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660 Nr. 8. STAHL UND EISEN.“ August 1891. Schlüsse über Frauenarbeit entfallend, für die Conferenz nicht in Betracht — bezeichnete die selbe einen Maximalarbeitstag als wünschenswerth, wie auch einen betreffs der Nacht- und Sonntags arbeit und der Verwendung bei besonders un gesunden oder gefährlichen Arbeiten zu gewähren den Schutz. Da die Conferenzprotokolle ergeben, dafs betreffs des Schutzes dieser letzteren Kategorieen (junger Männer von 16 bis 18 Jahren) die ge- fafsten Beschlüsse so bestritten waren, dafs sic als Zufallsbeschlüsse gelten dürfen, so gehen unsere Schutzbestimmungen auch für die ganze Klasse der jugendlichen Arbeiter sehr erheblich über das von der Conferenz als wünschenswerth Bezeichnete hinaus. Die Gesetzgebung anderer Länder angehend, so ist in England bei der Textilindustrie für junge Leute von 14 bis 18 Jahren eine durch schnittliche Arbeitsdauer von täglich 10 Stunden vorgeschrieben ; dieselbe darf in 6 bis 7 Stunden Vor- und ebensoviele Stunden Nachmittags zerlegt werden, doch sind dann für jeden Abschnitt 2 Stun den Pause zu gewähren. Kinder (10 bis 14 Jahre) dürfen durchschnittlich täglich nur 6 Stunden oder alle zwei Tage 10 Stunden beschäftigt werden. In anderen Fabriken ist für junge Leute 101/2 Stunden Arbeitszeit, füt Kinder 61/2 Stunden, oder alle 2 Tage 10 Stunden erlaubt; für die Hausindustrie von 14 bis 16 Jahren 101/2 Stunden täglich. Kinder dürfen nur entweder von 6 Uhr Morgens bis 1 Uhr Mittags oder von 1 Uhr Mittags bis 6 Uhr Abends mit je 1/2 stündiger Pause be schäftigt werden; für Kinder unter 10 Jahren ist die Beschäftigung in Fabriken und Werkstätten verboten; für Bergwerke bis zu 12 Jahren; bei diesen dürfen Knaben von 12 bis 16 Jahren nicht länger als 54 Stunden in der Woche, oder höchstens 10 Stunden an einem Tage be schäftigt werden. Nachtarbeit ist untersagt. Bis zum 16. Jahre darf die Beschäftigung nur auf ärztliches Zeugnifs hin erfolgen, welches die betreffende Person als zur Fabrikarbeit geeignet erklärt. Dafs dieses Zeugnifs eine vollkommene Farce ist, hat kürzlich die Generalversammlung der englischen Handelskammern erklärt und damit seine Abschaffung motivirt. In Blackburn, wo 25 000 Kinder, also etwa doppelt soviel als im ganzen Deutschen Reiche der Fall, in Fabriken beschäftigt werden, war der Fall einer Ver sagung dieses Zeugnisses bisher niemals vor gekommen. Da neuerdings das Unterhaus einen Initiativantrag infolge Widerspruchs der Regierung abgelehnt hat, die Altersgrenze für Kinderarbeit von 10 auf 12 Jahre, oder auch nur auf 11 Jahre zu erhöhen, so ist wenig Aussicht, dafs die Conferenzbeschlüsse in England Schule machen werden. Haben übrigens Kinder von 13 Jahren eine durch das englische Gesetz vorgeschriebene Schulprüfung bestanden, so werden sie, wie sich der englische Gonferenzdelegirte ausdrückte, zu den »Vorrechten« zugelassen, welche den jugend lichen Arbeitern zustehen. Frankreich verbietet im allgemeinen für Fabriken die Beschäftigung von Kindern unter 12 Jahren, läfst jedoch für die Textil-, Papier- und Glasindustrie Kinder vom 10. Jahre ab, jedoch nicht länger als 10 Stunden täglich, zu. Für Kinder von 12 bis 14 Jahren sind »bei genügender Schulbildung« täglich 12 Arbeits stunden zulässig, ohne solche nur 6 Stunden. Bis zum Alter von 16 Jahren ist Nachtarbeit und Arbeit »an einem Tage in der Woche« verboten. In Bergwerken dürfen Knaben unter 12 Jahren nicht beschäftigt werden, solche von 12 bis 16 Jahren unterirdisch höchstens 8 Stunden, welche durch eine einstündige Pause zu theilen sind, und nur bei leichteren Arbeiten. Der die französischen Kammern beschäftigende Gesetz entwurf will die Altersgrenze allgemein auf 12 Jahre bringen, von 12 bis 16 Jahren soll die Beschäftigung an ein ärztliches und an ein Schul- zeugnifs geknüpft werden, Nachtarbeit soll bis zum 18. Lebensjahre verboten und ebensoweit die Beschäftigungsdauer auf 10 Stunden be schränkt werden. Belgien kennt zur Zeit keine gesetzliche Ein schränkung der Arbeit von Kindern oder jugend lichen Personen. Der belgische Gonferenzdelegirte widersprach, eine Arbeitszeit unter 12 Stunden für Kinder von 12 bis 16 Jahren festzusetzen; wollte auch nichts davon wissen, dafs der Schul unterricht vor der Zulässigkeit der Beschäftigung vollendet sein solle. Da Belgien einen Schul zwang nicht kenne, würde solche Clausel für sein Land ohnehin inhaltslos sein. Wenn aber das belgische Gesetz von 1889 eine kürzere Arbeitszeit für 12- bis 16jährige vorsehe, so solle dieselbe doch erst durch königliche Ver ordnung eingeführt werden, der König sich aber erst nach drei Jahren hierüber zu entscheiden haben. Das niederländische Gesetz vom 5. Mai 1889 bezieht sich auf Fabriken, Handwerk und Hausindustrie; dasselbe zieht keine bestimmte Altersgrenze für die Zulässigkeit der Beschäftigung, sondern gestattet für jugendliche Arbeiter (12 bis 16 Jahre) einen höchstens 11 stündigen Arbeitstag mit mindestens 1 Stunde Pause; Nacht- und Sonntagsarbeit sind verboten. Der niederländische Delegirte widersprach jeder kürzeren Arbeits dauerbemessung. Dänemark hat als untere Altersgrenze für Fabriken neuerdings das 12. Jahr festgesetzt, für 12 bis 14 Jahre 61/stündige, 14 bis 18 Jahre 12 stündige Beschäftigungsdauer bei 1/2 stündigen resp. 2 stündigen Pausen erlaubt. Der Delegirte widersprach der Heraufrückung der Altersgrenze, zumal der Unterricht in den Elementarschulen so geordnet sei, dafs er mit der Fabrikarbeit nicht collidire.