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ZUM PROGRAMM „Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium, Wir betreten feuertrunken, Himmlische, dein Heiligtum! Deine Zauber binden wieder, was die Mode streng geteilt; Alle Menschen werden Brüder, Wo dein sanfter Flügel weilt. “ Sodann fällt der Blick auf das individuelle Glück. Die große Weltharmonie entspricht der harmonischen Gestaltung einzelner zwischenmenschlicher Beziehungen: „ Wem der große Wurf gelungen, Eines Freundes Freund zu sein, Wer ein holdes Weib errungen, Mische seinen Jubel ein! Ja, wer auch nur eine Seele Sein nennt auf dem Erdenrund! Und wer’s nie gekonnt, der stehle Weinend sich aus diesem Bund. “ Auch wenn Beethoven hier sein persönli ches Schicksal impliziert haben sollte, für Trostlosigkeit bleibt kein Raum, über nimmt doch letztlich „Mutter Natur“ die Aufgabe eines kraftspendenden Mediums: „Freude trinken alle Wesen An den Brüsten der Natur; Alle Guten, alle Bösen Folgen ihrer Rosenspur. Küsse gab sie uns und Reben, Einen Freund, geprüft im Tod; Wollust ward dem Wurm gegeben, Und der Cherub steht vor Gott!“ Der Blick wendet sich nun aufwärts - auf die Existenz einer natürlichen, gottgege benen Weltordnung pantheistischen Cha rakters als Grundlage menschlichen Seins: „Froh, wie seine Sonnen fliegen Durch des Himmels prächt’gen Plan, Laufet, Brüder, eure Bahn, Freudig, wie ein Held zum Siegen. “ Die allumfassende und verbindende Kraft einer übergeordneten Institution erscheint in der humanistischen Botschaft einer uni versellen Menschheitsliebe: „Seid umschlungen, Millionen. Diesen Kuss der ganzen Welt! Brüder! Über’m Sternenzelt Muss ein lieber Vater wohnen. “ Am Ende erfolgt die letzte Hinwendung zu einer göttlichen Sphäre als einer über geordneten absoluten Instanz. „Ihr stürzt nieder, Millionen? Ahnest du den Schöpfer, Welt? Such’ ihn über’m Sternenzelt! Uber Sternen muss er wohnen. “