume so oft gesehen habe. Er stand in der vsfenen Tür des noch schwankenden Ans zuges und lud mich mit einer freundlichen Gebärde ein, ciu- zutreten. Ich gestehe, daß ich das erstemal in meinem Lebe» empfunden habe, daß die Haare jemandem vor Schreck wirklich zu Berge stehen können. Selbstverständlich zog ich »sich, Ivie bewußtlos, sofort zurück und lief, so rasch ich konnte, die Treppen herunter. Der Speisesaal war, wie schon erwähnt, unten. Der Anszug wartete augenscheinlich auf eine größere Zahl von Gästen, ich aber saß indessen im Vorzimmer auf einem Schaukelstuhl, um mich von meinem Schrecken ein wenig zu erholen, denn ich fühlte, daß ich totenblaß sein mußte. Und ... ich weiß nicht ... es dauerte vielleicht einige Sekunden, Plötzlich ertönte ein furchtbares Geschrei, daun ei» schreckliches Gebrach und ... ich siel in Ohnmacht. Als ich wieder das Bewußtsein erlangte, sah ich im Vor saal menschliche blutende Körper, die man in Eile iu Laken gehüllt hatte.