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198 Stahl und Eisen. Die Lürmann^che Schlackenform und der Betrieb der Hochöfen. 27. Jahrg. Nr. 6. Die Lürmann’sche Schlackenform und der Betrieb der Hochöfen.* I m unteren Teile des Hochofens, im Gestell A — (Abbildung 1), scheidet sich unterhalb der Formen B, durch welche der Wind eingeblasen wird, das dreimal so schwere Roheisen von den Schlacken. Vor Anwendung der Lürmannschen Schlacken form fand der Ablauf der Schlacken aus dem Gestell A, durch den Vorherd C, unter dem Tümpel D her, über den Wallstein E statt, und zwar lag — besonders bei dichtliegender Be schickung — der Schlackenabfluß F höher als das Mittel der Windformen B. Der Teil des Vorherdes zwischen Tümpel D und Wallstein E wurde, sobald die Schlacke bis zur Ablaufhöhe F gestiegen war. durch Asche, Lehm und eine Platte G abgedeckt, und diese noch durch eine Abbildung 1. als Hebel wirkende Stange H mit Gewicht J niedergehalten. Der Ablauf der Schlacken fand also nach dem Prinzipe der kommunizierenden Röhren statt, welche durch das Gestell A, den Tümpel I) und den Wallstein E gebildet wurde. Dem Drucke des durch B eingeblasenen Windes mußte der Höhenunterschied zwischen dem Ab laufe der Schlacken F über den Wallstein E und dem Stande der Schlacken im Gestell A entsprechen, war also ein beschränkter, und war dementsprechend auch die Ausdehnung der Räume der höchsten Temperatur vor den Windformen, welche sich in der Mitte des Gestelles berühren müssen, also die Weite des Gestelles, eine be schränkte. Der Wind wurde nur durch drei Wind formen B eingeblasen. Veranlaßt durch den Wechsel im Drucke des Windes, entsprechend dem Wechsel der Hübe der Gebläsemaschine, schwankten die flüssigen Schlacken im Gestell A und dem Vorherde C auf und nieder und es war * Vgl. „Stahl und Eisen“ 1887 Nr. US. 789 und 1891 Nr. 7 8. 553. infolgedessen der Ueberlauf der Schlacken über den Wallstein E ein intermittierender. Durch diese immerwährende Bewegung der feuerflüssigen Schlacken wurden aber alle Teile des Gestelles A, des Vorherdes C, des Tümpels D und des Wall steines E durch ihre Auflösung abgenutzt. Wurde der Druck des Windes im Gestell größer, wenn derselbe z. B. bei den Gebläse maschinen erhöht wurde, oder wenn sich der Widerstand gegen den Durchgang der Gase durch die Beschickungssäule im Hochofen ver mehrte, dann wurde der ganze Inhalt des Ge stelles und des Vorherdes an flüssigen Schlacken aus dem Gestell und dem Vorherde, über den Wallstein hinaus, und die Abdeckung G ab geworfen, ein Vorgang, der jedesmal einen Still stand des Betriebes zur Folge hatte. Nach dem Abstiche des Roheisens mußten die aufgelösten Teile des Vorherdes, des Tümpels und des Wall steines durch Anbacken von Tonballen erneuert werden. Wenn der Ofengang ein guter, die Tem peratur und die Flüssigkeit der Schlacken sowie dementsprechend die vorbeschriebene Abnutzung aller Teile des Vorherdes eine große war, dann dauerten diese Ausbesserungen bei jedem Ab- •tiche bis zu einer Stunde und länger, erfor derten kräftige, erfahrene Schmelzer und die anstrengendste Arbeit im Eisenhüttenbetriebe. Bei damals gebräuchlichem viermaligen Abstiche gingen somit täglich vier und mehr Stunden, also 16 °/o und mehr, der Schmelzzeit verloren. Wenn dagegen der Ofengang kein guter war, wurde die Temperatur und die Flüssigkeit der Schlacken eine so geringe, daß sie nicht mehr durch den Vorherd, unter dem Tümpel her und über den Wallstein ablaufen konnten, dort viel mehr erstarrten und den ganzen Raum ausfüllten. Die Einrichtungen, mit Hilfe derer — vor Einführung der Lürmannschen Schlackenform — der Ablauf der Schlacken bewirkt werden sollte, nämlich der Vorherd C, der Tümpel D und der Wallstein E, veranlaßten also, wenn der Hoch ofen gut ging, große Verluste an Schmelzzeit, und waren, wenn der Hochofen schlecht ging, mit erstarrten Schlacken angefüllt, konnten also ihren Zweck nicht erfüllen und waren einfach unbrauchbar. Wie oben gesagt, war der Druck des Windes ein beschränkter undbetruggewöhnlich nur 21/2 bis 3 Pfund auf den Quadratzoll. Mit Einführung der Lürmannschen Schlacken form wurde der Vorherd, der Tümpel und der Wallstein abgeworfen (Abbildung 2). Alle vorher beschriebenen Uebelstände und Zeitver luste kamen in Wegfall, und als Schmelzer konnten weniger erfahrene Arbeiter beschäftigt