ZUM PROGRAMM zufliegenden Zugvögeln kam unser Meis ter diesmal wieder nach Wien zurück; es war bereits Ende Oktober. Er bezog dies mal eine Wohnung in der Ungargasse nahe dem Stadttore. Die neue Symphonie war bis auf den vierten Satz fertig, d.h. im Kopfe, die Hauptgedanken aber festgehal ten in den Skizzenheften. Gegen seine Gewohnheit ließ er manches über diese neue Schöpfung fallen, so auch, dass er mit dem vierten Satze noch nicht einig mit sich selber sei; zunächst hinsichtlich der zu wählenden Strophen aus Schillers Ode ,An die Freude 1 . Mit außerordentli chem Fleiße hielt er sich an der Ausarbei tung der ersten Sätze der Partitur, die wohl unter allen seinen anderen Partituren als Muster von Sauberkeit und Deutlich keit gelten kann; nicht minder zeichnet sie sich aus durch eine äußerst geringe Anzahl von Korrekturen. An die Ausarbeitung des vierten Satzes gekommen, begann ein sel ten bemerkter Kampf. Es handelte sich um Auffindung eines geschickten Modus zur Einführung der Schillerschen Ode. Eines Tages ins Zimmer tretend rief er mir entgegen: ,Ich habs! Ich habs! 1 Damit hielt er mir das Skizzenbuch vor, wo notiert stand: .Lasst uns das Lied des unsterblichen Schiller singen 1 , worauf eine Solostimme unmittelbar den Hymnus ,An die Freude 1 begann. Allein diese Idee musste später einer unstreitig zweckentsprechenderen weichen, nämlich: .Freunde, nicht diese Töne, Sondern lasst uns angenehmere anstimmen und freudenvollere! 1 (...) Schon im Monat Februar des Jahres 1824 war diese kolossale Schöpfung bis zum letzten Feile fertig, und der Meister fing wieder an, besserer Laune zu werden, ja sogar Stunden der Erholung sich zu gön nen; man sah ihn wieder durch die Straßen schlendern, mit seinem am schwarzen Bändchen hängenden Stecher die schönen Auslagekästen belorgnettieren und manchen Bekannten oder Freund nach langer Zeit wieder einmal im Vorbei gehen begrüßen.“ In London traf die fer tige Partitur dann allerdings erst im Sep tember 1824 ein, und obwohl Beethoven von der Philharmonie Society ein beacht liches Honorar für das Recht auf die Uraufführung bekommen hatte, erklang die Neunte erstmals am 7. Mai 1824 in Wien im k.k. Hoftheater nächst dem Kärntnertore, am Ort der heutigen Staats oper. Über die Uraufführung berichtet wieder Anton Schindler: „Am Abend der Uraufführung zeigte das Haus sich in allen Räumen überfüllt, nur eine Loge blieb unbesetzt, die kaiserliche, obgleich der Meister in meiner Begleitung persönlich die Einladung bei allen anwesenden Glie dern der Kaiserfamilie gemacht und einige versprochen hatten zu kommen. Kaiser und Kaiserin waren nicht in der Residenz