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V«7^»vk0län VON kiäx vvkkr ———VQI^ —VKLL-.— Lop^rigdt üx rlsrlli» ^sllcLtvLQgei, Nsll« i8ssle> MM^WWWIWWl Lienhart hatte sich seine kurze Pfeise gestopft und an gezündet und er begann mit vielem Ernst und großer Würde die Rauchwolken hinauszublasen. „Wo steht das eigentlich geschrieben, daß Scherben Glück bringen? Ich wäre wirklich neugierig, das zu er- fahren." „Wo es steht?" entgegnete Mutter Lienhart und ihr Blick wurde ein ganz klein wenig unsicher. „Das ist eine alte Geschichte, das weiß sozusagen jedermann, der ein bißchen Erfahrung in solchen Dingen hat. Uebrigens steht's auch im Traumbuch, das von den heiligen drei Königen aus dem Morgenlande geschrieben ist, und wer weiß, woher die es erfahren haben. Vielleicht stammt's gar noch von Salomon dem Weisen." Lienhart sagte gar nichts darauf. Man sah ihm nicht an, ob er sich ärgerte oder ob er sich amüsierte. Er passte nur mächtige Rauchwolken hinaus, die träge in der Luft hängen blieben Sie sah ihn beobachtend von der Seite an. „Gelt, Vater, jetzt wirst du doch auch nachdenklich! Glaubst du's jetzt?" „Ich glaube und ich weiß es sogar bestimmt, daß, wenn ich wüßte, wo du dein Traumbuch aufgehoben hast, ich es sogleich ins Feuer werfen würde, wenn eines da ist." Grete lenkte ein. „Ein Spaß wäre es aber doch und kein kleiner, wenn Mutters Traumbuch recht hätte! Dann wäre in vierzehn Tagen Hochzeit, dafür garantiere ich." Die beiden Alten sahen erstaunt auf ihre kecke Tochter. Vor Verwunderung ging dem Meister die Pfeife aus. „Ist das auch eine Redensart?" sagte er entrüstet. Mutter Lienhart wäre fast der letzte Bissen im Munde stecken geblieben. „Du meinst wohl, wir seien überhaupt nicht mehr da, deine Eltern. Daß du dich aber nur nicht verrechnest! Da hört sich alles auf, so ein gottloses Ge schwätz!" „Aber wenn wir das große Los gewinnen, kriegt doch der Stephan ein eigenes Geschäft", erwiderte Grete vor wurfsvoll und schon ein bißchen weinerlich. „Zuerst müssen wir's haben, und nachher kann man sehen, was geschieht", sagte der Meister ernsthaft. „Uebri gens wäre es ein hübscher Hausen Geld. Ein Viertel vom Ganzen macht so zirka hundertzwanzigtausend Mark." Mutter Lienhart erschauerte „Hundertzwanzigtausend Mark! Hundertzwanzigtausend Mark! Herrgott, wäre das ein Reichtum. Sag' mal, Vater, was hat das Los für eine Nummer?" Lienhart überlegte. „Hundertels ist vorne, das weiß ich, hintendrein kommt aber noch viel." „Jst's möglich? Weiß der Mensch nicht mal die Zahl auswendig! Das ist doch von höchster Wichtigkeit! Wo hast du denn das Los?" „Drunten im Probierzimmer, im Sekretär. In der oberen Schublade ist es eingeschlossen." Er wandte sich zur Tür. „Gelt, Vater, du siehst nach?" „Kann schon sein", sagte er brummend. „Wenn's mal nötig ist. Skier jetzt hab' ich anderes zu tun. Zuerst sehe ich jetzt nach, was der Friedrich und der Hans machen. Wahrscheinlich Dummheiten, wenn der Meister seine Zett mit Dummheiten zubringt!" Damit war er zur Tür hinaus und man hörte chn die Treppe hinuntertappen. Mutter Lienhart horchte. „Grete, lauf, geh' zum Vater und frage ihn nach der Nummer. Dir sagt er sie schon. Von dem, waS ich Will, tut er immer das Gegenteil." Grete sah die Wichtigkeit der ihr gestellten Aufgabe ein und verschwand, während sie die Ueberreste des Vesper brots in die Küche mitnahm. Sie war aber kaum auS der Stube, als Mutter Lienhart behende aufstaud, uw das Traumbuch wieder auszukramen. Sie hatte jedoch gerade erst die nötigen Schwierigkeiten überwunden, als Grete schon wieder die Treppe heraufstürmte. .111 - 202 - 111 - 202", sagte sie in beständiger Wiederholung, um die wichtige Zahl unterwegs nicht zu vergessen. ,111202!" meldete sie. „Vater hat doch selbst nach geguckt." . Mutter Lienhart schlug das Traumbuch aus, Wählend Grete sich neugierig über den Tisch beugte, voll Erwartung der Dinge, die da kommen sollten. „Ratschläge, um in der Lotterie zu gewinnen',,stand da in einem Anhang, der an die allein echte und wahre Traumdeutung angefügt war. Gleich die ersten Absätze brachten bedeutendes Licht: „Sieben ist eine heilige Zahl seit Anbeginn der Welt. Günstige Zahlen sind alle diejenige«, welche durch sieben teilbar sind, zum Beispiel 14, 112, 1456 usw. Sehr gute glückbringende Zahlen sind diejenigen, welche zusammenaddiert die Zahl sieben ergeben oder doch wenigstens eine solche Zahl, die durch sieben teilbar ist, zum Beispiel 61,142,1051 usw." „Grete, einen Bleistift, Papier Herl" Mutter Lienhart wurde ordentlich böse, bis Grete daS Gewünschte fand. Endlich gelang es, ein kleines Stümpf- chen eines Bleistifts aufzutreiben und den leeren Rand des gestrigen Tageblatts. Die Mutter netzte den Bleistift an den Lippen und begann zu rechnen, während Grete wieder einmal, an das Fenster trat, denn sie meinte Stephans Pfeifen gehört zu haben. Wieder eine Ent täuschung, wieder nichts! Wo sie hinschaute, nach rechts oder nach links, kein Stephan! Auf einmal fuhr Grete erschrocken vom Fenster zurück, denn Mutter Lienhart schrie laut auf. „Grete! Gretel Hole den Vater'rauf, aber schnell! Er soll das Los mttbringen! Nein, so ein Glück! Äe Num mer ist nicht bloß durch sieben teilbar, sie gibt zusammen gezählt wieder sieben! Grete, wir haben daS große Los!" Run geriet auch das Mädchen in Aufregung. „Meinst du, Mutter?" „Das Los! Das Los! Der Vater soll es 'raufbringoni" zeterte Mutter Lienhart. Das Mädchen stürzte zur Tür hinaus. Nach einiger Zeit ertönten Schritte. Lienhart kam mit gerunzelter Stirn, grollend, hinterdrein Grete; aber daS Los brachten sie doch mit. Inzwischen hatte sich Mutter Lienhart einigermaßen erholt und sie setzte ihrem Ehegemahl mit großer Zungen fertigkeit sämtliche alten und neugewonnenen Chancen auseinander.