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Heber Hartgufs. Von A. Die Veranlassung zu den nachfolgenden Mit- theilungen gab eine im Umfange von 63 Octav- seilen erschienene Schrift: Der Hartgufs und seine Bedeutung für die Eisenindustrie. Von Julius von Schütz, Ingenieur des Gruson- werks. Zweite vervollständigte Auflage. Magde burg 1890. Das kleine Buch wird durch die Direction des Grusonwerks an Geschäftsfreunde ver theilt; im Buchhandel scheint es nicht käuflich zu sein. Dem an mich durch die Redaclion von »Stahl und Eisen« gestellten Ersuchen, die Arbeit einer freien Berichterstattung zu unterziehen, gebe ich um so lieber Folge, da sie Mancherlei ent hält , was auch die Aufmerksamkeit der Fach genossen zu beanspruchen wohl berechtigt ist. Mit Recht sagt der Verfasser in der Ein leitung, dafs die Darstellung des Hartgusses seit 30 Jahren einen früher nie geahnten Aufschwung genommen habe; und Jedermann weifs, dafs es in Deutschland vornehmlich H. Gruson in Buckau war, welcher das Verfahren der Her stellung vervollkommnete und der Verwendung des Hartgusses neue und ergiebige Gebiete er öffnete. Auf verschiedenen dieser Gebiete ist ihm ein starker Wettbewerb erwachsen; erreicht sind die Leistungen des Grusonwerks wohl bis weilen, übertroffen höchst selten. Neben Gruson und gleichzeitig mit ihm er warb sich die Firma Ganz & Comp. in Buda pest hervorragende Verdienste um die Ausbildung der Hartgufsdarstellung; und beide Firmen ver dankten vermuthlich manche Anregung den Giefsereileuten Nordamerikas, welche ebenfalls schon frühzeitig angefangen hatten, den Hartgufs für vielerlei Verwendungen heranzuziehen. Diese Bemerkungen beziehen sich vornehm lich auf diejenigen Erzeugnisse des Giefserei- betriebes, welche man im gewerblichen Leben als Hartgufs zu bezeichnen pflegt: Gufsstücke, aus Gufseisen von bestimmter Zusammensetzung in eiserner Form gegossen, welche an der mit dieser Form in Berührung gewesenen Oberfläche weifs, hart und gegen mechanische Abnutzung aufser- ordentlich widerstandsfähig geworden sind, in ihren übrigen Theilen aber aus grauem, leicht bearbeitbarem und weniger sprödem Gufseisen bestehen. Alle Hand- und Lehrbücher der Eisen hüttenkunde und Eisengiefserei dürften ungefähr die gleiche Begriffserklärung des Wortes Hart gufs geben. Etwas auffällig mufs es demnach erscheinen, wenn der Verfasser der hier in Rede stehenden Schrift ausspricht, dafs man im Grusonwerk für Ledebur. UUU /Nachdruck verboten. Ges. v. 11. Juni 1870.’ die Auslegung des Wortes Hartgufs nicht sowohl die Härte als vielmehr die Festigkeit des Gufseisens als mafsgebend betrachte und nicht allein die fertige Gufswaare, sondern auch schon das dafür bestimmte Material als Hartgufs bezeichne. Man unterscheide demnach im Grusonwerke zwischen „in Goquillen gegossenem“ und „nicht in Goquillen gegossenem“ Hartgufs, obschon letzterer nicht härter sei als viele gewöhnliche Gufseisensorten. Dafs diese Bezeichnung nicht glücklich ge wählt sei, deutet der Verfasser selbst an; es er- giebt sich aber aus der gegebenen Erklärung, dafs die Mittheilungen der genannten Schrift ein weiteres Gebiet umfassen, als der Titel ver- muthen läfst. Zur Darstellung von Hartgufs im gewöhn lichen Sinne, also eines Gufseisens, welches beim Gusse in eiserner Form eine weifse Kruste be kommt, verwendete Gruson von Anfang an ein Gemisch von weifsem und grauem Roheisen — und zwar früher ausschliefslich Holzkohlenroh- eisen —, welches im Cupolofen geschmolzen wurde. Das Verhältnifs der beiden Roheisen sorlen richtel sich nach der Härtetiefe, welche der Abgufs erhalten soll. J. von Schütz nennt dieses Verfahren „Grusons Verfahren“; er funden ist es jedoch von Gruson nicht. In Walzengiefsereien ist es schon sehr lange üblich; und gerade in jener Zeit, wo sich die Hartgufs darstellung fast nur auf den empirischen Versuch stützen konnte, lag das Verfahren für Erzeugung eines zum Weifswerden geneigten Gufseisens, graues Roheisen mit weifsem zu mischen, aufser- ordentlich nahe. Dafs gerade gewisse Sorten Weifseisen ganz besonders geeignet sind, Gufseisen von hoher Festigkeit zu liefern, wenn sie in Vermischung mit siliciumhaltigem Roheisen — Graueisen oder Siliciumeisen — umgeschmolzen werden, ist neuer lich in wissenschaftlicher Weise durch Jüngsts umfassende Schmelzversuche (»Stahl und Eisen« 1890, Seite 292) dargethan worden. Auf Seite 10 der für diese Mittheilungen be nutzten Abhandlung ist zwar gesagt, dafs sich Gruson bei seinen Versuchen und auch später bei der Fabrication ausschliefslich des Holzkohlen roheisens bediente; auf Seite 20 ist indefs zu gegeben, dafs die Ueberlegenheit des Holzkohlen eisens gegenüber dem Koksroheisen als Material für das Umschmelzen nicht mehr unbestritten sei, ja dafs es Koksroheisensorten gebe, welche in Vermischung mit Holzkohlenroheisen Gufseisen liefern, das an Festigkeit dem reinen Holzkohlen roheisen mindestens gleichkomme. Auch im