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228 Stahl und Eisen. Schwierigkeiten im Betriebe der Gasmaschinen und ihre Beteiligung. 27. Jahrg. Nr. 7. geführt, d. h. diejenige Leistung, welche die Maschine wochenlang ununterbrochen durchziehen soll, dabei aber nicht überlastungsfähig ist. Will man also Gasmaschinen zum Antrieb von Walzenstraßen, wo in der Regel die auftretenden Kräfte vorher nicht genau bekannt sind, an wenden, so muß man in der Wahl der Größe natürlich doppelt vorsichtig sein. Gerade beim Kauf von Gasmaschinen ist es deshalb wichtig, nicht nur die angegebene Leistung und den Preis zu vergleichen, sondern sich die offerierten Maschinen vor allen Dingen in ihren Dimensionen sehr genau anzusehen. Eine weitere Betriebsschwierigkeit, anschei nend nebensächlicher Natur, besteht darin, daß es' bei den Gasmaschinen häufig an schnellen Erkennungszeichen fehlt, worin der Grund der Störung zu suchen ist. Bei den Dampfmaschinen (besonders Gebläse- und Walzenzugmaschinen) kann der Maschinist den Dampfdruck, die Ueber- Abbildung 10. Abbildung 11. hitzung, das Vakuum, die Receiverspannung, den Winddruck usw. vom Führerstand aus direkt beobachten, es ist deshalb auch bei Gasmaschinen von großer Wichtigkeit, an einer Zentralstelle der Maschine die erforderlichen Druckmesser für Gas, Wind, Druckluft, Kühlwasser, Oel, sowie die sonstigen Apparate, wie Thermometer für Gas, Kühlwasser usw. übersichtlich anzuordnen. So unbedeutend im ersten Augenblick die Zündapparate der Gasmaschinen erscheinen, so gehören dieselben doch mit zu den wichtigsten Bestandteilen und muß hier auf eine solide, zu verlässige Konstruktion besonders geachtet werden. Wie wichtig die Frage der Großgasmotoren für die Eisenhüttenwerke ist, möchte ich durch ein Beispiel bei meiner Gesellschaft kurz be stätigen. Im November 1905 betrug der Ver brauch an Kesselkohlen etwa 5300 t bei einer Roheisenproduktion von etwa 21 400 t, welches Quantum im Stahlwerk verblasen und in den verschiedenen Walzwerken weiterverarbeitet wurde und zwar zu etwa 70 bis 80 % zu Fertig ware und Halbzeug und etwa 20 °/o zu vor geblocktem Material. Nach Fertigstellung unserer neuen Gaszentrale ging der Kohlenverbrauch von Monat zu Monat mehr herunter und wir sind heute auf einen Kohlenverbrauch von etwa 500 t im Monat gekommen bei einer Roheisen produktion von etwa 30 000 t, welche Menge ebenfalls im Stahl- und Walzwerk weiterver- arbeitet wird. Die Kesselkohlen kosten uns etwa 18 % f. d. Tonne frei Werk. Hierzu kommen noch die Minderausgaben für Kohlen ablader, Heizer, Schlackenfahrer usw. Aller dings muß ich bemerken, daß diese Kohlenersparnis nicht direkt durch die Inbetriebsetzung der neuen Gasmaschinen erreicht wurde, sondern etwa lO°/o auf den Umbau zweier Walzenzugmaschinen in Verbundmaschinen sowie Verbesserung einer Zentralkondensation zu rechnen sind. Die übrigen 90 °/o Ersparnis sind zum Teil nur indirekt durch die neue Gaszentrale erreicht, indem es nach Inbetriebsetzung derselben möglich war, einige Dampfgebläse mit hohem Dampfverbrauch und einige unökonomisch arbeitende Duplexpumpen außer Betrieb zu setzen. Auf den rheinisch-westfälischen Werken, wo einerseits die Kohlen billiger sind, anderseits weniger Koks für die Tonne Roheisen gebraucht, also auch entsprechend weniger Gas erzeugt wird, sind die zu erzielenden Ersparnisse natür lich entsprechend niedriger. Jedoch auch hier ist man im gleichen Maße vorangeschritten wie in unserm Revier, und hat besonders die Firma Krupp auf ihrem neuen Werk in Rheinhausen den Nachweis geliefert, daß dort das Interesse, durch die Beschaffung von Gasmaschinen Kohlen zu ersparen, ein ganz erhebliches ist. Mit Hilfe dieser Wirtschaftlichkeit ist es eben möglich, in großen Gaszentralen einheitliche Kraftquellen zu schaffen, welche es gestatten, dieselben in Gebläsewind oder elektrische Energie umzuwan deln und auf leichte Art und Weise den Ver wendungsstellen zuzuführen. Dadurch ist das Bild der heutigen Hüttenwerke gegenüber den früheren ein ganz anderes geworden, denn als Dampfzentralen hätte man diese Anlagen auf einem Hüttenwerke kaum jemals in solchem Umfang ausgeführt, weil dabei die Wirtschaft lichkeit im Gegensatz zu den direkten Dampf maschinenantrieben zu ungünstig geworden wäre. Mit Genugtuung ist es zu begrüßen, daß es, abgesehen von der Firma Cockerill in Seraing, gerade deutsche Konstrukteure und Hüttenleute waren, welche trotz der vielen Mißerfolge unent wegt vorangeschritten sind und in verhältnismäßig kurzer Zeit derartige Erfolge, wie man sie heute auf den meisten modernen Hüttenwerken zu ver zeichnen hat, erzielt haben. Wenn es mir ge lungen sein sollte, durch die vorgebrachten Ausführungen zur Verminderung der Betriebs störungen, wenn auch nur in geringem Maße, beizutragen, so würde der Zweck dieses Vor trages erfüllt sein. (Lebhafter Beifall.)