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Begründet von Karl Andree. I" Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von Dr. Richard Kiepert. Braunschweig Irlich 2 Bände L 24 Nummern. Durch alle BuchlMdlungen und Postanstaltcn 1882. zum Preise von 12 Mark xro Band zu beziehen. Chamars Ausgrabungen in Mexico und Central-Amerika. D" Punkt, von dem aus Charnay seine Nachforschun gen zu beginnen gedachte, war das am westlichen Fuße des Popocatcpctl belegene Dorf Amccamcc a. Bei ciner Tonr, die er vor 23 Jahren durch die Umgegend dieses OrtcS gemacht, hatte ein günstiger Zufall ihn am Abhänge des Pico del Fr alle (Mönchsspitzc) verschiedene merk würdige Funde an Thongcfäßen, Knochenrcstcn n. s. w. thun lassen, welche auf das Vorhandensein eines alten Be- gräbuißplatzes au jener Stelle schließen ließen. Durch seine photographischen Aufnahmen der großartigen Ge birgslandschaft, sowie durch das Vorhaben einer Besteigung des Vulkans gänzlich in Anspruch genommen, hatte Charnay damals jenem Funde nur wenig Bedeutung beigclegt. Erst viel später und in weiter Ferne war er sich über die mög liche Wichtigkeit desselben klar geworden, und so hoffte er denn auch jetzt auf interessante Ergebnisse der Nachgrabun gen', niit denen er das früher Versäumte nachzuholen ge dachte. Die neue Eisenbahnlinie Mexico-Morelos wurde wenige Tage nach des Reisenden Ankunft in der Hauptstadt dem Verkehr übergeben, und da sie, der Richtung der alten großen Straße fast genau folgend, auch Amccameca be rührt, so befanden sich Charnay und seine drei Begleiter unter den ersten Passagieren, die sie benutzten. Diese drei Begleiter aber waren Don Lorenzo Perez Castro, ein mexicanischer Genieoffizier, den die Regierung der Republik dem französischen Gelehrten zur Ueberwachung und Unter stützung seiner Arbeiten beigcordnet hatte; ferner Herr A. Lemaire, ein junger französischer Topograph, und end lich Julian Diaz, der in Mexico cngagirtc Diener, ein Globus XIN. Nr. 13. II. ehrlicher und treuer Bursche, der nur leider für das bisher von ihm bekleidete Amt eines Kirchendieners bei weitem besser geeignet gewesen war, als für den neuen, seine geisti gen Fähigkeiten weit übersteigenden Posten eines Reisc- marschalls, Fourageurs, Kochs und wissenschaftlichen Assi stenten in wilden, unwegsamen Gebirgsgegenden. Seine naive Hilflosigkeit in allen etwas schwierigeren Situationen sollte in der Folge noch oft Gelegenheit zu theils ergötz lichen, theils mehr oder minder ärgerlichen Zwischenfällen geben. Der großartige Bahnhof der Linie Mexico-Morelos befindet sich in San Lazaro, dem ärmsten, elendesten und verrufensten Stadttheil von Mexico, der einen seltsamen Kontrast bildet zu der iu seiner unmittelbaren Nähe am Kanal vonSantaAnita sich hinzichendcn anmuthigen Gartenvorstadt mit ihrem frischen Grün, ihren schattigen Bäumen, den Säulengängcn vor den zierlichen Häusern und den zahlreichen Pulquerien von ungewöhnlich ein ladendem Aussehen. Und dürftig und arm wie die Um gebung des Abfahrtsortcs ist auch die Landschaft, durch welche die Bahn führt. Ganz unmöglich erschien cs Charnay, daß dies das reichbewässerte, fruchtbare, mit einer Menge volkreicher, glänzender Städte besetzte Land gewesen sein sollte, durch das Cortez auf einer breiten, von schatti gen Bäumen eingefaßten Straße nach der Hauptstadt Montezumas gezogen war. Von den zahlreichen Wasser läufen, auf denen Tausende von leichten Barken und die anmuthigen Chinampas oder schwimmenden Inseln den Verkehr zwischen den Städten von Anahuac vermittelten, ist heute nichts mehr zu sehen. Eine weite, auf einer Seite 25