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Der Leiter des Weiterbildungs zentrums „Elektronische Bauele mente“, Prof. Dr. H. G. Schneider. Im November des vergangenen Jahres fand die erste Veranstaltung des am 15. September 1970 gegründeten Weiterbildungszen trums „Elektronische Bauelemente“ als Problemseminar statt. Zahl reiche Teilnehmer aus wissenschaft lichen Einrichtungen, Großfor schungszentren und aus der Indu strie waren zusammengekommen, um sich mit dem neuesten Erkennt nisstand auf dem Gebiet „Aktive Bauelemente“ vertraut zu machen und im unmittelbaren Kontakt zwi schen Vertretern der sozialistischen Praxis und solchen aus Lehre und Forschung Anregungen zu empfan gen aus dem unmittelbaren Gedan kenaustausch für die eigene wissen schaftliche Tätigkeit. „Die Weiterbildung“, so heißt es im Beschluß des Staatsrates über die Weiterführung der 3. Hochschul reform, „wird zu einer dem Direkt studium gleichrangigen Aufgabe.“ Und in seiner Rede an der TH für Chemie Leuna-Merseburg im Juli 1970 brachte Genosse Prof. Böhme, Minister für Hoch- und Fachschul wesen, zum Ausdruck, daß die Weiterbildung gegenwärtig die Hauptreserve für das schnelle Er reichen von Höchstleistungen dar stellt. In welchem Maße das neuge gründete Weiterbildungszentrum „Elektronische Bauelemente“; unse- entwicklung, Produktion, Applika tion elektronischer Bauelemente — und das alles systemgerecht, hier speziell ESEG-gerecht, d. h. Über einstimmung mit dem Einheitssy stem der Elektronik und des wis senschaftlichen Gerätebaues — er fassen muß. Wenn man diese Prä misse voll durchdenkt, ergibt sich automatisch die volle Verantwor tung einer solchen Weiterbildung als Bestandteil des einheitlichen sozialistischen Bildungssystems und des Reproduktionsprozesses und die Konsequenzen für die inhaltliche Gestaltung aller Formen der Wei terbildung und für die methodi schen Fragen der Durchführung. Daher ist dem aktiven Element der Weiterbildung, der schöpferi schen interdisziplinären Fachdis kussion, breiter Raum zu geben, ihr Niveau und ihre Zielstellung rich tig einzustellen und auszurichten. Es ist vor allem auch notwendig, langfristige und zeitlich richtig ab gestimmte inhaltliche Konzeptionen für einen gesamten Problemsemi narzyklus von 3 bis 4 Jahren und darüber hinaus zu erarbeiten, die die eingangs erwähnte strenge Über einstimmung mit der Forschungs- und Entwicklungsstrategie des In dustriezweiges aufzuweisen. Dr. Langer: Die wissenschaft lich-technische Revolution unserer Tage und der Kampf um Weltspit zenleistungen auf allen Gebieten des Reproduktionsprozesses sowie nicht zuletzt eine optimale Ausschöpfung der materiellen und der Zeitfonds machen den Aufbau in sich und auf die Ausbildungsprozesse abgestimm ter Systeme der Weiterbildung not wendig. Unbefriedigend war bisher das Problem der systematischen, for schungsbezogenen Weiterbildung von Hoch- und Fachschulkadern der Industriezweige Bauelemente und Vakuumtechnik und deren For schungspartnern an Universitäten, Hochschulen und Ingenieurschulen sowie in Einrichtungen der Deut schen Akademie der Wissenschaften gelöst. Darüber hinaus sind übrigens zahlreiche andere Industriezweige der DDR auf die Entwicklung mo derner elektronischer Bauelemente angewiesen und somit notwendig an der Weiterbildung ihrer Mitarbeiter auf diesem Fachgebiet interessiert. • Es mußte deshalb eine Einrich tung, geschaffen werden, die diese Aufgabe in enger Kooperation mit schung und bis zur Applikation rei chend. In allen Diskussionen wird auf die gesellschaftliche Bezogenheit, ausgehend von der Darstellung des internationalen Wissens- und Ent wicklungsstandes, verglichen mit den gegebenen Verhältnissen in der DDR und auf die sich daraus erge benden Konsequenzen für die künf tige Arbeit besonderer Wert gelegt. Um eine breitere Wirksamkeit der Problemseminare, die ja doch nur einen relativ kleinen Kreis erfas sen können, zu gewährleisten, wer den die Vorträge, die während der Problemseminare gehalten werden, nochmals auf Symposien vorgetra gen, die unter gleicher Themenstel lung wie die Problemseminare etwa 3 bis 4 Monate nach dem jeweili gen Seminar einwöchig in Karl- Marx-Stadt durchgeführt werden. Dazu zählt bereits das Symposium „Probleme aktiver Bauelemente“ das Folgesymposium zum 1. Problem seminar „Aktive Bauelemente“, bei dem wir mit 300 Teilnehmern rech nen. Es ist vorgesehen, die Vortrags inhalte anschließend in einem Be richtsband zu publizieren, wodurch eine weitere Breitenwirksamkeit erreicht werden soll. Dr. Langer: Die Zusammensetzung des Teilnehmerkreises ist ausgespro chen heterogen. Sie kann etwa durch folgende Merkmale charakte risiert werden: Hoch- und Fach schulkader, Vertreter unterschiedli cher Phasen des Reproduktionspro zesses, Vertreter unterschiedlicher Fachdisziplinen, Vertreter unter schiedlicher Verantwortungsebenen, Vertreter unterschiedlicher Erfah- rungsträgerschaft im Industriezweig, Vertreter unterschiedlicher Alters stufen. Redaktion: Im November wurde vom neugegründeten Weiterbil dungszentrum „Elektronische Bau elemente“ die erste Weiterbildungs- Veranstaltung als Problemseminar durchgeführt. Was läßt sich zum Erfolg dieser Veranstaltung sagen? Prof. Landsberg: Von meinem Standpunkt aus war die Veranstal tung ein großer Erfolg. Ich gehöre zu denjenigen, die dem Industrie zweig sowie den dazugehörigen Wis sengebieten ferner standen, und habe einen sehr systematischen Einblick gewonnen in den neuesten Stand der Grundlagenforschung bis zur Produktion zur Diskussion steht. Daneben möchte ich behaupten, daß gerade die sehr sinnvoll ausge wählte „gemischte Zusammenset zung“ des ersten Problemseminars ganz wesentlich die aufgeschlos sene, diskussionsfreudige Atmo sphäre hervorruft. Prof. Schneider: Es ist unbedingt notwendig, unseren akademischen Nachwuchs, die Kaderreserve für die Ausbildung,, für Industrie und For schung, zielgerichtet auszubilden. Dazu ist eben erforderlich, an sol chen interdisziplinären Fachgesprä chen, wie es unsere Problemseminare/ sind, teilzunehmen. Ich glaube, hier zählen besonders die Meinungen solcher langjähriger Hochschullehrer wie z. B. Prof. Wickleder und Prof. Landsberg. Für mich selbst kann ich nur sa gen, daß mir die ständige Teil nahme am 1. Problemseminar sehr zahlreiche notwendige und wich tige Anregungen für die Gestaltung weiterer Seminare und anderer Lehrveranstaltungen gegeben hat, die nur in solchen Fachgesprächen gegeben werden können, wo eben Problemdiskussionen und Falldis kussionen geführt werden. Ein Problemseminar ersetzt auf keinen Fall individuelle Weiterbil dung durch Literaturstudien, schafft aber in kurzer Zeit durch die hohe Intensivität der Veranstaltung einen ziemlich geschlossenen Überblick über ein bestimmtes Gebiet in einem in sich abgestimmten fach lichen Programm. Darin liegt mei ner Meinung nach der besondere Wert dieser Seminare. Die wissen schaftlichen Tagungen der üblichen Art sind von vielen Gesichtspunk ten her nicht in der Lage, derartiges zu vermitteln. Dr. Poser: Der Hochschullehrer in der sozialistischen Gesellschaftsord nung ist im Rahmen der Hochschul reform angehalten, sich selbst zu formen, um ein fähiger und würdi ger Lehrer für die jungen Wissen schaftler von morgen zu sein. Er darf unter keinen Umständen auf einem einmal erarbeiteten Wissens stand stehenbleiben und dort aus ruhen. i die die Diskussion belebt und die die Möglichkeit gibt, ein aufgewor fenes Problem von verschiedenen Seiten zu beleuchten und von ver schiedenen Standpunkten an des sen Lösung heranzugehen. Es ist jedoch nicht die gemeinsam erarbei tete Problemlösung allein, die die hohe Effektivität der Problemdis kussion bestimmt. Es ist gleicher maßen der gegenseitige Erfahrungs austausch, der zwischen leitenden Kadern aus Industrie- und Hoch schulinstitutionen gepflegt wird. Im gemeinsamen fachlichen Ge spräch lernt der Theoretiker die Probleme des Praktikers kennen, hier hört er unmittelbar dessen Vorstellungen und Forderungen. Andererseits erhält der Verfahrens entwickler im Industriebetrieb Mit teilung über den neuesten Stand der Grundlagenforschung und gegebe nenfalls Anregungen zur techni schen Nutzung neuer wissenschaft licher Erkenntnisse. Damit wird aus der Problemdiskussion mit vor gegebener Thematik eine Problem formulierung für perspektivisch durchzuführende Arbeiten. In der Tat kam es dadurch wiederholt zu Anregungen, solche in der Diskus sion erarbeiteten Probleme als Ar beitsprogramm zu formulieren und als Vertragsforschungsthema zu vergeben, wobei sich in verschiede nen Fällen sogar interessierte Ver tragspartner anboten und fanden. Dr. Langer: Ein Erfahrungsaus tausch unter diesen Bedingungen und in diesem Teilnehmerkreis ist in jedem Fall von beiderseitigem Nutzen. Das gemeinsame Gespräch, die ausgedehnte Fachdiskussion fördern das gegenseitige Verständ nis der spezifischen Probleme und das Erkennen spezifischer Lösungs möglichkeiten ganz erheblich. Prof. Landsberg: Einer der wert vollsten Aspekte des durchgeführ ten Seminars war der rege Erfah rungsaustausch zwischen den Ver tretern aus den verschiedenen Be reichen unseres gesellschaftlichen Lebens, wie Industrie, Hochschulen, Akademie sowie wirtschaftsleitenden Organen. Er hat zu einem Verständ nis der gegenseitigenStandpunkte und Spezifik der Aufgabenstellungen ge führt. Das kann von großem Nutzen sein sowohl für den dringend not wendigen wissenschaftlichen Vor lauf wie für die Ausbildung und Prinzipien an unseren Hoch- und Fachschulen wirksam werden. Prof. Landsberg: Im Anschluß an die früheren Antworten möchte ich noch einmal betonen, daß ich persönlich durch diesen Kursus und den Gedankenaustausch mit den Industrievertretern die praktischen Auswirkungen, und ökonomischen Gesetzmäßigkeiten besser verstan den habe sowie die Notwendigkeit, in der Forschung an den Hochschu len unsere Ziele sehr präzise anzu visieren und mit Hilfe der Wissen schaftsorganisation sie mit gering stem Aufwand in kürzester Zeit und höchster Qualität zu erreichen. In unserem speziellen Falle werden wir die Präzisierung und Optimie rung der Aufgabenstellung und des Lösungsweges nur gemeinsam mit den Kollegen des Werkes für Fern sehelektronik bewältigen können. Redaktion: Welche Hinweise kön nen Sie zum Abschluß unseres Ge sprächs all denen geben, die über künftige Veranstaltungen in die Arbeit des Weiterbildungszentrums einbezogen werden! Prof. Landsberg: Wir haben es zum Abschluß der Veranstaltung als unsere Verpflichtung angesehen, dieses 1. Problemseminar ausführ licher einzuschätzen. Die vielen Vorschläge aus dem Teilnehmer kreis werden die Durchführung solcher Seminare in jeder Hinsicht weiter verbessern helfen. Jeder, der zu einer solchen Veranstaltung de legiert wird, sollte diese Delegie rung als großen Zeitgewinn betrach ten, da er sich gewisse Kenntnisse im Selbststudium mit einem größe ren Aufwand und andere Erfahrun gen gar nicht auf diese Weise an eignen könnte. Dr. Poser: Vor allem sollten die Teilnehmer an künftigen Weiter bildungsveranstaltungen den „Din- gen aufgeschlossen gegenüberste hen. Es ist hier von den Verantwort lichen ein Weg gewählt und be schritten worden, der Mitarbeitern aller Arbeitsrichtungen auf dem Sektor der elektronischen Bauele mente die Möglichkeit bietet, be kanntes fachliches Wissen zu fe stigen und neues zu vermitteln. Die Effektivität des Seminars und der Problemdiskussion ist jedoch nur Weiterbildung von rer Hochschule dieser- Zielstellung bereits gerecht wird, welche Pro bleme sich dabei in dieser jungen Einrichtung ergeben und welche Erfahrungen bereits mitgeteilt wer den können, das versuchten wir in einem Gespräch mit Teilnehmern der ersten Weiterbildungsveranstal tung zu erfahren. Unsere Ge sprächspartner waren: Prof. Dr. Landsberg, Humboldt-Universität Berlin; Dr. Langer, Mitarbeiter im Weiterbildungszentrum „Elektro nische Bauelemente; Prof. Dr. Physik/Elektronische Bauelemente unserer TH; Dr. Poser, Abt.-Leiter im Gleichrichterwerk Stahnsdorf des Kombinats VEB Halbleiterwerk Frankfurt (Oder); Prof. Dr. Schnei der, Leiter des Weiterbildungszen trums der Sektion Physik/Elektro nische Bauelemente, Prof. Dr. Wickleder, Direktor der Sektion Physik/Elektronische Bauelemente unserer TH. Redaktion: Der Weiterbildung wird in den Dokumenten von Partei und Regierung große Bedeutung beigemessen, und an unserer Hoch schule stellt sie einen der Haupt prozesse dar. Welche Konsequenzen ergeben sich aus dieser Tatsache für das Weiterbildungszentrum? Prof. Schneider: Zunächst ist es von äußerster Bedeutung, die Trag weite der Tätigkeit eines Weiter bildungszentrums, wie wir es re präsentieren, richtig einzuschätzen. So muß man sehen, daß das Wei terbildungszentrum Elektronische Bauelemente mit seinen Aktivitäten den Reproduktionsprozeß eines strukturbestimmenden Industrie zweigs sehr wesentlich beeinflussen kann — je nach der Qualität unserer Arbeit. Lassen Sie mich bitte kurz erläutern, weshalb wir das Problem so ernst nehmen müssen, und das trifft für die unterschiedlichsten Weiterbildungsformen zu: das Problemseminar, die studienplanbe zogene Weiterbildung, Spezialkol loquien. Ich möchte mich aus gegebenem Anlaß auf das Problemseminar be schränken, auch weil dort die eben aufgeführte Einwirkung am inten sivsten ist. Forschungs- und Ent wicklungstätigkeit in unserer moder nen Industrie zeichnet sich durch eine interdisziplinäre Kollektivität aus. Das erfordert auch einen dieser Situation angepaßten kollektiven Bildungsvorlauf. Er ist durch plan mäßige, systematische und zy klische Veranstaltungen zu' schaf fen, die sich thematisch in strenger Übereinstimmung mit der For schungs- und Entwicklungsstrategie des Industriezweiges befinden und Vorlaufforschung, Anwendungsfor schung, Erzeugnis- und Verfahrens- der Industriezweigleitung zentral übernimmt und deren Mitarbeiter zugleich unmittelbar im Forschungs- prozeß stehen. Für die Technische Hochschule Karl-Marx-Stadt und speziell für die Sektion Physik/ Elektronische Bauelemente ist es eine hohe Ehre, aber zugleich eine verantwortungsvolle Verpflichtung, daß gerade hier das Weiterbildungs zentrum Elektronische Bauelemente durch das Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen am 15. Septem ber 1970 gegründet worden ist. Redaktion: Um bei unserer Hoch schule zu bleiben; welcher Kreis von Wissenschaftlern wird in die Veranstaltungen des Weiterbildungs zentrums einbezogen? Prof. Schneider: In den Problem seminaren kommen einmal wissen schaftliche leitende Kader der In dustrie und Forschung (das trifft für thematisch sehr breit angelegte Problemseminare zu, von denen wir vier in 4 Jahren durchführen) und hochqualifizierte Spezialisten zu sammen (bei thematisch enger ge faßten Problemseminaren, die wir Tiefenseminare nennen und von denen wir jährlich 4 durchführen). Das Problemseminar „Aktive Bauele mente“ gehörte zur ersten Gruppe. Selbstverständlich werden Hoch schullehrer in den Kreis der Teil nehmer einbezogen, z. B. nahm Ge nosse Prof. Wickleder, Direktor un serer Sektion Physik-Elektronische Bauelemente, der dem Weiterbil dungszentrum „Elektronische Bau elemente“ angehört, als ständiger Teilnehmer am 1. Problemseminar „Aktive Bauelemente“ teil. Es gibt weitere solche Beispiele von ande ren Hochschulen. Die Auswahl der delegierenden Einrichtungen außerhalb des In dustriezweiges berücksichtigt wis senschaftsorganisatorische Gesichts punkte, nämlich die spezifischen Vertragsforschungsbeziehungen zwi schen dem Industriezweig und seinen Forschungspartnern auf dem Gebiet der Vorlaufforschung im Hochschul wesen und im Bereich der DAW, passend zur inhaltlichen Gestal tung der jeweiligen Seminare. Wir haben stets etwa 30 ständige Teil nehmer pro Probeseminar 4 Wochen in Karl-Marx-Stadt. An jedem Tag nehmen dann noch 10 bis 15 ausge wählte fachlich besonders geeignete Gäste teil. Fachlich ist der Teilnehmerkreis ausgesprochen interdisziplinär: In genieure, Chemiker, Physiker, Me tallurgen mit unterschiedlichsten Spezialinteressen kommen zusam men. Sie stammen aus allen Berei chen des Reproduktionsprozesses, angefangen mit der Vorlauffor- der Erkenntnisse, insbesondere in sofern sie. d ie Anwendung dieser Erkenntnisse auf dem Gebiet der Elektronik betreffen, ein Industrie zweig, der schon heute in Ökonomie und Wissenschaft eine entscheidende Rolle spielt. Prof. Wickleder: Ich war für das 1. Problemseminar von unserer Hochschule als Teilnehmer dele giert. Ich bin mit dem Verlauf die ser ersten Weiterbildungsveranstal tung, die von unserer Sektion durch geführt wurde, zufrieden und freue mich sehr über die positiven Urteile unserer Teilnehmer und die vielen wertvollen Hinweise für künftige Veranstaltungen. Für mich persönlich möchte ich zum Ausdruck bringen, daß ich noch an keiner „Weiterbildung“ wie Ta gung, Studienreisen u. ä. mit so großem Wirkungsgrad teilgenom men habe wie an diesem Problem seminar. Hierfür gibt es mehrere Gründe. Für besonders wesentlich halte ich den Umstand, daß es ge lang, schon in wenigen Tagen eine kameradschaftliche, diskussions freudige und dabei doch sehr kri tische Atmosphäre zu schaffen. Redaktion: An dieser Veranstal tung nahmen auch Wissenschaftler unserer und anderer Hochschulen teil. Für manchen Außenstehenden ist es vielleicht ungewöhnlich, daß Hochschullehrer auf ihrem Fachge biet wieder „die Schulbank drük- ken.“ Wie schätzen Sie das ein? Prof. Landsberg: Ich möchte Ihnen widersprechen. Es zeichnet gerade einen Wissenschaftler aus, daß er nie aufhört zu lernen. Das war bei den besten Wissenschaft lern schon immer so, und so sind sie zum Erfolg gekommen. Ich möchte es als- eine große Errungenschaft einschätzen, daß wir uns vorgenom men haben, in regelmäßigen Ab ständen allen Hochschulkadern ihrem Arbeitsgebiet entsprechend in der hier demonstrierten Weise Einblick in den neuesten Stand der Anwendung wissenschaftlicher Er kenntnisse in verschiedenen Indu striezweigen zu vermitteln. Prof. Wickleder: Den Ausführun gen unseres Kollegen Landsberg gibt es wenig hinzuzufügen. Ich möchte mir daher nur eine kurze Ergänzung gestatten. Auch der Hochschullehrer steht für s eine eigene Weiterbildung vor der Pro blematik der Auswahl der ökono mischsten Form. Das Problemse minar ist für den Hochschullehrer deshalb nach meiner Auffassung „hochwirksame Weiterbildung“, weil die jeweilige Problematik hier von Das stürmische Tempo der wissen schaftlich - technischen Revolution führt dazu, daß der Umfang der ge wonnenen wissenschaftlichen Er kenntnisse explosionsartig zunimmt. Das trifft insbesondere auch für die Halbleiterphysik und die daraus resultierende Halbleitertechnik zu. Die Halbleitertechnik ist eine relativ junge Disziplin, deren Start Anfang der 50er Jahre zu setzen ist. Das weite Spektrum der Einsatzmöglichkeiten von Halbleiterbauelementen bringt es mit sich, daß sich ein breiter Kreis von Wissenschaftlern, Tech nikern und Applikationsfachleuten um die Erringung neuer Grundla generkenntnisse, um die Erarbei tung verbesserter technologischer Verfahren zur Herstellung von elek tronischen Bauelementen und um die Erschließung neuer Einsatzmög lichkeiten für diese Bauelemente bemüht. Eine so vielseitige, - vielschichtige wissenschaftlich-technische Diszi plin wie die Halbleitertechnik bringt es mit sich, daß heute der einzelne Wissenschaftler nicht mehr in der Lage ist, die ständig fort schreitende Erkenntnis der Grund lagenforschung und der technischen Entwicklung auf diesem spezifi schen Fachgebiet zu überblicken und zu verfolgen. Gerade in dieser Hinsicht stellt das Weiterbildungs zentrum eine rationelle Methode dar, sowohl dem wissenschaftlichen Leitungskader aus der Industrie als auch dem Hochschullehrer in kon zentrierter und lebendiger Form eben diese neuesten wissenschaft lichen Erkenntnisse darzulegen und ihm damit das Rüstzeug für wei teres fruchtbringendes Arbeiten zu vermitteln. Redaktion: An diesem Problem seminar nahmen Vertreter aus wis senschaftlichen Einrichtungen und aus der Industrie teil. Sicherlich wurde ein großer Teil dieser Veran staltung in Form eines gegenseiti gen Erfahrungsaustausches durchge führt. Ist dieser Erfahrungsaus tausch für beide Seiten gleicher maßen von Nutzen? Dr. Poser: Ganz ohne Zweifel! Bei der gewählten Form der Wei terbildungsveranstaltung als Pro blemseminar sind Vortragender und Zuhörer gleichermaßen Lernende und Lehrende, sie sind es in der Wechselwirkung von Vortrag und Diskussion. Gerade in der Diskus sion, im Fragen und Antworten wer den Probleme aufgeworfen und be handelt, die das Wissen aller Be teiligten bereichern, Hier ist es vor allem die interdisziplinäre Zusam mensetzung des Teilnehmerkreises, den Einsatz unserer wissenschaft lichen Kader. Redaktion: Welche Erfahrungen liegen in dieser jungen Einrichtung bereits vor? Würden Sie etwas zum Nutzen dieser Veranstaltung für Sie persönlich sagen? Prof. Schneider: Wir meinen, daß wir auf dem richtigen Weg sind. Wir brauchten den Mut zum raschen Anfang, der sehr notwendig war. Es ist eine sehr wesentliche Frage der raschen wirtschaftlichen Fort entwicklung unserer Industrie, ra tionell und gründlich auf hohem Niveau weiterzubilden, um die vor uns liegenden Aufgaben erkennen und lösen zu können. Das ist nicht nur eine fachliche, sondern auch eine methodische, vor allem jedoch eine zutiefst gesellschaftliche und politische Aufgabe. Das Teilnehmer kollektiv • des 1. Problemseminars „Aktive Bauelemente“ hat uns durch seine aktive Mitarbeit und kritische Einschätzung sehr geholfen, weitere Seminare besser zu gestalten, als es beim ersten Mal möglich war. Dafür sei allen sehr herzlich ge dankt. Wir dürfen optimistisch in die Zukunft schauen. Dr. Poser: Die gewonnenen Er fahrungen finden ihren Niederschlag in einem gemeinsam abgefaßten Bericht zur Auswertung des 1. Pro blemseminars. Es gibt dabei zahl reiche Beispiele, welchen Nutzen der einzelne aus der Veranstaltung gezogen hat. Darüber hinaus liegt wohl ganz allgemein ein Nutzen in der Anknüpfung von persönlichen Kontakten von leitenden Mitarbei tern aus verschiedenen Institutionen von Hochschul- und Industrieein- richungen und damit das persönliche Gespräch von Fachkräften verschie dener Arbeitsrichtungen. Für mich waren z. B. Gespräche mit Hoch schullehrern von großem Interesse, die mir Aufschluß gaben über den Stand und die Probleme der zur Zeit durchgeführten Hochschulre form. Ich erfuhr dabei interessante Einzelheiten über die Gestaltung der Lehrpläne, über die Einführung neuer Lehrmethoden und ganz allgemein über neue Wege zur Erziehung und Ausbildung unserer wissenschaftli chen Intelligenz von morgen. Ande rerseits glaube ich, dürften vielleicht manche Probleme und Erkenntnisse, über die ich aus meiner langjähri gen Praxis im Industriebetrieb be richten konnte, von meinen Ge sprächspartnern aufgegriffen und als konstruktive Elemente bei der Umgestaltung der Lehr- und Lern- HOCHSCHULSPIEGEL“ dann voll gewährleistet, wenn alle Beteiligten aktiv am Geschehen mitarbeiten. Diese Aktivität wird geweckt und gefördert durch eine aufgeschlossene und interessierte Einstellung der Teilnehmer. Eben die aufgeschlossene Atmosphäre war es, die uns „Akteure“ des 1. Pro blemseminars zu einem guten Kol lektiv werden ließ, und eben dieser Kollektivgeist trug vorwiegend mit zum Gelingen der Veranstalung bei. Die vorgesehenen Betriebs- und Institutsbesichtigungen, die neben den Vorträgen und Diskussionen eine sehr gute Bereicherung der Weiterbildungsveranstaltung dar stellen, sollten spezifischer ausge wählt werden. Dabei muß das ak tive Interesse der verantwortlichen Gesprächspartner in den zu besich tigenden Institutionen verstärkt und von dort der Ablauf der Besichti gung attraktiver und lehrreicher ge staltet werden. Prof. Schneider: Man kann die Fragen der Weiterbildung, wie wir sie hier aufgezeigt haben, nicht ernst genug nehmen. Mittelmäßig keit in Vortrag und Diskussion hat keinen Platz. Jeder muß gründlich vorbereitet kommen, nur dann können wir effektiv arbeiten. Dann allerdings ist auch der gesellschaftliche Nut zen unseres Bemühens am höchsten, und das ist die Maxime unserer Arbeit. Nur so können wir alle un serer hohen Verantwortung gerecht werden, die wir gemeinsam tragen. Prof. Wickleder: Insbesondere zu der zweiten Hälfte der Veranstal tung kam der gesellschaftliche Be zug klar zum Ausdruck. Ich halte es für erforderlich und für möglich, in der ersten Hälfte, die wesent lich der Wissensvermittlung dient, einige fachbezogene Vorträge zur maxristisch-leninistischen Philoso phie sowie Organisations- und Lei tungswissenschaft aufzunehmen. Es sollte ferner von der Leitung des Weiterbildungszentrums die Möglichkeit untersucht werden, den Teilnehmern konzentriertes Vorbe reitungsmaterial zur Verfügung zu stellen, um damit auch die Vorbe reitung zum Lehrgang ökonomi scher zu gestalten bzw. zu gewähr leisten. Redaktion: Besten Dank für die ses aufschlußreiche Gespräch. SEITE 3