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Universitätszeitung Organ der Kreisleitung der SED 8. Dezember 1989 UNIVERSITÄT« MARX e Gedanken zur Woche Kreisdelegiertenkonferenz wählte Parteitagskandidaten Neofaschismus kein if AUFRUF Für Antifaschismus und sozialistische Demokratie 8 Korruption und Hegemonie über Grundsätze Hegemonie eP # .Führung Ohne Filter te Abgesetzt und Sozialismus wie nun weiter? e die und sind hen auf Die dies eigenes „G'egen viertes waren ts te A eo Initiativgruppe der „moritzbastei “ P * >r ti' Kontaktadresse: T. Schneider, Holz häuser Str. 125, Leipzig, 7027; A. Po- gundke, Tarostr. 14/332, Leipzig, 7010. jede an- An- Was zum zum . . . rufen wir alle zur Teilnahme an der nächsten Mon- tagsdemo auf — Für eine eigenständige DDR! — Schlie ßen wir uns zusammen! Treffpunkt: 17 Uhr zwischen mb und Leibnizdenkmal. 1 e? 8 e e‘ Ursprünglich wollte man Wortmeldung zur Diskussion nehmen, hatte iedoch die große zahl der Wünsche unterschätzt, nun? Gewohntes Abstimmen Vorschlag, daß vorrangig die ;0- se 16' ;0‘ (p” wir gemeinsam trovers das Ergebnis: Während Grit Lemke die Neugründung der Partei forderte, sprach sich Rochus Zaruba gegen eine Parteiauflösung aus. um die notwendige Verantwortung für die gegenwärtige Situation gewähr leisten zu können. Beide Auffassun gen fanden ihre Anhänger. Die über große Mehrzahl der Delegierten setzte sich dabei für eine radikale Erneuerung der Partei von unten nach oben im Umfang einer fak tischen Neugründung und für die Beibehaltung des Namens ein. e‘ und Inhalte unserer Arbeit! Initiativgruppe Leipzig (Ute Daßler, Peter Deutschmann, Stefan Hart mann, Boris Krumnow, Arne Po- Prozesse einzubringen. Dies alles ohne eine vorschnelle „Vereinheitli chung" der Jugend; die Einheit der Jugend kann nur in ihrer Vielfalt verwirklicht werden. Daß wirksame Erneuerungspro zesse nur von der Basis aus möglich sind, zeigt uns die gegenwärtige Entwicklung. Darum rufen wir zur Bildung von Initiativgruppen zur Gründung einer marxistischen Ju gendorganisation auf! Diskutieren e< < e‘ Seifert, Torsten Schwenzer, Dirk e2 2 gen Studenten... warum? Und die Studenten fragten auch: Wo sind unsere Lehrer? Warum sind wir so wenige? Der Aufruf mit Treffpunkt 18.00 Uhr im Innen hof der Uni hing doch an der Pforte des Hochhauses. Haben wir keinen Mut mehr? Mein Standpunkt: Ich halte es nicht für Aktionis mus, in dieser entstandenen schlimmen Situation sichtbar zu machen, daß auch wir das Volk auch mit uns einverstandene Leipziger am Straßenrand zu be merken. Spürbar war aber auch ande res: Zorn gegen Intellektuelle, ge- durch eine soziale sehe Funktionen ausübt, sei es in der Produktion, sei es in der Kultur oder in der Politik und Verwal tung.“ (H. 19, Paragraph 26, III, 2041) Er skizziert die Gewinnung der traditionellen Intellektuellen so wie das Hervorbringen eigener orga nischer Intellektueller als Schlüs selvorgänge für das Erringen von gundke, Janos Schneider, Axe! Wagner) Adjektive „geistig-moralisch kurzfristig und unvorhergese- erkrankt, so daß die GO nicht der Konferenz vertreten war. Grundorganisation bedauert und informiert sich mit Unter- „Wir wollen unser Land!“, „Demokratie!“, hefte, Turin 1977, H. 13, Paragraph 37. Bd. III, S. 1639). Es scheint mir notwendig, in die sem Zusammenhang noch einmal auf Gramscis weites und nicht in zwei Sätzen definierbares Verständ nis von Hegemonie zu verweisen, (vgl. LBR, Lehrheft 24, IZR der KMU 1988, S. 46 ff.). Wenn heute mancher noch so tut, als ließe sich i 2 p§ r>' Die grundlegendsten Forderungen der Delegierten wurden in der mehr fach überarbeitenden Resolution verabschiedet, die eine grobe Richt linie für die Parteitagsdelegierten der KMU darstellen, jedoch ihr indi viduelles Auftreten nicht einschrän ken soll. In ihr heißt es: „Das neue Antlitz des Sozialismus bildet sich im Prozeß des Erkennens und theo retischen Durchdenkens der gesell schaftlichen Bedürfnisse und Inter essen der Menschen und durch die Neubestimmung der Identität unse res Landes heraus. Die DDR be stimmt sich primär als sozialistische Alternative zum kapitalistischen deutschen Staat mit eigenem poli tischen Profil und eigenen Werten-“ Andere Anliegen waren z. B. die Forderung nach einem höheren Anteil von Jugendlichen und Frauen in den Machtorganen. Von den 27 vorgeschlagenen Ge nossen der Grundorganisationen der SED wurden in zwei Wahlgängen schließlich sieben Kandidaten ge wählt (Lothar Engelmann von der GO Medizin wurde außerdem schon vorher zum Parteitag delegiert.) Für den Parteitag vorgeschlagen: Roland Wötzel. 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung. Prof. Werner Bramke, Sektionsdi rektor Geschichte. Prof. Nuhs, Sektion ML. Rochus Zaruba. Student der-Sek tion Wirtschaftswissenschaften. Prof. Klaus Rendgen. 1. Sekretär der SED-Kreisleitung der KMU (der ebenso wie Roland Wötzel für eine 2° ,0, - p‘ p” e‘ F & e Von Antje Hennig Sektion TAS sation FDJ-KL/Moritzbastei hatte ihre Delegierten für die Kreis delegiertenkonferenz der KMU am 2. 12. 1989 gewählt. Beide Genossen fordert in diesem Zusammenhang besonders die Intellektuellen, wor unter er nicht nur „die gewöhnlich mit dieser Bezeichnung gemeinten Kreise“ versteht, „...sondern all gemein die gesamte soziale Schicht, die im weiteren Sinne organisatori- Parteitag vorgeschlagenen Delegier ten ihr fünfminütiges „Auftritts- recht in Anspruch nehmen sollten. Schließlich wollte man sie ja alle Prüfen. Persönliche Vorstellungen zur Veränderung der SED waren Vor allem zu hören. — Sehr kon- ■t' d‘ e P‘ 0' e großen Intellektuellen der italie nischen Linken. Erst in den achtzi ger Jahren standen dann drei Bü cher mit Originalquellen in deut scher Übersetzung zur Verfügung: A. Gramsci, Zu Politik, Geschichte und Kultur, Leipzig, Reclam 1980; Notizen zur Sprache und Kultur, mit einer Einleitung von K. Boch mann, Leipzig, Weimar, Kiepen heuer 1984 und Gedanken zur Kul tur, Leipzig, Reclam 1987. Meines Wissens haben auch offizielle Par teibeziehungen zwischen SED und IKP die Forschung des Gramsci- Institutes in Rom nicht einbezogen, Und so verwundert es schließlich nicht, daß der interessierte Leser in der DDR bisher nur einen Bruchteil des gramscischen Gedankengebäu des kennt. Offenheit und das möglichst ra sche und vollständige Erlernen der Demokratie sind nach meiner Über zeugung bei uns auch deshalb so unabdingbar, weil Hegemonie (d. h. Führung und. Herrschaft) nie mehr von Demokratie getrennt werden darf. „Unter den zahlreichen Bedeu tungen von Demokratie scheint mir die realistischste und konkreteste diejenige zu sein, die einen Zusam menhang zum Hegemonie-Konzept herstellt. Im System der Hegemonie existiert Demokratie zwischen den führenden und den geführten Klas sen in dem Maße, wie die Entwick lung der Ökonomie und demnach die Gesetzgebung, die diese Entwick lung widerspiegelt, den molekula ren Übergang von den geführten zu den führenden Gruppen ermög licht.“ (Gramsci H. 8, Paragraph 191, II, 1056) Die demokratische, soziale und ökologische Umgestaltung des So zialismus in der DDR wird nur als Ergebnis gleichberechtigten Zu sammenwirkens der unterschiedli chen politischen Gruppen und Or ganisationen möglich sein. Es ist un sere Überzeugung, daß dabei ne ben christlichen, liberalen, grü nen ... Jugendverbänden auch eine Organisation junger Marxisten not wendig ist. Sie muß als politische Organisation junge Arbeiterinnen, Schülerinnen, Studentinnen zusam menführen, die auf marxistische Weise an die Lösung gesellschaft licher Probleme herangehen wollen. Dazu ist es nötig, den Marxismus von seinen Verkrustungen und Ent stellungen zu befreien, die Vielfalt seiner Traditionslinien von Kautsky und Luxemburg bis zu Bucharin und Gramsci aufzuarbeiten und vor al lem so gefundene Lösungsvor schläge in politische Entscheidungs- stets verpflichtete, das nationale Le- Gramsci setzt vor )en Frankreichs und schrieb zur Si- tuation nach dem ersten Weltkrieg: Wielleicht ist die Korruption von Personen in Wirklichkeit seltener 48 es scheint, weil der gesamte polir Asche Örganismus auf Grund der ^flösung der hegemonistischen unktion korrupt ist.“ (G'efängnis- Gruppe (H. 12, Paragraph 1, III, 1517). Fälle von Korruption, die sich zur Serie reihen, erscheinen heute als In diz dafür, daß schon seit geraumer Zeit nur noch der „äußere oberfläch liche“ Teil der Hegemonie der so genannten „führenden Männer“ un seres Staates intakt gewesen ist: die Gewalt, der immer weniger mas kierte Zwang, der durch mehr oder weniger direkte Drohung Zustim mungsbekundungen erheischte. Es erscheint mir symptomatisch, daß mir die hier angeführten Zitate größtenteils nur aus der italie nischen Originalausgabe der „Ge fängnishefte“ zugänglich sind. In der DDR hat es in den letzten Jah ren nur vereinzeltes Engagement für die Rezeption philosophischer, kultur- und sprachpolitischer Theo rie im Werk Gramscis gegeben. So kamen 1955 und 1956 zwei kleine Editionen mit einem Artikel und den Briefen in deutsch heraus, 1976 promovierte Sabine Kebir „Zur Kul turkonzeption Antonio Gramscis“; in Leipzig beschäftigten sich der Philosoph Manfred Uhlig und der Romanist Klaus Bochmann mit dem Es war nicht gerade die bisher wohlbekannte Ordnung der Kon ferenzen. die man am 2. Dezember bei der Kreisdelegiertenkonferenz der SED erleben konnte. Denn das neue Demokratieverständnis for derte die Anwesenden zur Abstim mung über alle Unklarheiten und Fragen heraus. Natürlich war die Mehrzahl der Anträge überaus ver ständlich, ging es doch um grund sätzliche Fragen der Zukunft der Partei, des Landes und damit um die Zukunft aller. Anstöße zur Diskussion gab u. a. das Referat von Prof. Klaus Rend gen: „Eine Partei wie die unsrige, die das Volk in eine so tiefe und allseitige Krise führte, hat ihren po litisch-moralischen Anspruch auf Machtausübung verwirkt.“ Worte, die die äußerst schwierige Situation der SED verdeutlichten. Doch waren sie nach Meinung mancher Delegierter noch „im alten Stil“ geäußert, d. h. nicht radikal und vorwärtsweisend genug. Des halb brachte die Mehrzahl der Red ner ihre Auffassung im Anschluß überaus deutlich zur Sprache, z. B. so: „Wir brauchen eine Informa tionspolitik, die die Dummheit be seitigt.“ die „führende Rolle" einer Partei oder Gruppe festschreiben oder an dererseits mit einem Federstrich be seitigen, so vergißt oder unter schlägt er, daß Führung Akzeptanz voraussetzt, Konsens und Bündnis. Eine ausgestreckte Hand allein be sagt nichts, wenn nicht der Mensch Achtung genießt, ihm der „Ge führte“ zutraut, schon jetzt den Weg zu kennen und ihn nicht später auf dem schwierigsten Grat viel leicht loszulassen, zurückzustoßen oder selbst schwach zu werden. ZK-Mitgliedschaft vorgeschlagen wurde). Grit Lemke. Studentin der Sek tion Kunst- und Kulturwissenschaf ten sowie Prof. Karl Bönninger, Sek tion Rechtswissenschaften. Gründlich durchdachte Lösungen fordern Zeit, doch letztlich sei die Frage erlaubt, ob fast 11 Stunden Zusammenkunft für die erreichten Ergebnissenotwendigwaren? J. KARRER Nachsatz: Auch die Grundorgani- 5 p‘ ,5 i^ 0 8’ eg % 2 s 5 e Reichl“. Unverkennbar Fortsetzung der Studie zum p‘ p, ,0‘ Ji' - ? ed aft ei' e- eP e pd se- js‘ 0 pd r os pd 20 a e‘ ei’ P p tig s6, 1»' o Stützung der Kreisleitung über den Verlauf der KDK. M. OLEWINSKI, amt. GO-Sekretär „\Vir wollen unser Land nicht auf geben.“ Unter dem Eindruck der Mon- tags-Demonstration am 4. De zember frage ich: Wollen wir Lehrenden der KMU noch länger abseits stehen oder einzeln zuse hen. wie sich hier in Leipzig poli tische Unkultur und Intoleranz jedem gegenüber, der sich zur DDR als unserem Land bekennt, breitmachen? Wollen wir zulas sen, daß Gruppen von Rechts radikalen demagogisch den „Volkswillen“ demonstrieren? Uns entgegen donnerten Losun gen wie: „Rote raus aus der Demo!“, „Lieber tot als rot...“ und'sogar „Schneidet den Roten den Stern auf die Stirn!“ Eine Gruppe unserer Studen ten aus gesellschaftswissenschaft lichen Sektionen hielten mutig die DDR-Fahne hoch, sie disku tierten — soweit möglich — sach lich und engagiert. Immer wie der hieß es im Sprecherchor: M achtmißbrauch, Lügen und Winkelzüge, versteckte und of fene Privilegien, illegaler Waf fenhandel, Bestechung, Korruption: leden Morgen erschrecken uns neue Enthüllungen. Bestürzt und entsetzt nehmen wir unerträgliche Vorgänge zur Kenntnis, die uns heute Men- schen verächtlich erscheinen lassen, denen wir uns noch gestern gleich- Oültig anvertraut sein ließen. Doch es wäre zu einfach, könnten wir unsere Ruhe mit der öffentli chen „Brandmarkung“, Verurtei- lung und Verachtung einzelner wie- ierherstellen. Haßerfüllte Gefühle und Formulierungen — so verständlich und nachvollziehbar sie auch sein mögen — verdecken meines Erach- tens mehr, als sie grundlegende und Notwendige Einsichten zutage, för- dern. Ich fand in diesen Tagen Über- jungen zu diesem Thema, die — obschon 60 Jahre alt — unglaublich oktuell anmuten, was vjohl für ihre ^ergreifende Gültigkeit spricht. Antonio Gramsci untersuchte am ■^hreswechsel 1929/30 und, darauf oezug nehmend, noch einmal 1934 Jeweils unter den kaum vorstell baren Bedingungen faschistischer Haft in Turin und Formia mit der ihm eigenen Gründlichkeit, zu der er sich als Journalist, Historiker und kommunistischer Theoretiker Die Zeit ist überreif! Für eine marxistische Jugendorganisation Wortmeldungen en mässe bestimmten Szenerie sind, daß es Kräfte gibt, die be reit sind, für dieses Land DDR (in dem nicht alles schlecht ist!!!) zu arbeiten und weiter hier zu leben. Ich weiß auch, daß das keine Konzeptionen ersetzt — die müssen her und mit richti gen Schritten umgesetzt werden. Aber wir sollten am nächsten Montag mit unseren Studenten zusammen dabeisein und denen Mut machen, die nicht für Gene ralstreik und für ein „einiges Großdeutschland“ hurra schreien. BARBARA ANDERS, Lehrbereich Ausländer Studium