ZUM PROGRAMM Erste Ideendramen der Musikgeschichte A ls Ludwig van Beethoven 1787 im Alter von knapp siebzehn Jahren seine erste Reise von seiner Heimatstadt Bonn nach Wien antrat, um sich dann fünf Jahre später, 1792, endgültig in der österreichischen Kaiserstadt niederzulas sen, war noch kaum absehbar, dass der junge Rheinländer in der europäischen Musikmetropole ein neues Kapitel der Musikgeschichte aufschlagen würde. Beethoven wurde in den folgenden Jahren zum ersten Komponisten, der nicht mehr in fürstlichem oder kaiserlich-königlichem Dienst stand oder als Kirchenmusiker sein Dasein fristete, sondern der sich in Wien als freischaffender Künstler zu etablieren wusste und seine Mäzene in der obersten Wiener Gesellschaft fand. Wie der Kom ponist, so trat auch seine Musik aus der Rolle des Dienens heraus. Festmusiken oder gar italienische Opern zur Unterhal tung des Adels waren Beethovens Sache nicht. Insbesondere mit seinem symphoni schen Schaffen entwickelte sich ein neues Verständnis von musikalischer Absolutheit, die sich nun zunehmend als Träger ideeller Inhalte geistiger, philosophischer oder politischer Natur definierte - eine Idee, die für das gesamte 19. Jahrhundert weg weisend werden sollte. Beethovens Sym phonien als die ersten „Ideendramen“ der Musikgeschichte machten ihren Schöpfer zu einem politischen Komponisten - ein bis dahin in diesen Dimensionen vollkom men unbekanntes Phänomen! Der Geist der Französischen Revolution, die Idee der Freiheit und die Ideale des Humanismus, nicht zuletzt die Kantsche Philosophie der Aufklärung bilden den moralisch-geistigen Hintergrund der Beethovenschen Klangsprache. „Beetho vens Symphonien wenden sich sozusagen ,an die Menschheit* und richten sich gegen jede Form von Tyrannenherrschaft und Willkür“, definiert beispielsweise der Musikwissenschaftler Dietmar Holland diese politisch-gesellschaftliche Botschaft von zeitloser Aktualität. Initiale zum symphonischen Gesamt werk - Symphonie Nr. 1 Mit der zielgerichteten inneren Drama turgie der Sätze und ihren thematischen Anklängen an den Gestus der französi schen Revolutionsmusik enthält bereits die 1. Symphonie wesentliche Charakteri stika, die die Klangsprache der späteren Symphonien Beethovens auszeichnen. Unüberhörbar orientiert sich das Haupt thema des ersten Satzes an Rodolphe Kreutzers „Ouvertüre de la journee de Marathon“, womit Beethoven der franzö sischen Vorliebe folgte, die eigene bedin gungslose Freiheitsbotschaft in ein antikes Gewand zu kleiden. Mit der Erinnerung an den legendären Läufer der Antike, der