Suche löschen...
Universitätszeitung
- Bandzählung
- 9.1965
- Erscheinungsdatum
- 1965
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196500003
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19650000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19650000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise mit vorlagebedingtem Textverlust.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 9.1965
1
- Ausgabe Nr. 1, 07.01.1965 1
- Ausgabe Nr. 2, 14.01.1965 1
- Ausgabe Nr. 3, 21.01.1965 1
- Ausgabe Nr. 4, 28.01.1965 1
- Ausgabe Nr. 5, 04.02.1965 1
- Ausgabe Nr. 6, 11.02.1965 1
- Ausgabe Nr. 7, 18.02.1965 1
- Ausgabe Nr. 8, 25.02.1965 1
- Ausgabe Nr. 9, 11.03.1965 1
- Ausgabe Nr. 10/11, 18.03.1965 1
- Ausgabe Nr. 12, 25.03.1965 1
- Ausgabe Nr. 13, 01.04.1965 1
- Ausgabe Nr. 14, 08.04.1965 1
- Ausgabe Nr. 15, 15.04.1965 1
- Ausgabe Nr. 16, 29.04.1965 1
- Ausgabe Nr. 17, 06.05.1965 1
- Ausgabe Nr. 18/19, 13.05.1965 1
- Ausgabe Nr. 20, 20.05.1965 1
- Ausgabe Nr. 21, 28.05.1965 1
- Ausgabe Nr. 22/23, 10.06.1965 1
- Ausgabe Nr. 24, 17.06.1965 1
- Ausgabe Nr. 25, 24.06.1965 1
- Ausgabe Nr. 26, 01.07.1965 1
- Ausgabe Nr. 27, 08.07.1965 1
- Ausgabe Nr. 28, 15.07.1965 1
- Ausgabe Nr. 29, 22.07.1965 1
- Ausgabe Nr. 30/31, 29.07.1965 1
- Ausgabe Nr. 32/33, 26.08.1965 1
- Ausgabe Nr. 34, 02.09.1965 1
- Ausgabe Nr. 35, 16.09.1965 1
- Ausgabe Nr. 36/37, 23.09.1965 1
- Ausgabe Nr. 38, 30.09.1965 1
- Ausgabe Nr. 39, 07.10.1965 1
- Ausgabe Nr. 40, 14.10.1965 1
- Ausgabe Nr. 41, 21.10.1965 1
- Ausgabe Nr. 42, 28.10.1965 1
- Ausgabe Nr. 43/44, 04.11.1965 1
- Ausgabe Nr. 45, 11.11.1965 1
- Ausgabe Nr. 46, 18.11.1965 1
- Ausgabe Nr. 47, 25.11.1965 1
- Ausgabe Nr. 48/49, 02.12.1965 1
- Ausgabe Nr. 50, 09.12.1965 1
- Ausgabe Nr. 51, 16.12.1965 1
-
Band
Band 9.1965
1
- Titel
- Universitätszeitung
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Setzung von Seite 4) jedes Auch die wichtigen Erkenntnisse des abso luten allgemeinen Gesetzes der kapi- Blistisch en Akkumulation auch durch die Balyse des staatsmonopolistischen Ka- ““ Ismus bestätigt werden; das Gesetz trotz aller Modifikation in den „einungen wie eh und je; Eüie Agitations- und Propagandaarbeit j tu den Fragen der Lage der Arbeiter- > konkretes Wissen aus den Wer- S der Klassiker, aus den Parteidoku- Benten und über die gesellschaftliche twicklung im staatsmonopolistischen 'Vitalismus verlangt; nur so sind wir 2 der Lage, die komplizierten, wider- Druchsvollen Erscheinungen im heuti- Wie ist es mit der Unwissenheit? Se st im staatsmonopolistischen Kapi- üsmus angewachsen. Das allumfassende ’stem des staatsmonopolistischen Kapita- Wie ist es mit der Sklaverei? Wenn arx von Sklaverei spricht, so ist e Lohnsklaverei gemeint. Diese ist zwei- los angewachsen. Darüber gibt atistische Jahrbuch Auskunft. N M4A8M8-M "-T‘" G’s Kampfes der Arbeiterklasse heute Doch nicht zugunsten der Arbeiterklasse ‘erbessert hat; doch trotz aller Dem- Bogie und Korruption wird sich ein ändig wachsender Teil der westdeut- Nhen Arbeiter seiner wirklichen Lebens- Dedingungen bewußt, nicht zuletzt durch das Beispiel der DDR; erfolgreicher als üher führt die größte Klassenorgani- Btion der Arbeiter in Westdeutschland, Ier DGB und besonders die IG Metall, G Chemie und andere Industriegewerk- Raffen, den Kampf zur gründlichen Anderung der Lebensbedingungen; Endlich geändert können diese nur "erden durch die Zurückdrängung und Shließliche Überwindung der Macht der Sonopole; immer mehr werktätige Richten — besonders aus der Intelli- Benz — schließen sich diesem Kampf an. Die objektive ökonomische und politische 'Wicklung führt „durch die nicht mehr ^■uieisende, nicht mehr zu beschönigende ^■ut gebieterische Not — dem p.rakti- Ausdruck der Notwendigkeit — zur Porung gegen die Unmenschlichkeit“. 13 tyalitativ andere Auswirkungen auf GHage der Arbeiterklasse wird die Ak- Gulation des Kapitals haben, wenn es 6 organisierten Kraft der Arbeiterklasse 36Dgt, die Macht des Monopolkapitals cckzudrängen, das umfassende System 8, staatsmonopolistischen Kapitalismus tebauen und eine Ordnung zu errichten, B6h2war noch nicht sozialistisch, aber auch IQ mehr durch die Verschmelzung der SäSt der Monopole mit der Macht des "36*es gekennzeichnet ist. Das sind wich- L Fragen der Strategie und Taktik, zu ^0 der Erste Sekretär des ZK unserer Beti, Genosse Walter Ulbricht, u. a. auch 64 dem 9. Plenum des Zentralkomitees Stellung genommen hat. 1 7 \ BesiImperialismus heute", Verfasserkollektiv, qaln 1965 WeS8leichen in Thesen zum staatsmonopolisti- ; N Kapitalismus in „Einheit" Heft 1/1965 , "arx/Engels, Werke, Band 23. S. 675 ( 8 ' a. O. iSbenda, S 285 sFbenda; s. 530 Kan Marx, in Benin, Werke. Band 38, S. 11 Parx/Engels, Werke, Band 23. S. 285 4)Kar Marx, „Das Kapital“, Band III, Berlin , ’ S. 108 wWalter Ulbricht, Rede auf der Session zum » Jahrestag der IAA lKar Marx, „Elend der Philosophie“, Berlin ' S. 152 GoEriedrich Engels in Karl Marx. „Kritik zum 52er Programm“. Berlin 1946. S. 71 4 Marx/Engels, Werke. Band 23. S. 790/91 * Marx in Benin, Werke, Band 38, S. 13 mus nimmt Einfluß, wie wir früher ge hen haben, nicht nur auf die Wirtschaft, Mem auf die Kultur, die Erziehung und f Ausbildung. Nur so ist die kleine frsdiende Schicht in der Lage, ihre Emschaft aufrechtzuerhalten. Wenn Lübke Öl jüngst die Einklassenschule verherr- ht hat, so zeigt sich das Anwachsen der hwissenheit nicht so sehr in der unge- “genden naturwissenschaftlich-technischen Bildung der Werktätigen, als vielmehr der bewußten Erzeugung eines falschen Schichtsbildes durch Schule, Presse, nk und Fernsehen und über andere Ka- e, durch die die Staatsdoktrin des Anti- mmunismus fließt. Auch das hatten wir Teits erkannt. Wie sieht es aus mit der moralischen De- 3datien? Wenn in der politischen Öko- mie von Moral gesprochen wird, dann ht es immer um die Klassenmoral. Na- Aich erzeugt der westdeutsche staats- Onopolistische Kapitalismus auch Ver- Echer, Kriminelle aller Sorten, die Zahl • Landstreicher und „Wermuttrinker“ ist Westdeutschland heute höher als die b1 der Arbeitslosen. Die moralische De- Mahon zeigt sich vor allem darin, daß öem Monopolkapital gelungen ist, mit fe solcher rechten Führer in der Ar- Sterbewegung wie Wehner, Erler. Leber Ö einige andere sowie durch Korrum- Sung einen Teil der Arbeiterklasse zum Trat ihrer Klasseninteressen zu bringen. T Arbeiter, Besitzer eines Hauses, des Gblschranks, der Waschmaschine und des Wtos, der oberflächlich betrachtet ein sor- "freies Leben führt und nicht bereit ist, ■ 2 seine Klasseninteressen zu kämpfen, ? Frieden. Demokratie in Staat und .‘öschaft, sich für die Beseitigung des 2pitalistischen Systems als der Ursache * menschenfeindlichen Kriege einzuset- 2 der verrät seine Klasse, der ist mo- "“sch degradiert, absolut verelendet. Per Platz reicht nicht aus, um alle Er- Rtimungen und Prozesse, die sich aus ? Akkumulation des Kapitals im staats- BBopolistischen Kapitalismus ergeben 3 die die materiellen Lebensbedingun- “ der Arbeiterklasse bestimmten, anzu- Qn, geschweige denn eingehend zu un- RBchen. Darauf kam es mir auch nicht ' Ich wollte nur aufzeigen, daß Ben Imperialismus den Werktätigen zu fläutern; 9 sich die Gesamtheit der Lebensbe- * dingungen in Westdeutschland trotz K eine Feier ohne Festschrift! Die Festschrift zur 550-Jahr-Feier der Medizinischen Fakultät der Karl-Marx-Universität Leipzig liegt jetzt in Gestalt des reich bebilderten Heftes I, 1965, der Wissenschaft lichen Zeitschrift der Karl-Marx-Uni- versität, Mathematisch-Naturwissen schaftliche Reihe, als eine Sammlung kurzer historischer Abrisse der Institute und Kliniken aus der Sicht einzelner ihrer Vertreter vor. Ein zusammenfassender Bei trag von Prof. Dr. Tutzke „550 Jahre Medizinische Fakultät“ am An fang und eine von den Herren Dr. Pilz und Dr. Karbe vom Karl-Sud- hoff-Institut zusammengestellte Chro nologie am Ende des Bandes ver suchen, die einzelnen Beiträge zusam menzuklammern. Eine umfassende Darstellung der Geschichte unserer Medizinischen Fakultät liegt also immer noch nicht vor und könnte auch nur durch eine längere, wohl mehrjährige Forschungsarbeit einer ganzen Gruppe von Historikern, Me dizinhistorikern usw. geschaffen wer den, erfordert sie doch zugleich die Klärung und Bearbeitung einer Reihe wichtiger Grundfragen der Medizin geschichte im allgemeinen und der Geschichte der Universität in Leipzig im besonderen, auf die im folgenden mit einigen Worten hingewiesen wer den soll. Damit erhebt sich zugleich die Frage, ob die vorliegende Fest schrift dafür echte Vorarbeit gelei stet hat. Dem geschichtlichen Verlauf ent sprechend. wonach die Leipziger Fa kultät erst im 19. Jahrhundert inter nationale Bedeutung und Weltruf er langt hat, behandeln die einzelnen Beiträge der Festschrift die Ge schichte der Kliniken und Institute fast ausschließlich während des 19. und 20. Jahrhunderts, d. h. in einem Zeitraum, in dem sich in Deutschland große weltpolitische Ereignisse abge spielt haben, die die Wissenschaft all gemein und auch die Medizin stark beeinflußten und in ihren Entfal tungsmöglichkeiten bedingten. Die drei entscheidenden Entwick lungsetappen in der genannten Zeit sind bekanntlich die sehr wider spruchsvoll verlaufene Aufstiegs- und Entfaltungsperiode der kapitalisti schen Gesellschaftsformation in Deutschland, die mit der Entwick lung des Imperialismus beginnende Niedergangs- und Krisenperiode des kapitalistischen Systems bis zum Zu sammenbruch des Hitlerfaschismus und schließlich die mit der antifa schistisch-demokratischen Umwäl zung nach 1945 begonnene Umgestal tung der gesellschaftlichen Lebens form, die zu Beginn der 50er Jahre ihren ausgeprägten sozialistischen Charakter annahm und heute in der DDR zugleich die Verkörperung des nationalen Interesses gegenüber dem in Westdeutschland wiederum herr schenden imperialistischen System darstellt. In jeder dieser Etappen gibt es charakteristische Beziehungen zwischen der Gesellschaftsordnung und deren führenden Ideologien einerseits und den Entwicklungsbe dingungen und praktischen Wirkungs möglichkeiten der Medizin anderer seits. Dafür finden sich in den ver schiedenen Artikeln der Festschrift mannigfache interessante Belege und Tatsachen. Von besonderem Interes se sind dafür beispielsweise für die erstgenannte Entwicklungsperiode die Darstellungen über den Beginn der exakt-naturwissenschaftlichen For schungsarbeit in der Physiologie, über die demgegenüber verzögerte Enwick- lung auf dem Gebiet der Psychiatrie, über die Distanzierungen in der hy gienischen Forschung u. a. Offensicht lich handelt es sich bei diesen Pro zessen um sehr grundlegende und sich unter großen Schwierigkeiten vollziehende Wandlungen in der Wis senschaft, bei denen objektiv entstan dene gesellschaftliche Bedürfnisse mehr oder weniger stark auf den Widerstand ideologisch-theoretischer Vorurteile und auch auf durch die Gesellschaftsordnung gegebene so ziale Schranken stießen. Eine in den ersten Jahrzehnten un seres Jahrhunderts, d. h. bereits un ter imperialistischen Bedingungen zunehmende Erweiterung der wis senschaftlichen Kenntnisse auf medi zinischem Gebiet, durch die hinge bungsvolle Forschungsarbeit vieler Einzelpersönlichkeiten erreicht, war zwangsläufig mit einem ständigen zähen und aufopferungsvollen Kampf einzelner Wissenschaftler um die Erweiterung der Forschungskapazi täten und des klinischen Sektors ver bunden. Neben diesen deutlich wer denden Mißverhältnissen zwischen den Erfordernissen der Wissenschaft und der geringen staatlichen Unter stützung bildete sich immer krasser ein offener Widerspruch zwischen den mittlerweile entstandenen Möglich keiten der Medizin und den durch die Sozialpolitik der herrschenden Kräfte bedingten praktischen Wirkungen heraus. Nur sehr wenige Mitglieder des Lehrkörpers zogen aus diesen Bedingungen auch bewußt theoreti sche Schlüsse, und im ganzen blieb die Fakultät außerhalb des damals vorwiegend von der KPD geführten Kampfes um eine grundlegend neue Gesundheits- und Sozialpolitik in Deutschland. Als es den reaktionären Kräften 1933 gelang, den Faschismus zur Macht zu bringen, zeigten sich die gefährlichen Folgen für die Medi zin nicht nur durch die unmittel baren materiellen Schäden, die im Gefolge des von den deutschen Impe rialisten angezettelten Krieges für die Fakultät, entstanden, sondern auch innerhalb der Wissenschaft selbst, der teilweise eine antihuma nistische Zielsetzung aufoktroyiert wurde und die über einen längeren Zeitraum im großen und ganzen stagnierte. In vielen Beiträgen der Festschrift wurden häufig nur Einzeltatsachen zu diesen außerordentlich wichtigen Beziehungen zwischen Medizin und Gesellschaft genannt. Sie tragen in des ohne Wertung und ursächliche Erklärung nicht ohne weiteres zum Verständnis des Gesamtprozesses der Fakultätsentwicklung bei. Offenbar verdienen in diesem Zu sammenhang einige Fälle der neuesten Geschichte besondere Auf merksamkeit und besonderes Nach denken. Das Leben verläuft ja keines wegs einfach und geradlinig, sondern in Widersprüchen und Konflikten, die auch das Wirken und die Tätigkeit bedeutender Wissenschaftler, dar unter auch bedeutender Mitglieder unserer Fakultät, betreffen. Neben Lichtseiten und glänzenden Leistun gen treten auch tiefe und dunkle Schatten hervor. Wir meinen, man sollte gerade als Historiker und ge rade in einer Festschrift beide nicht verschweigen, da nur auf diese Weise die Vergangenheit bewältigt und die Gegenwart gemeistert werden kann. Ein Mediziner wie Catel, dessen Ver dienste auf dem Gebiet der Kinder heilkunde unbestritten sind und in der Festschrift genannt werden, hat eben leider auch der barbarischen Lehre der Nazis von der Vernichtung unwerten Lebens angehangen und sich als Gutachter an Euthanasiemor den beteiligt. Ähnliches wäre bei Dresel zu sagen, der die faschistische Rassenhygiene vertreten hat. Nur wenn wir solche Fehler selbst bei bedeutenden Gelehrten bekämp fen, bewahren wir unsere Studenten und Nachwuchskräfte vor ähnlichen Fehlern. Leider sind Catel und Dre sel nicht die einzigen gewesen, die eine politische Schuld vor der Menschheit und vor der Wissenschaft auf sich geladen haben. Die Entwicklung und der Fort schritt der Medizin und der Gesell schaft bestehen nicht in den Fehlern der Ärzte, sondern in den Beiträgen, mit denen sie Leben erhalten und Krankheiten bekämpft haben. Des halb wollen wir auf der anderen Seite auch die bedeutenden Leistun gen dieser Gelehrten nicht etwa ver schweigen. Eine offene und klare Stellungnahme zu diesen Fragen, auch in der Festschrift, wäre notwen dig gewesen, um klare Fronten zu schaffen und den Weg in die Zukunft zu ebnen. Die Wissenschaftsgeschichte ein schließlich der Geschichte der Medi zin ist heute längst keine Freizeit beschäftigung mehr, sondern im internationalen Maßstab zu einer selbständigen wissenschaftlichen Dis ziplin herangereift. Es wäre unbillig, wollte man unter diesem Gesichts punkt den Autoren der einzelnen Bei träge den Vorwurf machen, keine Quellenstudien getrieben und keine oder fast keine neuen historischen Tatsachen erschlossen zu haben. Spe zielle historische Quellenforschung ist das Anliegen spezieller Fachleute und nicht der Mediziner. Es war auch nicht das Anliegen der Festschrift, und konnte es nicht sein. Es geht darum, scheint mir, daß wir heute, ob Medizinhistoriker oder nicht, Medi zingeschichte nicht treiben und schrei ben können, ohne politische Ge schichte, genauer gesagt, ohne die Wissenschafts- und Gesundheitspoli tik der Zeit zu beachten. Medizin und Gesundheitswesen sind stets gesellschaftliche Erschei nungen gewesen und sind es heute erst recht. Sie werden nicht nur im Rahmen des gesellschaftlichen Zu sammenlebens betrieben — das ist eine Selbstverständlichkeit —, son dern auch im Rahmen der Gesell schaft, im Rahmen der staatlichen Ordnung und damit entsprechend der jeweiligen Wirtschaftsordnung. Die herrschenden gesellschaftlichen Kräfte verfolgen stets eine ganz be stimmte Gesundheitspolitik zur För derung ihrer eigenen Interessen, die in der Klassengesellschaft mit dem humanistischen Anliegen der Medi zin in Widerspruch geraten. Gegenüber früheren Zeiten ist heute die Bedeutung der Gesund heitspolitik wesentlich gewachsen, einmal infolge der Entwicklung der Gesellschaft im allgemeinen (Wachs tum der Bevölkerung, Zusammen schluß zu größeren politischen und wirtschaftlichen Einheiten usw.) und zweitens infolge der Entwicklung der Medizin selbst, die heute Kranichei ten weitaus wirkungsvoller bekämp fen, Gesundheit und Leben in weit aus stärkerem Umfang erhalten kann als vor 100 oder 150 Jahren. Diese Entwicklung nicht zu sehen oder nicht wahrhaben zu wollen, sie nicht zu berücksichtigen, heißt an der wesentlichen Seite der modernen Entwicklung vorbeizugehen und bringt deshalb auch die Gefahr mit sich, bei der Erziehung und Ausbil dung unserer Medizinstudenten Wich tiges zu versäumen. Selbst auf die Gefahr hin, einige Ärzte vor den Kopf zu stoßen, wie wir hoffen, aller dings nur beim ersten Hören, möch ten wir formulieren: Der unpolitische Mediziner und Arzt gehört unweiger lich der Vergangenheit an, er begibt sich seiner gesellschaftlichen Verant wortung und seines gesellschaftlichen Einwirkungsvermögens. Die Bezie hungen zwischen Medizin und Poli tik, zwischen Medizin und Gesund heitswesen werden immer enger und umfassender, und eben deshalb sollte das Gesundheitswesen zu einer ge meinsamen Sache der Mediziner und Politiker werden, eben deshalb soll ten die Mediziner - zugleich politisch zu denken und zu handeln verstehen, tragen sie doch eine große politische Verantwortung. Wenn dem aber so ist und wenn solche Beziehungen auch in der Ver gangenheit bei der Entwicklung der Medizin eine Rolle gespielt haben, so kann man auch die Geschichte der Medizin einschließlich der Geschichte unserer Fakultät und ihrer Kliniken und Institute nicht losgelöst von der politischen Geschichte betreiben. Ge rade eine Erforschung der wechsel seitigen Beziehungen zwischen Ge sundheitswesen und Medizin auf der einen Seite und Gesundheitspolitik des Staates und der Parteien auf der anderen Seite liefert uns den Schlüs sel zum tieferen Verständnis der Ge schichte der Medizin und damit zur Aufdeckung ihrer Gesetzmäßigkeiten. Man beruft sich in ärztlichen Krei sen gern und mit Recht auf das humanistische Anliegen des Arztes, auf seine allgemeinmenschliche Auf gabe, aber man irrt sich, wenn man daraus eine Abkehr von der Politik schlußfolgert, etwa in dem Sinne, daß der Arzt jenseits oder über den sich bekämpfenden Parteien stehe und Freund und Feind zu helfen habe. Das ist nur die halbe Wahrheit. Die ganze Wahrheit aber besteht darin, daß der Mediziner gerade auf Grund seines humanistischen Anliegens und seines Hippokratischen Eides sich für diejenigen gesellschaftlichen Kräfte zu entscheiden hat, sich auf sie orien tieren und mit ihnen kämpfen soll, die das humanistische Anliegen der Medizin vertreten, verfechten, pfle gen, fördern und weiterentwickeln. Deshalb halten wir es weiter für ein echtes und zugleich ein huma nistisches Anliegen der Medizin geschichte, die fortschrittlichen wis senschaftlichen und gesellschaftlichen Traditionen der Medizingeschichte zu erforschen und zu pflegen, um sie für die Gegenwart nutzbar zu machen. Audi die Leipziger Fakul tät ist in Vergangenheit und Gegen wart reich an fortschrittlichen Me dizinern gewesen, hat in dieser Hinsicht selbst bei nur durchschnitt- liehen wissenschaftlichen Leistungen einzelner ihrer Vertreter große Tra ditionen entwickelt und gepflegt. Auf deren Vertreter, aber auch auf die fortschrittliche geistige Haltung in Forschung und Lehre in unseren Instituten und Kliniken hinzuwei sen, sie, soweit sie verschüttet oder vergessen sind, ans Licht zu fördern und daraus Schlußfolgerungen für die Gegenwart und Zukunft zu ziehen, halte ich für ein würdiges Anliegen unserer Fakultät. Leider wird die Festschrift gerade diesem Anliegen nur teilweise und nur abstrakt gerecht. Es berührt z. B. eigenartig, daß bei der Aufzählung der Träger von Nationalpreisen, Orden und Ehrenzeichen gerade die Träger der Medaillen für Kämpfer gegen den Faschismus 1933 bis 1945 vergessen worden sind (eine Tat sache, die leider an der Universität nicht vereinzelt dasteht). Alle in der Vergangenheit ent standenen progressiven Ideale wis senschaftlicher Tätigkeit fanden nach 1945 in der DDR ihre gesellschaft liche Anerkennung und schrittweise Realisierung. Die letzten 20 Jahre unserer Fakultätsgeschichte sind da für ein überzeugender Beweis. Sie nehmen deshalb zu Recht in mehre ren Einzeldarstellungen breiten Raum ein und überwiegen insge samt vor allem dadurch, daß eine ganze Reihe von Kliniken und In stituten ihre Entwicklung faktisch erst in der sozialistischen Gesell schaft begannen. (An der Medizini schen Fakultät wurden das Institut für Biophysik, das Hygiene-Institut, die Klinik für Herz- und Gefäß chirurgie, die Neurochirurgische Klinik und die Klinik für Kinder chirurgie neu gegründet). Es wäre aber bei aller durchaus interessanten Darstellung von Fort schritten und Erfolgen auf Einzel gebieten wünschenswert gewesen, etwas mehr über die Grundprinzi pien des eingetretenen Wandels in der Forschung, in Lehre und Er ziehung und in der klinischen Praxis zu erfahren, als aus den jetzt vorliegenden Einzelbeiträgen zu entnehmen ist. Sowohl die in der Zielstellung unbedingt mit dem Wesen des Sozialismus verbundene Studienreform wie auch die koordi nierte Gestaltung der ausdrücklich auf praktisch-gesellschaftliche Be dürfnisse orientierten Gemeinschafts forschung werden in ihrer Bedeu tung und Perspektive, in ihrem or ganischen Zusammenhang mit der sozialistischen Gesundheitspolitik nur sehr unvollständig und für den Leser gleichsam mosaikartig behan delt. Der diesen allgemeineren Grundproblemen gewidmete Beitrag Prof. Tutzkes kann trotz vieler bedeutsamer und zustimmend auf zunehmender Einschätzungen natür lich nicht die diesbezüglichen Schwä- chen der Einzelbeiträge ausgleichen. Dadurch verwischt sich doch im Einzelfalle das Bild des im Grund legenden existierenden Neuen in unserer Entwicklung. Das erscheint vor allem deshalb be dauerlich, weil der gute wissen schaftliche Ruf der Leipziger Medi zinischen Fakultät ihren Vertretern an sich im besonderen Maße Gele genheit gibt, im Sinne des gesell schaftlichen und wissenschaftlichen Fortschritts auch über die Grenzen unseres Staates hinaus fördernd und beispielhaft zu wirken. Eine Festschrift ist keine histo rische Monographie, aber eine Fest schrift, die der Geschichte unserer Fakultät gewidmet ist, darf nicht darauf verzichten, einige Grundan liegen der Medizingeschichte zu be rücksichtigen. Die Medizingeschichte sollte sich nicht in der Feststellung einzelner historischer Tatsachen er schöpfen, sondern die Gesetzmäßig keit der Entwicklung erforschen, um die Zukunft gestalten zu helfen. Dazu aber gehört neben der Dar legung der fachlichen Probleme eine Darstellung der Verbindung der Medizin und des Gesundheitswesens mit der allgemeinen gesellschaft lichen und politischen Geschichte, dazu gehört es. die fortschrittlichen Traditionen zu pflegen und sie von den menschheitsfeindlichen, anti humanistischen Tendenzen deutlich zu unterscheiden, dazu gehört es, sich zu den fortschrittlichen gesell schaftlichen Kräften, d. h. heute zu unserer DDR und für den Kampf der deutschen Arbeiterklasse zu be kennen. Es soll keineswegs bestritten wer den, daß diese Erkenntnisse und dieses Bekenntnis in der Festschrift zum Ausdruck kommen, aber es muß zugleich gesagt werden, daß es offenbar an einer entsprechenden allgemeinen Konzeption vor Nieder schrift der einzelnen Beiträge ge fehlt hat. Diese Überlegungen wären dann klarer und deutlicher zum Ausdruck gekommen und hätten unserer Festschrift mehr als nur lokalhistorische Bedeutung verlie hen. Die eingangs aufgeworfene Frage, ob die Festschrift als Vor arbeit für eine künftige Geschichts schreibung der Medizin und der Karl-Marx-Universität angesehen werden kann, kann deshalb leider nur mit Einschränkung bejaht wer den. Prof. Dr. G. Harig Dr. A. Thom UZ 26/65, Seite 5 IllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllltllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllilllllllllUIIIIIIIIIIIIIIU | Probleme & I I der M I 1 in | Wissen- E | I Schafts- 111 i i | geschichte !| | iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiniiiiiiiiiiiiiiniiiHiiiiiiiiü
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)