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Schwänze aus der Esse fuhr. Ein anderer schwor Stein und Bein, seine Nachbarin säße in ihrer Scheune und melke an Stricken und entzöge in zauberischer Weise seinen Kühen die Milch. Und für alle Zauberei und Teufelei mußte der Teriaksmaun helfen. Und sogar hatte er Mittel für die Liebe, Burschen und Mädchen einander zugeucigt zu machen, wenn sie sich gegenseitig verschmähten. Es dunkelt, der Teriaksmann schließt seine Bude, be haglich sitzt er ans einer Holzbank, in einer eisernen Zwänge hat er einen Kienspan befestigt, welcher mit seinem rötlichen Lichte gespenstisch leuchtet. Rings um ihn stehen die Jungen und Mädchen des Städtchens und erwarten von dem Alten, daß er ihnen eine Geschichte erzähle. Und der Kienspan wirft sein rotes Ljcht auf die vielen Köpfe, deren Gesichter purpurn glänzen, in deren Mitte der Alte wie ein Patriarch sitzt Und er hebt an zu erzählen, während die kleine Zm Hörerschaft still wie ein Mäuschen und Auge,und Ohr ist. Da ich vor einigen Jahren hier in Pulsnitz war, ist mir etwas gar merkwürdiges passiert. Als ich hier meine Bude abgebrochen, fuhr ich gen Stolpen über den Sybillenstein. (Fortsetzung folgt.) 0 WWW WWW »-WI «Will Hpjjbklder. 0WWWMMWWM W«»0 (Nachdruck verboten.) Ein schlimmes Uebel ist der Streit, Sei es im Großen, sei's im Kleinen, Denn alle Geister, die verneinen, Sie bringen meist nur herbes Leid. Es kämpft in unseren schweren Tagen Ein jeder um sein Recht. Wohl alle Menschen sich beklagen, Daß, ach, die schnöde Welt so schlecht. Man spricht soviel vom Völkerfrieden, Doch alles scheint nur Trug und Wahn, Mit Mühe ward gottlob vermieden, Ein neuer Kriegsbrand im Balkan. Es kämpfen tapfere Volksgenossen Kühn in Marokko um ihr Recht. Sogar Damaskus ward beschossen — Ja, mit dem Frieden steht es schlecht. Das schöne Werk, das tatenkräftig Ward in Locarno angestrebt — Bekämpfen die Parteien heftig, Weil noch der Geist der Zwietracht lebt. Was nützt der Traum von besseren Tagen, Wenn nicht die Menschheit gründlich lernt, Sich endlich einmal zu vertragen, Hell strahlt das Ziel — doch weit entfernt. Adolf Drcßler, Radolfzell. VW»»»»»..» Ein Nachterlebnis Skizze von Hildegard Diel „Du wolltest mir noch die seltsame Begebenheit er zählen, bei der du Hela kennen gelernt hast", sagte der kürzlich von einer mehrjährigen Auslandsreise heimgekehrte Schriftsteller zu seinem Freunde, als sie in dessen Heim zum erstenmal gemütlich beieinander saßen. „Ja, das war wirklich ein höchst sonderbares Erlebnis. Eine Tragikomödie, die zugleich das Vorspiel zu einem lyrischen Lustspiel wurde, wie Hela unsere Ehe gerne nennt. Aus dummer Vertrauensseligkeit — du weißt ja, was ich früher für ein blindes Menschenvertrauen hatte — engagierte ich damals — vor sechs Jahren — gleich am ersten Tage meiner Ankunft in der kleinen Ortschaft, wo ich Haus und Praxis eines Landarztes übernahm, einen jungen Menschen, der sich um die Chauffeurstelle bei mir bewarb. Ohne Empfehlungen und ohne Erkundigungen einzuziehen, obwohl mir seine verschlagene Physiognomie und sein kriechendes Wesen sofort ein Warnungssignal in der Seele hißten. Ich nahm ihn besonders deshalb, weil er mich zugleich als Diener und Koch bis zum Eintreffen meiner Wirtschafterin betreuen wollte. Wie er das Betreuen auffaßte, wirst du gleich sehen. Es war am zweiten Abend. Ich saß, von Patienten noch unbehelligt — die Praxis meines Vorgängers war eine entschlummernde gewesen —, in ein Buch vertieft, noch zu später Stunde in meinem Sprechzimmer. Da riß mich das Telephon aus meiner Lektüre. „Kommen Sie bitte sofort nach Schloß Otzberg. Der Herr Baron ist angeschosscn." Frappierend schnell war mein herbeigeklingelteS Fakto- tnm zur Stelle und orientierte mich über Schloß Oßberg und seine Bewohner. Fünf Minuten später raste mein offenes Auto auf eine schwarze Waldmauer zu. Die Nacht war wolkenverhüllt und von ersten Herbstnebeln leicht verschleiert. Nirgends war ein lebenkündendes Fensterlicht zu sehen. An- faugs wiegte das schwebende Sausen durch die schlafende Land schaft meine Seele in ein träumendes Wohlbehagen. Aber als uns die breite Dorfstraße nach kurzer Walddurchquerung in eine schier unendliche Heideöde warf, in deren Weglosigkeit wir nur mühsam vorwärts kamen, durchschlich mich mählich ein mir rätselhaftes Unbehagen, das sich bald in eine deut liche Ahnung einer irgendwo lauernden Gefahr verwandelte. Nach qualvoll langsam erreichtem Ende der Heide sausten wir abwärts in eine tiefe, urwaldartige Schlucht. Schwarze Zweigarme streckten sich uns geisterhaft entgegen und schlossen sich gleich wieder weltabschließend hinter uns zusammen. Tiefe Finsternis wechselte mit gespenstigem Aufslammen wilden Zweiggewirrs. Plötzlich ein leichtes Schleudern, ein Ruck — und der Wagen stand still. Im selben Augenblick sah ich ein fremdes Gesicht in den Autolichtschein schnellen und im ' Nu wieder verschwinden. Mein Chauffeur, der es nicht ge sehen hatte, hantierte eine Weile am Motor, dann erklärte er, daß die Reparatur eine halbe Stunde dauern würde, ich das Schloß aber zu Fuß in fünf Minuten erreichen könnte. Er würde mich hinführen und dabei gleich Werkzeug und Hilfe holen. Mein Arztherz trieb mich zu meinem Patienten und mein heimliches Grauen so schnell als möglich aus der Schlucht. Eiligst kletterte ich mit Franz einen Zickzackweg empor und atmete auf, als ich oben die weißen Mauern von Schloß Oßberg vor mir sah. Vom nahen Portal brachte mich ein junger Diener zu seinem alten Kollegen, der mich sofort zu dem verletzten Hausherrn führte. Kaum hatte ich den alten Herrn begrüßt, da schwebte etwas Blauweißgoldenes ins Zimmer herein, das sich im Näherkommen als eine junge Dame in weißem Kleide, enzianblauer Strickjacke und goldenem Kraushaar entpuppte: die stellvertretende Hausherrin und Enkelin meines Patienten, in deren blaue Augensterne und liebreizendes Wesen ich mich augenblicklich so verliebte, daß ich das Verbinden der übrigens leichten Schußverletzung, bei dem mir die feinen Frauenhände mit anmutiger Geschicklichkeit halfen, unnötig lange ausdehnte. In meiner Verliebtheit vergaß ich sogar, meine Autopanne zu erwähnen, die mir erst wieder einfiel, als mich der junge Diener, der mich empfangen, die Schloßtreppe hinunterführte, um mich zu dem wieder intakten Wagen zu geleiten, der, wie er sagte, am Parktor wartete. Ich folgte-ihm, noch völlig liebeversonnen, in einen dunklen Laubengang. Aber schon nach wenigen Schritten schreckte mich ein schleichendes Geräusch in den Büschen. Ich blieb stehen — im nächsten Augenblick schnellten vier Fäuste aus dem Dunkel, packten mich, und noch ehe ich einen Hilfeschrei auszustoßen vermochte, hatte ich einen Sack über dem Kopf, fühlte mich abwärts geschleppt, entkleidet wieder angezogen, gebunden und in stachliches Dickicht ge schleudert, so heftig, daß ich einen wütenden Schmerz am rechten Fuße spürte und dze Besinnung verlor. Nahende Schritte und Stimmen weckten mich wieder aber nur soweit, daß ich zu hören, doch kaum zu denken, noch weniger zu reden vermochte. „Heda — hierher — ich hab den Schuft. Hat sich binden lassen, um ein überfallenes Opfer vorzutäüschen und so den Verdacht von sich abzulenken, indes die Komplizen mit dem Raub das Weite suchen. Alte Finte." — Eine derbe Faust riß mir den Sack vom Kopf — ich atmete befreit auf — sah eine Laterne über mir, daneben, wie eine zweite das zornerklühte Gesicht des alten Schloß dieners, aus dem es gellte: „Auch das Gesicht noch ge schwärzt". — Hörte dann noch eine ferne Helle Frauenstimme: „Bringen Sie ihn erst zu dem neuen Arzt, Dr. Sventurp, der wird feststellen, ob die Fußverletzung echt oder simuliert ist —" dann nichts mehr. Wiedererwachend, diesmal zu vollem Bewußtsein, sah ich mich gefesselt und, wie ich beim Schein einer Laterne zu meinem Erstaunen entdeckte, in einer Dicnerlivree steckend auf einem ratternden Bretterwagen liegen. Neben mir, in hockender Stellung, zwei stämmige Gendarme, Staunen, Fragen, Empörung meinerseits — Schimpfen und Hohn- gelächler die einzige Antwort der beiden. Gemeinheit, beider eigenen Herrschaft einzubrechen und dann noch den Verletzten, Ueberfallenen spielen. Na, der Dr. Sventrup wird dich schon kurieren." Trotz der ungemütlichen Situation mußte ich lachen. „Der Dr. Sventrup? Aber der bin ich doch selbst." Neues Hohnlachen. „Bin ich auch, wenn ich einen Dummen finde, der es glaubt. Geht der neue Doktor in Dienerlivree?" „Für gewöhnlich nicht", sagte ich mit einem schwachen Versuch, die Sache humoristisch zu nehmen. „Aber er ist wider seinen Willen hineingesteckt worden." Und ich ver suchte, meinen Ueberfall zu erzählen. Aber ein zorniges „Hör auf mit deinen Lügenmärchen!" unterbrach mich. Da sah ich ein, daß es unter Umständen unmöglich ist, als der zu gelten, der man ist und überließ meine Legiti mierung der Zeit, der sichersten Zeugin sür die Wahrheit. Vor meinem Hause wurde ich abgeladen, und da ich nicht auftreten konnte, in den Vorgarten niedergelegt. Als dann nach zehnmaligem Klingeln aus begreiflichen Gründen kein Dr. Sventrup öffnete und natürlich auch kein Haus schlüssel in meiner Dienerhose steckte, fragten mich die all mählich doch nachdenklich werdenden Gendarmen, ob ich, da ich bei meiner Behauptung blieb, jemand in der Nähe wüßte, der sie bewahrheiten könnte. Diese Frage entzündete einen rettenden Gedanken in meiner Seele. Hier kennt mich ^noch niemand, aber bitten Sie tele phonisch sofort Fräulein Arndt aus dem Schloß hierher. Sie allein kann mich legitimieren." Gewaltsam wurde die Tür meines Heims geöffnet, um zum Fernsprecher gelangen zu können. Eine halbe Stunde später sprang meine Retterin aus dem angelangten Schloßauto; beugte sich über mich und — rief entsetzt: „Aber Herr Doktor, wie kommen Sie in die Kleider und in solche Verfassung?" Ich erzählte es ihr, und ihre Augen verrieten mir dabei eine so heiße und verheißende Teilnahme, daß meine äußerlich so unselige Lage von einer tiefen inneren Seligkeit übersonnt wurde. Als man mich dann auf ihren sofortigen Befehl in mein Haus getragen und die beiden plötzlich zu eifrigen Kammerdienern verwandelten Gendarme mich äußer lich wieder in den Dr. Sventrup verwandelt hatten, erfuhr ich, daß man gleich nach meinen: Fortgang aus dem Schloß einen Einbruch in der Silberkammer entdeckt, den verschwun denen jungen Diener, der erst einige Zeit im Dienst war, verdächtigt, verfolgt und ihn resp. mich in seinen Kleidern gefunden. Da war mir alles klar: Schuß, Autopanne, Ueberfall und die ganze Raffiniertheit mit der man mich als Werkzeug zu dem Einbruch benutzt hatte. Mein entschwundenes Auto hat dann noch am nächsten Morgen infolge einer wirklichen Panne, nach Festnahme der Schuldigen, den gestohlenen Silberschatz wieder herausgeben müssen. Aber ich habe meinen eroberten Schatz behalten dürfen." ) Es lätzt sich nicht länger verhelmMen In drei Wochen haben wir wieder einmal — Weih nachten. Wie eine Verheißung alles Schönen und Guten wirkt das Wort auf unsere abgestumpften Gemüter. Die Geschäftsleute sind mit den Vorbereitungen für die Weihnachtsausstellung beschäftigt. Noch ein paar Tage und cs wird sich zeigen, wieviel Schönes und Brauchbares Heuer darauf wartet, gekauft um unter den Weihnachtsbaum gelegt zu werden. Nun, da es wieder eine Lust geworden ist, sparsam zu sein, wird die sorgsame und für einen gutbefetztcn Gaben tisch verantwortliche Hausmutter den obligaten Sparstrumpf hervorholen und zu rechnen beginnen: Filzbabuschen für den Papa, die der Arme gutmütig und geduldig er- und auf trägt, ein Dutzend Stehkragen, hochmoderne Selbstbinder und Glacehandschuhe sür den Herrn Sohn, ein Armbanduhr — der heiße Wunsch seit Monden — für das Töchterlein. Für die brave Besorgerin des Hausstandes bleibt da nicht viel. Und doch — sie freut sich. Ihre Freude ist das Bewußt sein, schenken zu dürfen und schenken zu können. Langsam baut sich die Atmosphäre zusammen, von der wir in den Weihnachtswochen alle ein wenig benebelt werden. Aber dieser Zustand des Sichfreuens auf das Fest lichter- glänzenden Tannenbaumcs, er ist uns alljährlich ein Stück Lebensbedürfnis. Und darum sehnen wir ihn herbei, denn die Stunden des unverfälschten Sichfreuenkönnens sind rar. Der erste Heroldsruf ist erklungen. Langsam gleiten wir hinüber in die Weihnachtszeit. a^Wo^»oW—o Gute Nacht, o—o—I0WWW0 Von Max Zeibig, Bautzen. Gute Nacht! so sprach die Mutter, als ich noch ein Kind, schloß die Türen und die Fenster, daß der böse Wind mir den Schlaf nicht schreck und kühle, daß ich mich geborgen fühle. Küßte dann die müden Augen und den Mund mir zu, wenn ich fromm zur Nacht gebetet: Schlaf, mein Kind, schlaf du! Gute Nacht! so sprach die Mutter, als sie müde war und ihr schmerzzerwühltes Bette ward zur Totenbahr. » Hielt ihr Händlein, ach, wie kühle, daß sie warm mein Toben fühle, drückt ihr dann die toten Augen voller Weinen zu, küßte ihren Mund, den bleichen: Schlafe, Mutter, du! Gute Nacht! so sprach die Mutter, es ist lange her; niemand sagt mir nun die Worte so in Liebe mehr. Manchmal nur, wenn draußen dunkelt Nacht ob Flur und Land, fühl ich über meiner Stirne eine leise Hand. Und ich horche. Vor den Fenstern geht der kalte Wind, und mir ist's als rief die Mutter: Gute Nacht, mein Kind! Holl Dir gut das Essen schmecken, A Mußt Du den Tisch mit Leinen decken.