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Amerikanische Konkurrenz und die Kosten derpoheisen- Produktion in Nord amerika und in Europa. m Aufruf des österreichischen Ministers des Auswärtigen, Grafen Goluchowski, an die europäischen Industrie-Staaten zum gemeinsamen Vorgehen gegen die immer bedrohlicher werdende amerikanische Konkur renz hat sich der Präsident des britischen „Board of Trade“, Mr. Ritchie, in einer von der Han delskammer in Croyden gehaltenen Rede ange schlossen. In eindringlicher Weise wendet sich j der Präsident gegen den Strik der englischen Maschinen- und Bauarbeiter; er führt den Stri- kern die Gefahr vor Augen, die ihnen droht, sofern sie den Kampf gegen eine fortschrittliche Entwickelung der Industrie hartnäckig f'ort- setzen. „Ein Kampf, in welchem es sich darum handelt, die volle und wirksame Verwendung von Arbeitskraft zu verhindern, ist ein Kampf gegen den -Fortschritt und damit aussichtslos, selbst wenn die Frage der Auslands-Konkurrenz dabei nicht in Betracht kommt.“ Und das trifft für die Stahl- und Eisen branche ganz besonders zu, denn der Fort schritt der Ver. Staaten als industrielle Nation ist gerade nach dieser Richtung hin am mar kantesten. Gerade in Produkten des Metall- und Maschinenfachs nimmt die amerikanische Konkurrenz eine für die europäische Fabri kation immer bedrohlichere Form an. Thatsächlich liegt einer der Hauptvorteile der amerikanischen Stahl- und Eisenfabrikation ; der europäischen gegenüber, darin, dafs die amerikanischen Arbeitgeber in der Verwertung der besten Maschinen und Arbeitsmethoden un behindert sind und sich nicht, wie ihre euro päischen Kollegen, bezüglichen Vorschriften der Arbeitervereinigungen zu fügen haben. Infolge dessen sind sie auch in der Lage, ihren Ar beitern bessere Löhne zu bezahlen und den euro päischen Industriellen eine Konkurrenz zu machen, die sich immer einschneidender fühl bar macht. In interessanter Weise äufsert sich die Lon doner „Iron and Coal Trade Review“ über die amerikanische Konkurrenz und über die [ Kosten der Roheisen-Produktion in Nordamerika und in Europa wie folgt: Verhältnismäfsig nur wenig Leute sind sich darüber klar, welche grofsen Veränderungen! sich in letzter Zeit in den verschiedenen Län dern bezüglich der Produktionskosten von Roh eisen vollzogen haben. Bisher hatte man an genommen , dafs Grofsbritannien nach dieser Richtung sich besonderer Vorzüge erfreue, und j bis vor einem oder zwei Jahren war das auch der Fall. Soweit die Roheisen-Produktion zu : grofsem Umfange in Betracht kommt, befindet sich Grofsbritannien Europa gegenüber auch heute noch in bevorzugter Stellung. Die Ver hältnisse , welche eine sparsame Roheisen - Er- ■ zeugung bedingen, ändern sich jedoch von Jahr zu Jahr, fast von Monat zu Monat, und will es scheinen, als ob diese Änderungen neuer-, dings nicht mehr zum Vorteil Grofsbritanniens ausfallen. Unsere Hauptkonkurrenten in Europa sind ! Deutschland, Frankreich und Belgien, und pro duzieren wir auch heute noch Roheisen bil liger als diese Länder. Die Erzeugung ist je doch nicht so billig, als sie unter den gewöhn lichen günstigen Bedingungen sein sollte, und sie ist nicht so billig, wie sie im Norden Spa niens stattfindet, während wir von den Ver. Staaten bei weitem überflügelt werden. Den Produzenten im Norden Spaniens kommt der grofse Vorteil zugute, reiche Eisenlager an Ort: und Stelle zu haben. Dafür müssen sie jedoch ihr Heizmaterial zum gröfsten Teil aus Grofs britannien importieren. Neuerdings hat sich diese Situation durch Erschliefsung neuer Kohlenlager im Bilbaodistrikte etwas gebessert. Immerhin zahlen die nordspanischen Produzenten durch schnittlich 21 s für die Tonne Kokes, die in Cleveland (England) nur 13 s 3d und in West falen 14 s an der Hütte kostet. Dafür kommt ihnen die Tonne Roherz durchschnittlich nur auf 12 s zu stehen, während die gleiche Qua lität Erz in Grofsbritannien mit 30 s und in Deutschland und Belgien mit 32 s bezahlt wird. Was die amerikanischen Produzenten an belangt, so haben die in Pittsburg im Preise des Rohmaterials, wegen des weiten und kost spieligen Transportes desselben, keinen Vorzug vor der europäischen Konkurrenz voraus. Trotz-; dem belaufen sich die Kosten für Produktion j einer Tonne Bessemer- oder Hematit-Eisen in Pittsburg nur auf ca. 37 s 6d, gegen 49 s 6d in Grofsbritannien (im Clevelander Distrikte, an der Westseite, stellt sich die Rate noch um mehrere Schillings höher), 52 s 3d in West falen, 53 s in Belgien und 57 s 9d in Frank reich. Dabei ist eine angemessene Durchschnitts-; rate der Arbeitskosten in Betracht gezogen. Im einzelnen stellen sich die durchschnitt lichen Produktionskosten für eine Tonne Bes- semer-Roheisen in den verschiedenen Ländern, auf Grund der laufenden Markt- und Fracht- i mit in Betracht, so ergiebt sich, dafs für bri tische Roheisen-Produzenten, die ihr Rohmate rial im offenen Markte kaufen müssen, bei der zeitigen Raten nur wenig Profit übrig bleibt. Es bleibt abzuwarten, wie erfolgreich Spanien und die Ver. Staaten es fernerhin verstehen werden, ihre natürlichen Vorzüge auszunützen. Beide Länder haben neuerdings ihren Roheisen- Export ansehnlich erhöht, und dürfte es nicht überraschen, wenn ihrerseits in dieser Beziehung von Jahr zu Jahr mehr geschieht. raten, wie folgt: Grofsbrit Deutschland. Belgien. Cleveland. Westfalen. Lüttich. I s. d. X s. d. X s. d. Eisenerz . 1 10 0 1 12 0 1 12 0 Kokes . . 0 13 3 0 14 0 0 14 6 Kalkstein . 0 2 0 0 1 6 0 1 6 Arbeit . . 0 2 9 0 3 0 0 3 6 Sonstiges . 0 1 6 0 1 9 0 1 6 2 9 6 2 12 3 2 13 0 Frankreich. Spanien V. Staaten. Loire. Hilbao. Pittsbnrg. J. 8. d. £ s. d. £ 8. d. : Eisenerz . 1 18 0 0 12 0 1 7 6 ICoke3 . . 0 13 6 1 1 0 0 6 0 ' Kalkstein . 0 1 6 0 1 6 0 1 6 Arbeit . . 0 3 3 0 3 9 0 2 6 Sonstiges . 0 1 6 0 1 6 0 1 0 2 17 9 t 19 9 1 17 6 Obige Ziffern schliefsen Abnützung und Re paraturkosten nicht mit ein, die in der Eisen industrie beträchtlich sind. Zieht man diese Petroleum-Produktion der Welt. |eber die Gewinnung von Petroleum in den verschiedenen Ländern des Erd kreises sind vom englischen Handels amte umfassende Ermittelungen angestellt wor den. Aufser den grofsen Olgebieten der Ver. Staaten und Rufslands wird Petroleum in Ga lizien, Rumänien, Canada, Westindien, Venezuela, Peru, Bolivien, Ecuador, Brasilien, Birma, China, Japan, Sumatra und Java gefunden. Das Zen trum der russischen Naphta-Industrie ist die Halbinsel Apsheron in der Provinz Baku, allwo 98 Prozent des sämtlichen russischen Erdöls ge wonnen werden. Die dortigen Quellen waren bereits im Altertum bekannt, ihre Bearbeitung läfst sich bis zum neunten Jahrhundert unserer Zeitrechnung verfolgen. Bis zum Jahre 1872 war die dortige Petroleum-Produktion ein Kron- Monopol. Erst seitdem dieselbe freigegeben wor den ist, hat sie sich in ungeahnter Weise ent wickelt. Nach dem Berichte des englischen Konsuls in Baku wurden im dortigen Bezirke während des Jahres 1896 6 229 000 Tonnen Naphta zutage gefördert, gegen 6 085431 Tonnen im Jahre 1895, mithin ein Plus von 143 629 Tonnen pro 1896. Die Naphta produzierenden Gebiete in Ga lizien, Java, Sumatra und Peru entwickeln sich langsam aber stetig zu immer gröfserer Bedeu tung. Seither hatte die amerikanische Petroleum. Industrie nur einen ebenbürtigen Rivalen und zwar Rufsland, gegenwärtig hat dieselbe jedoch bereits ernstlich mit der Konkurrenz in den vor- bezeichneten Ländern zu rechnen. Durch die bedeutende Entwickelung der Erdölindustrie in Galizien hat sich bereits eine merkliche Abnahme des Petroleum-Exports von Rufsland und den Ver. Staaten nach Österreich-Ungarn kundge geben. Es ist durchaus nicht unwahrscheinlich, dafs Deutschland demnächst ebenfalls einen nam haften Teil seines Petroleumbedarfs aus Galizien beziehen wird. In deutschen Zeitungen wird be reits der Vorschlag gemacht, die Einfuhrzölle auf mineralische Öle, welche aus den Ver. Staaten und Rufsland bezogen werden, zu erhöhen, das Rohöl aus Galizien zu beziehen und in Deutsch land zu raffinieren. Ganz erstaunlich ist die Zunahme der Erdöl produktion in Java und Sumatra. Das dort ge- 18