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Major Stassano, welcher ursprünglich in den Alpen eine elektrische Anlage zur Gewinnung von Eisen aus Eisenerzen angelegt hatte, die aber ohne ökonomischen Erfolg blieb, hat auf Grund der dort gesammelten Erfahrungen nun mehr die neuen Einrichtungen getroffen. Sein Grundsatz wird hier verwirklicht, nichts weiter von der Elektrizität zu verlangen als Wärme, also die Kohle durch den elektrischen Strom zu ersetzen. Er entnimmt von der Turiner Elektrizitätsgesellschaft den elektrischen Strom, welcher durch Wasserkraft für Beleuchtungs- und Bewegungszwecke erzeugt wird. Er geht von dem Grundsätze aus, daß bei den ver schiedenen Beheizungen durch Kohle nur sein- wenig von der erzeugten Wärme ausgenutzt werde, so bei Schmiedefeuerungen etwa nur 2 bis 3 °/o, bei den Tiegelschmelzungen nur 5 bis 100/0, bei Kupolöfen 10 bis 20°/0 und bei Hoch öfen 30 bis 5O°/o, höchstens 70°/0. Er meint, daß diese geringe Wärmeausnutzung wesentlich entstehe, weil stets der gesamte Stickstoff der Luft mit erhitzt werden muß, was vermieden werde, wenn man den elektrischen Strom als Wärmequelle anwende, bei welchem man min destens 50 °/o Wärmegewinn, oft aber beinahe 9O°/o, rechnen muß. Er glaubt, daß, unter der Annahme, daß die durchschnittliche Heizkraft des Kilogramms industrieller Brennstoffe zu 6500 Wärmeeinheiten angenommen, und er fahrungsmäßig 635 Wärmeeinheiten durch die Umwandlung einer elektrischen Pferdestärken stunde in thermische Energie erhalten werden können, 4,22 in Wärme umgewandelte elektrische Pferdestärken nötig sind, um eine thermische Arbeit zu leisten, die man in der Industrie durch Verbrauch von 1 kg Brennstoff erzielt. Nun meint er, daß in vielen elektrischen Wasser kraftanlagen eine elektrische Pferdestärke in einem Jahre zu einem 32 K nicht übersteigenden Preise zu haben sei, infolgedessen man da, wo Wasserkraftanlagen vorhanden sind, imstande ist, so zu arbeiten, als wenn 1 kg Kohle nur 1,7 8 koste. Er glaubt, daß dies sich noch werde nützlicher gestalten, wenn man daran denke, daß man ja in vielen Fällen in dem Hüttenwesen nicht Kohle, sondern die daraus erzeugten Koks gebrauchen müsse, und daher könnte man etwa ansetzen, daß man so arbeiten könnte, als ob man die Kohle zu 17 für die Tonne hätte. Freilich ist die Kohle nicht nur Wärmequelle, sondern auch gleichzeitig der Stoff, durch den man reduziert: aber dadurch, glaubt er, entstände der weitere Nachteil, daß man stets kohlenstoffhaltige Produkte erhalte, während man bei Anwendung des elektrischen Stromes die Kohle entbehren und dadurch ein kohlen stofffreies Produkt erhalten könne. Freilich kann man auch dies nicht erreichen, wenn man Kohlenelektroden anwendet, welche mit dem Me tall in Berührung kommen, und daher muß man nach seiner Ansicht für die Apparate folgende Bedingungen festhalten: 1. Der Raum, in dem die Umwandlung der elektrischen Energie in Wärme und mithin die metallurgischen Operationen, zu denen diese Wärme nötig ist, vor sich gehen sollen, darf nicht der unmittelbaren Wirkung der atmosphä rischen Luft ausgesetzt sein, sondern muß in chemischer Hinsicht durchaus neutral sein. 2. Die durch die wiederholte Umwandlung entwickelte Wärme muß bei der höchstmöglichen Temperatur entstehen. 3. Die zu behandelnden Materialien dürfen keine unmittelbare Berührung mit fremden Kör pern haben, die ihre Zusammensetzung schädlich beeinflussen könnten. 4. Endlich: die Apparate, in denen die ver schiedenen metallurgischen Operationen, für welche man auf die aus der elektrischen Energie ent wickelte Wärme rechnet, sowie die in ihnen zur Erreichung der gewollten Endzwecke ausgeführten Verfahren vor sich gehen müssen, sollten so aus gedacht und gebaut sein, daß sie immer unter voller Belastung arbeiten können. Nach diesen vier Grundsätzen sind denn auch die Apparate gebaut. Ich führe Ihnen jetzt die Stassauosche Anlage (Abbildung 1) vor. Der Ofen 5 ist für den Be trieb einer Eisengießerei bestimmt. Er wird mit einer elektrischen Energie von 100 P. S. be trieben. Der Ofen 9 im Hauptraum hat 200, der Ofen 10 1000 P. S. Beides sind Drehöfen. Der Ofen 11 ist ein nach Art der Flammöfen gebauter Herdofen mit sechs Elektroden, eben falls von 1000 P. S. Nr. 15 ist ein Glühofen. In Abbildung 2 ist ein feststehender Ofen dar gestellt, wie er in Darfo ausgeführt ist, und welcher eigentlich zur Reduktion von Erzen dienen soll, während in Abbildung 3 ein fest stehender Herdofen mit sechs Elektroden zum Einschmelzen von Metallen gezeigt wird. Die wichtigste Einrichtung ist der drehbare elektrische Ofen,* der aus einem zylindrischen, oben stumpfkeglig abschließenden Metallpanzer- mantel besteht und inwendig mit feuerbeständigem Material ausgekleidet ist, das die Schmelz kammer, welche ihrerseits aus einem kugelförmi gen, oben mit sphärischer Decke abschließenden Hohlraum besteht, umschließt. Durch Oeft- nungen in der feuerfesten Wand ragen die Elek troden hinein und geben den elektrischen Licht- * Die sämtlichen Oefen wurden in ihren Einzel heiten durch Lichtbilder veranschaulicht, welche hier nicht wiederholt werden, da sie in „Stahl und Eisen“ 1906 Nr. 16 S. 1621 sowie in dem demnächst in „Stahl und Eisen“ zur Veröffentlichung gelangenden Vortrag von Prof. Eichhoff-Berlin, gehalten auf der Haupt versammlung des Vereins deutscher Eisenhüttenleute am 9. Dezember, über die „Fortschritte in der Elektro stahldarstellung“, wiedergegeben sind.