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188 Richard Andree: Die Steinzeit Afrikas. Funde, die von ganz besonderer Wichtigkeit sind, nämlich eine Kaurischnccke, Fragmente von Straußeneiern, und das Bruchstück einer polirten Axt ans Nephrit. Letztere ward nicht fern vom Brunnen mitten zwischen den geschlagenen Feuersteinen gefunden. Sie ist flach, etwa so groß wie die halbe Hand und stark abgenutzt. Der Nephrit ist grün und gleicht jenem von Neu-Seeland. An diesen Fund, dessen Vorkom men hier sich nach meiner Ansicht am natürlichsten auf dem Handelswege erklärt (wie anderwärts), knüpft Rabourdin gleich ausschweifende Hypothesen; er bringt ihn mit den Fellata in Verbindung, welche er aus Malaisien einwandern läßt rc. rc. Es verlohnt sich nicht der Mühe, weiter auf diese wilden Hypothesen einzugehen. Die vierte Fundstätte, Gurd Bouhloula (30° 30'), lieferte 12 Objekte; etwas weiter südlich bei Ain-Tarba liegen die fünfte und sechste Fundstelle, welche 9 resp. 33 Gegenstände von der gleichen Beschaffenheit wie die früher erwähnten er gaben. Zwischen dem 29. und 30. Grade nördl. Br. liegen die siebente und achte Fundstelle, jede lieferte aber nur ein ein zelnes Objekt; erst weiter südlich (28° 50') fanden sich bei Hassi-Mouileh-Matallah zwei große Ateliers, die 50 resp. 20 Gegenstände ergaben. Die elfte Fundstelle, El Beyyodh (28° 30'), lieferte 20, die zwölfte, Timassinim (28°), nur einen einzigen Gegen stand; die dreizehnte, Gar el Beidha (27° 50'), zeigte zuerst einen neuen Typus; hier traten nämlich große Aexte aus kieselrcichem Sandstein vom Chelles-Typus auf; sie sind sehr häufig, so daß Rabourdiu in einem Umkreise von 5 Me tern sechs Stück fand. An der 14., 15. und 16. Fundstelle, alle zwischen 28" und 27° nördl. Br. gelegen, wiederholten sich diese Funde von Aexten; an der 16. Fundstelle bestand die einzige dort gefundene Axt aus Bafalt. Eine Feuer- stcinspitze und ein vereinzeltes Messer aus demselben Mate rial, noch südlich des 27. Grades gefunden, waren die letz ten prähistorischen Errungenschaften Rabourdin's. Der Punkt, wo er das Messer fand, heißt Ain el Hadjadj. Auch Rabourdin zieht, wie Weißgerber, aus seinen zahlreichen Funden die Folgerung, daß die centrale Sahara einst dicht bewohnt war, und gleich jenem konstatirt er eine Abnahme in der Feinheit der Ausführung der Geräthe von Nord nach Süd. 3. Ober-Guinea. Anderweitige Fnnde von alten Steingeräthen sind von der Küste Oberguineas bekannt geworden, und zwar datirt die Kcnntniß derselben schon aus dem Beginne unseres Jahrhunderts. Der dänische Geistliche Monrad, welcher als Missionär an der Goldküste lebte, meint, indem er von den heutigen Waffen der dortigen Neger spricht, daß in der Vorzeit andere Wassen in Afrika in Gebrauch gewesen sein müssen. „Man findet wenigstens da eine Art Steine, welche darauf hindeuten. Sie sehen aus wie Serpentin und sind, wie es scheint, gut polirt, keilförmig oder rund und am Ende flach zugespitzt. Vermuthlich sind sie, wie Streitäxte, an einem Stiel befestigt gewesen. Die Neger nennen sie Fetischsteine und glauben, daß derjenige, der einen solchen besitzt, einen starken beschützenden Fetisch habe" i). Das Berliner ethnographische Museum besitzt etwa ein halbes Dutzend solcher Steinbeile „aus Aschanti", auf welche Prof. Bastian die Güte hatte mich aufmerksam zu machen. Dieses Vorkommen von Steingeräthen an der Guinea- s)H. C. Monrad, Gemälde der Küste von Guinea. Aus dem Dänischen. Weimar 1824. S. 118 Anmerkung. küste, speciell an der Goldküste, ist neuerdings von dem be kannten Afrikareisenden Winwood Reade bestätigt worden ^). Er fand dieselben bei Akropongo nnd Aburri, 1500 Fuß über dem Meeresspiegel, und bei Odumasie an: Voltaflusse. Nicht selten kommen diese Geräthe nach Regengüssen zum Vorschein und werden, da der Regen gewöhnlich von Blitz und Donner begleitet ist, als Donnerkeile und Gottesäxte bezeichnet — eine überaus weit verbreitete Anschauung, die in Europa wie in Asien mit vorgeschichtlichen Steingerä then verknüpft ist. Abgeschabte Thcilchen der Steingeräthe werden von den Negern als Medicin genossen. Was die Geräthe selbst anbelangt, so ist keines derselben aus Feuer stein (aber das Material, aus dem sie bestehen, ist auch nicht angegeben); einige Stücke gleichen den bekannten Stein äxten, wie sie auch bei uns Vorkommen nnd die in der That kosmopolitisch sind. Sie sind klein, nur zwei bis drei eng lische Zoll lang und zeigen einen abgeplatteten, fast eiför migen Querschnitt. Die Mehrzahl der Instrumente aber zeigt einen runden Querschnitt. Auch durchbohrte Quarz kiesel von 1°/4 Zoll Durchmesser kommen vor, die vielleicht als Amulett getragen wurden, lieber die Zeit, wann diese Steingeräthe im Gebrauch waren, läßt sich nichts sagen; es fehlt sogar an Traditionen Uber dieselben, daß sie aber alt sind, darauf deutet schon die Tiefe, in welcher sie gefunden wurden. 4. Südafrika. Die ersten Steingeräthe aus dem Kaplandc wurden von Langham Dale zwischen der Tafel- und False-Bay im Driftsande gesammelt?). Sie bestehen aus grobem Quar zit, sind roh gearbeitet, ohne Politur, 1 bis 5 englische Zoll lang, aber unzweifelhafte Artefakte. Die meisten sind flache, oft zugespitzte Stücke, einzelne von Schraperform, wie die rohen europäischen Formen. Auch rohe Pfeilspitzen sind darunter vertreten, jedoch ohne Widerhaken. Nachdem so auch hier das Eis gebrochen war, mehrten sich die Funde. Thomas Holdin Bowker zu Tharfield in Lower Albany meldete °), daß alte steinerne Pfeil- und Speerspitzen nicht nur im Kaplandc in der Gegend von Tharfield bis East London, sondern auch im Oranje-Frei staat gefunden wurden. Auch einige flache rundliche, etwa einen Zoll im Durchmesser haltende Objekte wurden entdeckt, die der Autor für Zierrathe ansicht, welche im Ohrläppchen getragen wurden. „Eine merkwürdige auf diese rohen Waffen bezügliche Thatsache erregte meine Aufmerksamkeit, nämlich, daß kein südafrikanischer Stamm im Gebrauche der selben betroffen wird, selbst nicht, als sie von den ersten Europäern besucht wurden; auch tief im Innern sind Stein geräthe unbekannt." Weitere Sendungen von Kap-Steingeräthcn, welche in die Hände von Sir John Lnbbock gelangten i), waren gleichfalls sehr roh in der Ausführung; es sind lauter „Speerspitzen", die größte 4^ englische Zolllang, 1^2 breit und mit schief-rautenförmigem Querschnitt, das Mate rial Feuerstein. Endlich hat Langham Dale seine Forschungen fortge setzt und eine große Anzahl neuer Lokalitäten aus Südafrika r) lourn. Xntüropol. Instituts I, Xxxsnckix x. XOIV. Tasel 1, Fig. 4, und Tasel 2. 2) ckourn. LtbnoloA. 8oe. Xsw 8sriss I, 51 (1869), nebst Tafel. b) lourn. MünolvA. 800. 8sriss II, 39 (1870), und Tasel I. 0 ioueu. Xntkropol. Instituts I, Xpxwnckix XOII, und Tasel I, Fig. 1 und 2.