Volltext Seite (XML)
Dozent Dr. rer. oec. habiL Hans Luft, Institut für Politische Ökonomie: Aktuelle Probleme der Durchsetzung des neuen ökonomischen Systems Neues ökonomisches System und Haupttriebkraft der gesellschaftlichen Entwicklung Durch das sozialistische Eigentum an den Qduktionsmitteln haben alle Mitglieder 1 sozialistischen Gesellschaft dasselbe Bhältnis zu den Produktionsmitteln, be- ‘en sie als Mitglieder der sozialistischen 1 Hellschaft. Insofern kann zwischen den llschaftlichen Erfordernissen, die sich s den auf Basis dieser Eigentumsverhält- wirkenden ökonomischen Gesetzen Hben, und den persönlichen Interessen e den Interessen der einzelnen Kollek- 'objektiv völlige Übereinstimmung be- *n. In dieser Übereinstimmung liegt, ‘der VI. Parteitag der SED feststellte, Haupttriebkraft der sozialistischen Schaft. Das ist eine Triebkraft, die we- mit der Ausbeutung des Menschen h den Menschen, wie das kapitalistische ^streben, verbunden ist, noch auf dem 3des ejnen durch Untergang und Ruin änderen basiert, wie der kapitalistische kurrenzkampf. Die Triebkraft der ge- ^aftlichen Entwicklung im Sozialis- Ergibt sich aus der Interessenüberein- Rmung und nicht -Unterordnung und ist Mb den Triebkräften des Kapitalismus "vornherein auch moralisch überlegen. 1 Noch stellt sich die allseitige Überein- mung zwischen den gesellschaftlichen dernissen und den materiellen Inter- 9 der einzelnen Werktätigen und Kol- Ve im Sozialismus nicht von selbst ein. die Identität zwischen Produzent und Stümer infolge des Entwicklungsstan- der Produktivkräfte nur im gesell- glichen Rahmen herstellbar ist, wird aupttriebkraft nicht automatisch wirk- ( 0nd ist nicht ein für allemal gegeben, Mn muß ständig durch die wirtschaft- "Organisatorische und kulturell-erziehe- e Funktion des sozialistischen Staates Stellt und gesichert werden. M gut Re zum B(die bringt Herbert Wolf diese Pro- Ausdruck, wenn er schreibt: Übereinstimmung — H. L.) er- I vielmehr als wissenschaftlich fun- schöpferische Lösung und Austra- 'er zahlreichen Konflikte und Wider- c, ohne die keine Entwicklung von- en geht, ohne die kein gegliederter Or- mus einwandfrei funktionieren kann, ^fdingt in unserer Volkswirtschaft die “e, nach vorwärts führende Lösung । ^ntwicklungswidersprüche zwischen ’ ^nd Ganzem, zwischen Tagesproble- ' und Gesamtziel, indem die Überein- ^Ung der Interessen auf der Grundlage ^tfordernisse der gesellschaftlichen ^tentwicklung ständig bewußt er- M und gesichert wird. Das volle und beschränkte Wirken der Triebkräfte ^tialistischen Ordnung ist daher nur Grundlage einer höchst wirkungs- 11 zentralen und staatlichen Planung ^citung der wirtschaftlichen und ge- ^^ftlichen Entwicklung erreichbar.“ 2 besser das gelingt, je weniger Wider- She zwischen gesellschaftlichen und glichen Interessen in der konkreten 38 auftreten, desto besser werden die RStenden Widersprüche der Auseinan- fzung des Menschen mit der Natur ge- d(ie ch in Widersprüchen zwischen ktion und Bedürfnissen, zwischen n Seiten der Produktivkräfte und Sei- Ser Produktionsverhältnisse nieder- 8en (Walter Ulbricht analysierte auf %, Plenum des ZK der SED eine Reihe solcher Widersprüche) 3 , desto schneller voll zieht sich die wirtschaftliche und gesell schaftliche Entwicklung unserer Republik. Die Problematik der Ausnutzung der Triebkräfte der sozialistischen Gesellschaft, wie sie auf dem VI. Parteitag entwickelt wurde, bietet viele Anregungen für philo sophische Forschungen. In der Diskussion unserer Philosophen setzt sich auch in letz ter Zeit die Erkenntnis durch, daß die Haupttriebkraft die gesellschaftliche Basis für das Wirken neuer und höherer Wider sprüche und deren nichtantagonistischen Charakter darstellt und das Prinzip zu ihrer Lösung ist. 4 Doch nicht damit wollen wir uns beschäftigen, sondern mit den Auf gaben, die die Durchsetzung der Haupt triebkraft in allen Bereichen des wirtschaft lichen Lebens stellt. sehen Hebel der materiellen Interessiertheit der Betriebskollektive und jedes einzelnen gerichtet sind. Wenn wir die Löhne, Preise usw., also die ökonomischen Hebel so ge stalten wollen, daß dadurch die Werktäti gen zur Erfüllung der Planaufgaben an geregt werden, folgt daraus, daß die Vor aussetzung hierfür die richtige Erkenntnis der gesellschaftlichen Erfordernisse in den Volkswirtschaftsplänen ist. Das neue öko nomische System bedeutet also keinen Ab bau der zentralen Planung der Volkswirt schaft, sondern umgekehrt die Erhöhung ihres Niveaus. In der Frage dieser Wechsel beziehungen liegt die ganze Abgrenzung sowohl vom Revisionismus als auch vom Dogmatismus. Das ökonomische System be inhaltet weder Selbstverwaltung der Wirt schaft im revisionistischen Sinne, noch Bei- der gesellschaftlichen Erfordernisse inter essiert werden, weil sich deren Erfüllung konkret fühlbar auf ihre materielle und moralische Lage auswirkt. Deutlich wird das am Beispiel der Prä mien für den Produktionszuwachs in der Landwirtschaft, eine der besten bisher exi stierenden Formen der materiellen Inter essiertheit der Kollektive an der Aufstel lung optimaler Pläne 5 und deren Erfüllung. Die Beschlüsse des Präsidiums des Mi nisterrates vom 3. 7. 1964 und 1. 7. 1965 be inhalten die Staffelung der Prämien nach dem geplanten Zuwachs des Milch- und Schweineaufkommens bei besonderer Be vorzugung der Erhöhung der Milchproduk tion, was sich aus der perspektivischen Ein schätzung der Bedürfnisentwicklung ergibt. Um die Haupttriebkraft der gesellschaft lichen Entwicklung im Sozialismus durch zusetzen, werden infolge ihres Inhalts als Übereinstimmung der gesellschaftlichen Erfordernisse mit den persönlichen Inter essen der Individuen und Kollektive an die wirtschaftspolitische Tätigkeit von Partei und Staat folgende Hauptaufgaben gestellt: O Richtige Erkenntnis der gesellschaft lichen Erfordernisse in den Plänen auf Grund des jeweiligen Standes der Entwick lung der Produktivkräfte und Produktions verhältnisse unter Berücksichtigung der nationalen und internationalen Situation, d. h. auf die Hauptrichtungen der wissen schaftlich-technischen Entwicklung und auf die Perspektive orientierte staatliche Pla nung; © Verwirklichung der Formel „Was der Gesellschaft nützt, muß auch für den Betrieb und für jeden einzelnen Werktäti gen von Vorteil sein“, d. h. konsequente Anwendung des Prinzips der materiellen Interessiertheit durch Gestaltung eines in sich geschlossenen Systems ökonomischer sowie durch moralische Stimuli (letzteres sollten wir nicht vergessen). © Die ständige Erkenntnis der neuen ge sellschaftlichen Erfordernisse, die Or ganisierung der Werktätigen zu ihrer Erfül lung bei Herstellung der Interessenüberein stimmung durch die entsprechenden wirt schaftspolitischen Maßnahmen macht eine wissenschaftlich begründete Wirtschafts führung notwendig, die auf dem Lenin schen Prinzip des demokratischen Zentra lismus beruht und somit die bewußte schöpferische Teilnahme der Werktätigen an der unmittelbaren Planung und Durch- führung des sozialistischen Reproduktions prozesses beinhaltet. Illlllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllilllllllllllllllllllllliiillllllilllllllllllllllllliillliiiiiiiiiiiiiitiiiiiliiiiiiillliiiliiililiiiiiiliii Staatsausgaben zum Nutzen des Volkes nHillHarR 16089 1951 1960 1964 iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiniiiiiiiiiiiiiiiii Das war die Orientierung des VI. Par teitages der SED auf die Ausarbeitung des heuen ökonomischen Systems. Der Plan stellt im neuen ökonomischen System die Grundlage für das System der ökonomischen Hebel der materiellen Inter essiertheit dar, denn er übersetzt gewisser maßen die Erfordernisse der ökonomischen Gesetze des Sozialismus in die Sprache kon kreter, qualitativ und quantitativ bestimm ter Planaufgaben, muß also die gesell schaftlichen Erfordernisse zum Ausdruck bringen, auf deren Erfüllung die ökonomi behaltung durch die wissenschaftlich-tech nische Umwälzung veralteter, vorwiegend auf die Erfüllung von Mengenkennziffern orientierter Planung und Leitung der Wirt schaft. Neue Aufgaben rücken in den Mit telpunkt der staatlichen Leitung der Wirt schaft, nämlich prognostische Einschätzung der Perspek tive und wissenschaftliche Planung Gestaltung des Systems ökonomischer Hebel, damit die Betriebe von selbst ohne kleinliche Bevormundung an der Erfüllung Dabei erfolgt die Staffelung der Prämien nicht nach dem tatsächlichen, sondern nach dem geplanten Zuwachs. Plant z. B. eine LPG der Nordbezirke einenZuwachs von 10 bis 20 kg Milch je ha LN, so erhält sie je zusätzlich produziertes kg 0,48 MDN 6 , auch wenn sie tatsächlich 100 bis HO kg Milch mehr je ha LN produ ziert. Sie bekommt nur dann für diese Menge entsprechend der Prämientabelle 0,75 MDN je kg, wenn sie auch einen sol chen Zuwachs geplant hat. Eine solche Gestaltung wichtiger ökono mischer Hebel seitens der staatlichen Lei tung der Landwirtschaft richtet das Inter esse der Genossenschaftsbauern schon mit einem gewissen Automatismus auf die Auf stellung und Erfüllung optimaler Pläne in den LPG, die die Staatsplanziele beinhal ten. Damit erhält die staatliche Leitung der Landwirtschaft eine neue Aufgabe, die eine hohe Qualifikation erfordert, während an dererseits viele. Routine-Rundschreiben an die LPG über die Steigerung der Milch produktion einfach überflüssig werden. Das neue ökonomische System ist also erstens keine Rückkehr zur kapitalistischen Wirtschaftspolitik 7 , kein Experimental beweis für die Richtigkeit neoliberaler The sen, sondern eine qualitativ höhere Stuf'“ der Planung und Leitung der sozialistischen Volkswirtschaft, sozialistischer Wirtschafts politik, die auf einer bestimmten Stufe der gesellschaftlichen Entwicklung, nämlich mit dem Sieg der sozialistischen Produktions verhältnisse und der Sicherung der Staats grenzen objektiv möglich und zur Meiste rung der wissenschaftlich-technischen Um wälzung notwendig geworden ist. Indem das neue ökonomische System von der Haupttriebkraft der gesellschaftlichen Entwicklung im Sozialismus ausgeht, ist es zweitens auch keine klassenindifferente Wirtschaftspolitik etwa einer zukünftigen sogenannten Industriegesellschaft, wie das die amerikanischen, französischen, hollän dischen u. a. Theoretiker von der Hybridi sation beider Systeme meinen (Tinbergen), die die Vorzüge der Planung mehr oder weniger anerkennen und sich um die Pla- nifikation im Kapitalismus bemühen. Das neue ökonomische System bedingt gerade eine Verstärkung der führenden Rolle der Partei in der Wirtschaft, einmal um durch wissenschaftliche Voraussicht die gesellschaftlichen Erfordernisse richtig und immer besser zu erkennen, zum anderen, weil die Durchsetzung des neuen ökonomi schen Systems eine Vielfalt neuer ideolo gischer Probleme mit sich bringt, die durch zielstrebige ideologische Arbeit unter den Menschen — denn sie müssen das neue öko nomische System verwirklichen — gelöst werden. 1 Das sollten wir auch in der Begriffsbildung über die in der . sozialistischen Volkswirtschaft vor sich gehenden Prozesse berücksichtigen. So ist der sozialistische Wettbewerb z. B. keine so- zialistische Konkurrenz, weil er auf der Über tragung der Erfahrungen der Besten auf alle Beteiligten und ihrer Anwendung zur Sicherung eines allgemeinen Aufschwungs beruht. 3 Wolf, H.: Zum Verhältnis von Plan und Ge winn in unserer sozialistischen Wirtschaft. Ein heit, Heft 7, 1965, S. 22/23. 3 Vgl. Artikel 1 (UZ 36-37/65, S. 11): Die Wirt schaftspolitik von Partei und Regierung hat sich bewährt. 4 Vgl. w. Eichhorn- I, u. a.: Widersprüche und Triebkräfte der sozialistischen Arbeit. Zeit schrift für Philosophie 9/1963. 5 Infolge der vielfältigen Verflechtungen inner halb der sozialistischen Volkswirtschaft sowie der nationalen Wirtschaft mit dem auswärtigen Markt ist die Erfüllung optimaler Pläne günsti ger als die Übererfüllung „weicher“ Pläne. 6 LPG der Südbezirke außer Höhenlagen er halten 0,38 MDN. ’ Die hier dargelegten Schlußfolgerungen ziehen sich auch wie ein roter Faden durch die Be schlüsse der Bruderparteien wie der KPdSU, der KPC, der BKP, der USAP. der PVAP, der RKP zu Fragen der neuen Stufen der Planung und Leitung der sozialistischen Volkswirtschaft. nächster Beitrag: Probleme einer erhöhten Wissenschaftlichkeit der Planung Berühmte Studenten 800 Jahre Leipzig Karl Liebknecht 1 4 UZ 38/65, Seite 5 zeit zes, der zur zum knecht für kurze Zeit an der Juristischen Fa kultät unserer Universität immatrikuliert. Im Jahre 1899 ließ sich Karl Liebknecht in Berlin al Rechtsanwalt nieder und trat ins politische Leben ein. In der Folgezeit wurde er nicht nur einer der gefragtesten und von der Reaktion meistgehaßten Anwälte in poli tischen Prozessen, sondern zu einem der be deutendsten deutschen Arbeiterführer. Liebknechts Kampf gilt in erster Linie dem Militarismus, dem Todfeind unserer Nation. Gegen ihn, erkannte er, mußte vor allem die Jugend ins Feld geführt werden. So trat er — trotz aller opportunistischer Widerstände in der SPD — entschieden für eine selbständige proletarische Jugendbewegung und für eine spezielle antimilitaristische Agitation unter der Jugend ein. 1907 erschien seine Schrift „Militarismus und Antimilitarismus unter be sonderer Berücksichtigung der internationalen Jugendbewegung", die ihm seitens der herr und das Studium begann er angesichts großen Siege der Sozialdemokratie, die Aufhebung des Sozialistengesetzes und Sturze Bismarcks führten. 1890 war Lieb Die in Leipzig verbrachten Kinder- und Ju gendjahre Karl Liebknechts standen unter dem Zeichen der Unterdrückung, aber auch des Triumphes der sozialistischen Bewegung in Deutschland. Bei seiner Geburt am 13. August 1871 lief gegen seinen Vater Wil helm Liebknecht und gegen August Bebel gegner in der ganzen Welt. Unter Karl Lieb knechts Führung begannen die deutschen Linken, sich zu organisieren — zunächst in der Gruppe „Internationale", dann in der Spartakusgruppe - und sich an die Spitze der Massenaktionen des revolutionären deut schen Proletariats gegen Krieg und imperia listische Regierung zu steilen. Liebknecht selbst wurde 1915 als Armierungssoldat an die Front geschickt und 1916 wegen seines revolutionären Kampfes als „Landesverräter" ins Zuchthaus gesperrt. Durch das Nahen der Revolution befreit wirkte er auf dem Höhe punkt seines Lebens als Führer des proleta rischen Massenkampfes in der Novemberrevo lution und gemeinsam mit Rosa Luxemburg als Begründer der KPD. Am 15. Januar 1919 wurde er hinterhältig von konterrevolutionären Offizieren ermordet, die noch in unseren Ta gen dafür im Bonner Regierungs-Bulletin verherrlicht werden, während Liebknechts Ver. mächtnis in unserem Staat Erfüllung fand. sehenden Klasse eine Anklage wegen „Vorbe reitung zum Hochverrat" und eineinhalb Jahre Festungshaft einbrachte. Im gleichen Jahr fand auf seine Initiative hin die erste internationale Konferenz sozialistischer Ju gendorganisationen statt, die ihn zum Präsi denten der Jugendinternationale wählte. Karl Liebknecht führte den Kampf gegen den Imperialismus und Militarismus an allen Fronten. Im Reichstag, dem er seit 1912 an gehörte, entlarvte er z. B. 1913 die Korrum pierung des Staatsapparates der Hohenzol- lern durch den Kanonenkönig Krupp und löste so den die Weltöffentlichkeit erregen den „Krupp-Skandal" aus. Nach dem Ausbruch des imperialistischen ersten Weltkrieges zerstörte das „Nein!" Karl Liebknechts bei der Reichstag-Abstimmung über die 2. Kriegskredit-Vorlage am 2. De zember 1914 radikal das Trugbild von der Einheit der Nation auf dem Boden des Impe rialismus. Diese Tat und seine Losung „Der Hauptfeind steht im eigenen Lande!" mach ten ihn zum Symbol der sozialistischen Kriegs. eine Klage wegen Hochverrats: seine Schul fiel in die Periode des Sozialistengeset-