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sie hätten vom ersten Tage ihres Erscheinens J3l6 auf der Ausstellung sofort zahlreiche Bestellungen zu gewärtigen — denn zur Eroberung neuer Absatzgebiete gehören Zeit, Geduld und An strengungen, die trotz alledem manchmal ver gebens sind —, so darf man doch nicht aufser Klassen acht lassen, dafs unsere Industrie durch die umfangreichere Beschickung der Ausstellung nur gewinnen und sich für manchen Artikel gröfseren Absatz verschaffen könnte, als es bisher der Fall ist. Die Konkurrenz der Ver einigten Staaten auf dem südamerikanischen Markte gestaltet sich für die europäischen In dustriestaaten immer bedrohlicher; wenn sie nun für den Augenblick durch den Krieg mit Spanien mehr oder minder lahm gelegt ist, so steht doch zu erwarten, dafs sie nach Beendi gung desselben mit verdoppeltem Eifer ihre Anstrengungen wieder aufnehmen wird. Gerade jetzt ist daher eine so günstige Gelegenheit, wie sie vielleicht nie mehr wiederkehrt, um sich auf dem peruanischen Markte mit Hilfe der Ausstellung testzusetzen und die bisherigen Beziehungen nach allen Richtungen auszuge stalten. Den deutschen Industriellen kann da her nur auf das Angelegentlichste die baldige und umfangreiche Beschickung der Ausstellung Lima empfohlen werden. Ärbeiter in Amerika. Nachdruck verboten. ie wirtschaftliche Lage der amerikani schen Arbeiter-Bevölkerung wird in mit Polstermöbeln Europa, zumal von den unteren und für nach Mafs gearbeitete alljährlich 400 — 600 Mk. auszugeben pflegen. Für 4—5 Zimmer, unter denen unbedingt ein Salon und allen möglichen Nipp sächelchen sein mufs, werden 300—400 Mk. ausgegeben, und während der Mann in der als das Non plus ultra des Wohl- als das zu erstrebende Ideal angesehen. Fabrik arbeitet, pflegt die Frau, die nach der nun auch zugegeben werden, dafs die Verheiratung die Fabrikthätigkeit aufgiebt, Rückgang des deutsehenEx ports nach den Vereinigten Staaten leneralkonsul Mason von Frankfurt a. M. hat dem Staatsdepartement statistische Tabellen über den Export Deutsch lands nach den Vereinigten Staaten übermit telt, aus welchen der bedeutende Einflufs des Dingley-Tarifs zur Evidenz her.vorgeht. Der Bericht des Generalkonsuls zeigt, dafs der Ex port aus dem Bezirke seines Generalkonsulats und der demselben untergeordneten sechzehn Konsulate im ersten Quartal 1898 um 6' 1 595760 gegen das erste Quartal des Vorjahres abge nommen hat. Nur vier der Konsulatsdistrikte ■weisen eine Zunahme des Exports auf, nämlich Frankfurt $ 106 757; Kehl $ 134 420; Nürn. berg $ 70 300; Weimar $ 7020. Die übrigen Distrikte weisen einen Ausfall auf, welcher von ■$ 28 000 bis $ 331000 variiert. Die bedeu tendste Abnahme zeigt sich in Crefeld, Aachen, Mannheim und Barmen. Einen Vergleich mit dem Export der ersten Quartale früherer Jahre gewährt folgende Ta belle: Gesamt-Export für den Distrikt des Frankfurter Generalkonsulats Erstes Quartal 1894 1895 1896 1897 1898 5 114291. 59 7969 111. 29 8 431 278. 85 9 485 521. 84 7 889 761. 55 sems, Mufs Lebenshaltung des Handarbeiters in Amerika im allgemeinen eine höhere ist als die seines Kollegen in Europa, so fehlt auch hier der Medaille nicht die Kehrseite, und es verlohnt sich wohl der Mühe beide • einmal zu beleuchten. Das Gebiet der Vereinigten Staaten ebenso wie die Bevölkerung desselben nahmen im Laufe des letzten Jahrhunderts in ungeheurem Mafse zu: während es im Jahre 1790 nur 5144000 Quadratkilometer mit einer Bevöl kerung von 4 Millionen Menschen umfafste, zählt es heute 9 332 000 Quadratkilometer, auf denen 63 Millionen Menschen wohnen. Damit hielt auch die Produktion gleichen Schritt und hob sich von 20 Millionen Dollars in 1790 auf 5372 Millionen in 1896. Als Beispiel für diese Entwickelung sei nur die Kohlenförde rung angeführt, die sich in 1850 auf 5,7 Millionen Tonnen, in 1876 auf 50 Millionen und in 1893 auf 163 Millionen stellte. In der Eisen produktion nimmt die amerikanische Industrie den ersten Rang ein, indem sie ein Viertel der Weltproduktion liefert, ebenso ist sie die erste in der Stahlproduktion, die zweite in der Baum woll- und Woll-Produktion. Wie in Europa, so verringert sich auch in Amerika die Anzahl der Fabriken, dagegen aber nehmen die einzelnen an Gröfse zu, und besonders vervollkommnen sich die maschinellen Einrichtungen. So besitzt beispielsweise der Armour Elevator, ein grofses Kornmagazin, in Chikago Maschinen, die einen Waggon Korn in 1$ Minuten, ein Schiff von 100 000 Scheffeln 1-j Stunden beladen. Eine Schuhfabrik mit 233 Arbeitern 1 2100 Paar Stiefeln 9 Paar pro Arbeiter! Was nun die Löhne betrifft, so verdient in New-York ein Bauhandwerker 2 Mk. pro Stunde, in St. Louis 14—15 Mk. pro Tag; das Car negie-Eisenwerk zahlt den Handlangern 6,50 Mk.? den gewöhnlichen Arbeitern 8—16 Mk. und besseren sogar 15—16 Dollar für den zehn stündigen Arbeitstag. Der Verdienst ist also gut und gestattet dem amerikanischen Arbeiter manchen Komfort, ja sogar einen gewissen Luxus. Nahrung und Kleidung sind in New- York nicht wesentlich teurer als in Berlin, aber man lebt dort gut und wohnt dort noch besser; dazu kommt gewöhnlich die kostspielige Toilette. Sonntags stolzieren Arbeiterfrauen im modern sten Hut und Seidenkleid daher, eleganter als die Frauen des Mittelstandes in Europa; manche Arbeiterinnen kommen sogar an den Werk tagen in Hut und Handschuhen zur Fabrik. Ebenso ist es mit den männlichen Arbeitern, die die billigen fertigen Kleider verschmähen 277 m liefert pro Tag, spazieren zu gehen, zu lesen und zu musizieren. Natürlich wird bei solchem Leben nicht viel erübrigt, aber für alle Eventualitäten ist durch Versicherung gesorgt; Lebens-, Arbeitslosigkeit-, Unfall etc.-Versicherungen zählen die meisten Familienväter zu ihren Mitgliedern. Neben dieser Arbeiter - Aristokratie aber seufzen Tausende von Unglücklichen unter dem „Sweating“- System. Zu ihnen gehören hauptsächlich die der Konfektionsbranche, die in den elendesten Ateliers zu arbeiten pflegen. Letztere bestehen meistens aus zwei Zimmern, in denen männliche und weibliche Arbeiter, etwa 20 an der Zahl, arbeiten, essen und schlafen. Mehr als 20 sind indes nie in diesen Folterkammern vereint, da sie sonst der Fabrik gesetzgebung unterstehen würden. Welche Mifsstände in sittlicher und sanitärer Beziehung dieses Zusammenpferchen bei durchaus unge nügender Bezahlung mit sich bringt, liegt zu sehr auf der Hand, um besonders erwähnt zu werden. Eine 37jährige Italienerin nähte mit ihrer Tochter in Boston Mäntel zu 5 Cents (20 Pfg.) das Stück, eine andere Frau am gleichen Orte stellte Capes zum Preise von 1 Dollar per Dutzend her, während ihre 6- und 7jährigen Töchter die Knöpfe annähen mufsten. Diese schreckliche Ausbeutung der armen Menschen fällt den gewissenlosen Vermittlern zur Last, welche die Lieferung für die grofsen Magazine zu Spottpreisen übernehmen und das Elend der Arbeitslosen ohne Skrupeln aus nutzen. Aber kehren wir zu den besser gestellten Arbeitern zurück. Das Geheimnis der grofsen in 8—10 Stunden verdienten Löhne dürfte sich aus zwei Gründen erklären: Einerseits gestattet die immerwährende Einrichtung neuer Industrieen mit den vollkommensten Methoden dem Amerikaner ausreichenden Verdienst, um gut zahlen zu können, wozu noch die gewal tigen natürlichen Reichtümer des Bodens hinzu kommen ; anderseits aber ist der dortige Arbeiter von dem Verlangen beseelt, das die ganze Nation beherrscht, möglichst viel Geld zu er werben, um seine Lebenshaltung zu bessern und um etwas zu erübrigen, und aus diesem Grunde entwickelt er eine wahrhaft fieberhafte Thätigkeit. Während in Deutschland in den Webereien auf je 2 Stühle ein Arbeiter zu kommen pflegt, bedient in manchen amerikani schen Webereien gleicher Art ein Mann häufig nicht weniger als 8 Stühle. Ja in 1893 er richtete ein dortiges Haus sogar versuchsweise eine Fabrik, in der 5 Weber je 16 Stühle zu beaufsichtigen hatten, und zwei Jahre später