Volltext Seite (XML)
Dr. Richard Kiepert. Braunschweig 2 Bände . 24 NummernUch^alle Buchhaichlltt^nd Postanstalten - Zum Preise von 12 Mark pro Band zu beziehen. heutige Syrien. (Nach dem Französischen des M. Lvrtet.) XVI. (Dämmtliche Abbildungen nach Photographien.) Nordwestlich von Hebron, etwa eine halbe Stande von der Stadt entfernt, erhebt sich als ein weithin sichtbarer Pnnkt der Landschaft die berühmte Eiche von Mamre, der Baum, unter dem der Tradition nach die Zelte Abra hams gestanden haben. Es ist ein herrliches Exemplar von tzam-eus koMsstivs, (H. id-x xsouäoooooUmm), dem dallüb der Araber, und doppelt merkwürdig in diesem dnrch die unsinnigste Mißwirtschaft vieler Jahrhunderte des eigentlichen Baumwnchses fast ganz beraubten Lande. Der Stamm, dessen Umfang am Fuße 10 Meter beträgt, theilte sich in einer Höhe von 6 Meter über dem Boden ursprünglich in vier mächtige Aeste, von denen heute noch drei vorhanden sind; der von der breiten Krone überschat tete Ramu hat einen Umkreis von 95 Schritt. Daß der gewaltige Baum in der That ein sehr hohes Alter hat, unterliegt keinem Zweifel, natürlich aber gehört die Tradi tion, die ihn aus der Zeit des alten jüdischen Patriarchen stammen läßt, in das weite Reich der palästinensischen Fabel. Mit der Verehrung der Patriarchengrüber von Hebron wird jedenfalls die Verehrung des Haines Mamre oder seiner Ueberreste schon von frühester Zeit an Hand in Hand gegangen sein, und dies um so mehr, als eine abergläu bische Schonung und Heilighaliung einzelner, besonders großer Bäume sowohl unter den heidnischen als auch unter den jüdischen Bewohnern des alten Kanaan heimisch war. Aus der christlichen Zeit wissen wir, daß Konstantin um das Jahr 325 eine große Basilika an der Stelle bauen Globus XI.I. Nr. 22. ließ, welche von der jüdischen Ueberlieferung als Stätte des Haines Mamre bezeichnet wurde. Spätere Pilgerberichte schildern den heiligen Baum von Hebron als unansehnlich, von etwa doppelter Mannshöhe, und durch die Axthiebe der reliquiensammelndcn fromn.cn Wallfahrer gänzlich ver stümmelt; eine große Mauer, in der sich viele von Mön chen bewohnte Zellen befanden, umgab ihn. Geht aus diesen Schilderungen deutlich hervor, daß die damalige „Eiche Abrahams" /ine andere war, als die heutige, so er kennen wir diese letztere doch in den Beschreibungen Maundcville's und Belon's aus dem 14. resp. 16. Jahr hundert wieder; ihre Angaben Uber die Lage sowie die Gestalt des damals verehrten heiligen Baun.es lassen keinen Zweifel über die Identität desselben mit dem heutigen aufkommen. Seitdem vor einigen Jahren hier ein zur Aufnahme russischer Pilger bestimmtes Hospiz gebaut wor den ist, hat man die Abrahamseiche in die von einer Mauer umgebenen Gartenanlagen dieser Anstalt hineingezogen. Bon einer nahen Quelle reichlich bewässert, läßt der Baum unter dem Schatten seiner breiten Krone einen natürlichen Teppich des feinsten weichen Grases gedeihen, das seiner seits auf dem Boden des heutigen Syrien eine fast ebenso seltene Erscheinung ist, wie die Ricscneichc selber. Bon Hebron aus unternahm Lortet eine zweitägige Tour nach den berühmten Brunnen von Beerseba, die nach den Angaben der Bibel die südöstliche Grenze des alten Palästina bezeichnet haben müssen. Der Weg, der 43