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2. Januar 1907. Referate und kleinere Mitteilungen. Stahl und Eisen. 35 Hochofenschlacke und Kalk hergestellt, indem man die mechanische Mischung von gemahlener Hochofen schlacke und Kalk trocknet und in Brennöfen zu Klinkern brennt, die alsdann wieder gemahlen werden. Der so gewonnene Portlandzement fand seiner brauch baren Beschaffenheit wegen guten Absatz; die Her stellung stieg von 32 443 Faß im Jahre 1900 auf 1735 343 Faß im Jahre 1905 und wird für das Jahr 1906 auf 2 200 000 Faß geschätzt. Die zurzeit be stehenden Anlagen in South-Chicago und Buffington erzielen eine Produktion von 6500 Faß täglich. Die Produktion soll nun durch zwei Neuanlagen, die eine mit 6000 Faß täglicher Produktion in Buffington, die andere mit 4500 Faß täglicher Produktion in dem Orte Universal bei Pittsburg, auf etwa 17 000 Faß täglich oder nahezu 6 000 000 Faß im Jahre gebracht werden. Die beiden Neuanlagen sind da durch bemerkenswert, daß ihre elektrische Betriebs kraft von den Hochofenwerken in South-Chicago und Homestead (bei Pittsburg), die auch die Schlacken liefern, durch Gasmotoren, welche mit Hochofengas arbeiten, erzeugt wird. Durch diese weitgehende Ausnutzung der beiden Nebenprodukte der Hochöfen, Gas und Schlacke, die sich aut’ deutsche und belgische Vorbilder gründet, wird der United States Steel Cor poration ein wesentlicher wirtschaftlicher Vorteil ge sichert. Wenn die Neuanlagen voll in Betrieb sein werden, wird die United States Steel Corporation einen Anteil von etwa 17 0/o zu der Gesamtproduktion der Vereinigten Staaten an Portlandzement, die sich im Jahre 1905 auf rund 35000 000 Faß stellte, bei tragen können. Kanada. Die Gerüchte von der Entdeckung eines großen Eisenerzbezirkes an den Nordufern des Oberen Sees wenige Meilen östlich von Port Arthur sowie von der Angliederung desselben an die Betriebe der Atikokan fron Company zu Port Arthur haben sich als ge waltig übertrieben herausgestellt.* Nach denselben sollten dort Schürfungen Erze von guter Beschaffen heit im Betrage von 200 000 000 t ergeben haben. Aller dings sind in den letzten zwei Jahren in unmittelbarer Nachbarschaft der genannten Oertlichkeit einige Erz funde gemacht worden, doch sind dieselben von nur untergeordneter Bedeutung, und ist die Zukunft dieses Bezirkes noch eine offene Frage, indem die Ansichten in der Mehrzahl sogar ungünstig lauten. Die Erz betriebe der Atikokan Iron Company liegen haupt sächlich in dem Atikokandistrikt, annähernd 200 km westlich von Port Arthur, doch ist daselbst noch wenig oder gar nichts getan, da man auf die Fertig stellung des Hochofens zu Port Arthur und einer Ver bindungsbahn wartet. Dagegen läßt eich eine Ent wicklung Kanadas auf der Ostseite des Nepigon-Flusses und -Sees erwarten, wo die United States Steel Cor poration Arbeiten begonnen hat und in neuester Zeit auch bedeutende Funde gemacht haben soll. Wahr scheinlich werden jedoch vor Anfang des kommenden Frühjahrs nur wenig Nachrichten von dort in die Welt gelangen, da infolge der Abgelegenheit und Un zugänglichkeit dieser Bezirke der Verkehr in den Wintermonaten äußerst gering ist. Die Wärmevorgänge beim Längen von Metallen. ** Dr. 11. Hort, Dipl.-Ing., hat im Institut für an gewandte Mechanik (früher technische Physik) der Universität Göttingen zunächst rein physikalisch die Wärmeerscheinungen beim Streckversuch an Metallen * Nach „The Iron Age“ 1906, 29. November. ** „Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure“ 1906 Nr. 45. untersucht und dann mit Hilfe dieser Erscheinungen die Längung oder das „Fließen“ der Metalle verfolgt. Der größte Teil der benutzten Versuchsstäbe be stand aus technisch möglichst reinem Eisen. Es waren Stäbe, die die Gußstahlfabrik Fried. Krupp Anfang 1903 dem Institut geschenkt hatte. Das Ma terial ist außerordentlich homogen. Es enthält nach Angabe der Gußstahlfabrik 0,10 °/o Kohlenstoff, 0,11 °/o Silizium, 0,11 °/o Mangan, weniger als 0,01 0/ Phos phor, 0,018 °/o Schwefel und 0,034 0/o Kupfer. Die Stäbe wurden im Werk roh abgeschmiedet, dann wurde ein Teil von ihnen ausgeglüht, während die übrigen ungeglüht blieben. Sie wurden im Institute auf die passenden Versuchemaße abgedreht. Außer dem wurden noch Stäbe von Bessemerstahl und Kupfer verwendet. Die Versuche wurden nach zwei verschiedenen Gesichtspunkten durchgeführt. Einmal wurden rein qualitativ die Wärmevorgänge an drei verschie denen Stellen des Versuchsstabes gleichzeitig mit Hilfe von Thermometern, die in kleinen Quecksilber gefäßen am Stab saßen, beobachtet, und so die innere Natur des Fließvorganges verfolgt. Das andere Mal wurde die beim Fließen auftretende Wärmemenge qantitativ genau in einem Wasserkalorimeter be stimmt und mit der aufgewendeten Längungsarbeit verglichen. Bei den quantitativen Versuchen wurde auch eine Reihe elastischer Abkühlungsversuche gemacht. Die qualitativen Versuche zeigten überall, daß das Fließen in den einzelnen Stabteilen seitlich verschieden einsetzt. Für das homogene Kruppsche Material er gab sich für die erste Zeit des Fließens ein ungleich mäßiges, bald schnelleres, bald langsameres Fließen, das sogar hier und da in den einzelnen Querschnitten aussetzt. Erst nach Ueberschreiten des „labilen Ge bietes“ haben wir gleichmäßig verteiltes Fließen. Die für die quantitativen Versuche verwendeten Stäbe bestanden sämtlich aus dem Kruppschen mög lichst reinen Eisen. Ihre Abmessungen waren un gefähr immer die gleichen. Die Versuche wurden in der Weise durchgeführt, daß ein Versuchsstab in mehreren (2 bis 3) Absätzen gelängt wurde, bis die Einschnürung eintrat. Für die quantitativen Ver suche ist einerseits die aufgewendete Längungs arbeit aus den Spannungsdiagrammen zu be stimmen, anderseits ist die als Reibungswärme auf tretende Energie zu messen. Bei allen ersten Län gungen eines Stabes mußte der Versuch so weit aus gedehnt werden, daß das „labile Gebiet“ sicher über schritten wurde. Aus den Versuchen ging das Ergebnis hervor, daß ein Teil der Längungsarbeit bei dem Kruppschen Eisen während des Fließens latent wird, und daß sich der übrige Teil als Reibungswärme wiederfindet. Die Größe der latenten Wärmeposten ist sehr verschieden. Das Latentwerden der Wärme ist wohl mit dem Begriff der Umwandlungswärme zu erklären. Das Metall nimmt während des Fließens neue Mole kularkonstitutionen an, es ändert seinen kristallinischen Bau. Diese Auffassung wird durch die bekannten Fließfiguren auf der Oberfläche der Metalle bestätigt (vergl. Martens: „Materialienkunde“ I S. 67 und Tafel 1). Diese Fließfiguren deuten nämlich auf ein kristal linisches Umlagern der Molekülgruppen hin. Ihre Entstehung — plötzliches Auftreten von feinen Strichen, die breiter werden und sich mit anderen Strichen kreuzen — erinnert an die sonst bekannten Kristallisationserscheinungen, z. B. an die Bildung der Eisblumen an Fenstern. Auch die Umwandlung der feinen Maserungen dieser Eisblumen in gröbere Gebilde bei weiterem Frieren hat beim Fließen der Metalle ihr Seitenstück : die Fließfiguren verschwinden beim weiteren Längen, die Oberfläche zeigt die gröberen Zeichnungen der „Fältelung“, „Krispelung"