Volltext Seite (XML)
459 Gräfcnberger Manier schon tüchtig zugesetzt, so sind die be- duinischen Bäder in Algier dagegen eine wahre Höllen'qual. Ein Franzose, der ein solches Bad brauchte, erzählt davon folgende Einzelnheiten. „Als ich mich," sagte er, „in dem Badclokale befand, das einer gothischen Kapelle glich, und mich entkleidet hatte, nahten sich vier Beduinen, die fortwährend in der entsetzlichen Hitze, welche hier herrschte, zuzubringcn pflegen und dadurch ein Ansehn erhalten, als ob sie die wüthendstcn Leidenschaften ausgedörrt hätten. Einer von ihnen sagte mir, ich möchte mich auf den Rücken legen, und als dich geschehen war, schlug er mich mit den Händen auf allen Stellen des Leibes, um die Haut gelinde zu machen und die Muskeln in freie Bewegung zu bringen. Dabei sang er ein monotones arabisches Lied. Nach geraumer Zeit kam ein zweiter Beduine, und nun theilten sich beide in meinen Kör per und rieben ihn dergestalt, daß ich in Feuer aufzugehcn glaubte. Ich ward gewalkt, als ob ich ein Pakt Wäsche wäre. Unter dieser Manipulation drang mir der Schweiß in Strömen aus den Poren. Darauf zogen die Beduinen Hand schuhe an und setzten ihr grausames Werk fort. Aber es sollte noch schlimmer kommen. Jetzt bemächtigte sich meiner ein riesengroßer Kerl und renkte mir die Gliedmaßen aus wie einem auf der Folter Liegenden. Er ergriff meine Arme und zog sie gewaltsam über die Schulter nach dem Rücken hin unter; mit den Beinen machte er es nicht besser. Ich stand furchtbar aus; zum Ucbcrfluß wurden mir noch die Finger gelenke aus einander gezerrt. Ich lag wie todt, als sich mein Peiniger einen Augenblick entfernte, um Seife zu holen. Nun sing das Frottircn und Scheuern auf's Neue an; endlich ging auch dieser Kelch an mir vorüber und ich ward, was das Beste war, mit lauem Wasser übcrgosscn. Damit endigte die furchtbare Sitzung, worauf ich in das sogenannte Refri- gcrium geführt wurde. Hier stand ein Bett, auf welches ich mich hinstreckte, während mir der Bademeister eine Taffe Kaffee und eine Pfeife brachte. Zuletzt wurde mir noch ein großes Gefäß Limonade vorgcsetzt, die ich trinken mußte. Nach drei Stunden wurde ich entlassen und mußte — billig genug! — einen Fr. 50 C. bezahlen." Conscquenz. Es ist allgemein bekannt, das Rossini seit einer Reihe von Jahren nichts mehr componirt oder wenigstens eine Composition veröffentlicht. Er will seinen einmal erworbenen Ruhm nicht auf's Spiel setzen und bleibt in seinem Borsatze consequent. Bor Kurzem bot ihm der Herzog von Modena die Summe von 17,000 Fr. für eine einaktige Oper. Der Meister lehnte das Anerbieten ab. Zcrstreunng. In dem neu erschienenen Roman Pickwick in der Fremde kommt unter andern ein Zerstreuter vor. So erzählt er z. B. „Heute Morgen trocknete ich mir meine Hände mit der Zeitung, setzte mich dann nieder, um zu lesen, ergriff das Handtuch und merkte meinen Jrrthum erst, als der Kellner mich fragte, ob ich mit dem Lesen fertig wäre, da ein anderer nach der Zeitung verlangt habe. Gestern Abend spielte ich mit einem Freunde Tocadille; ich ließ mir ein Glas Grog kommen, schüttete dann das Getränk auf das Bret und verschluckte die Würfel." An einer andern Stelle: „Bor einigen Monaten starb eine meiner Tanten und hintcr- licß mir ein ziemlich ansehnliches Vermögen. Ich wollte ihr deshalb bei dem Begräbnisse gern alle Ehre erweisen und schickte Karten umher; aber in meiner Zerstreutheit lud ich etwa dreißig Gäste zur „Hochzeitfeier" meiner Tante ein; und sie erschienen deshalb mit weißen Handschuhen und waren Alle sehr heiter. Ich habe mich in meinem Leben nicht so geschämt." 3» H. Miszellen. Blumenbach in Göttingen sammelt seit einiger Zeit alle seit Jahren erschienenen poetischen Ergüsse über die Nachtigall, deren er nur immer habhaft werden kann, um durch die Mehr heit derselben zu ergründen, ob die Gesänge der gefeierten Philomele melancholischen, traurigen oder fröhlichen Inhalts sind. In der Hauptstadt Frankreichs haben 80 Buchdrucker 600 Pressen und beschäftigen 3000 Setzer, Drucker und Corrcc- toren, welche jährlich über zwei Millionen Franken kosten. Eine Druckerei wird im Durchschnitt zu den Werth von 70,000 Franken angeschlagen. Sie verbrauchen jährlich 28,000 Ballen Papier. Ihre sämmtlichen Ausgaben betragen über sieben, die Einnahme über neun Millionen Franken. Papier, Satz und Abdruck eines Bogens, zu 1000 Exemplaren, kostet im Durchschnitt 62 Franken. Die königliche Druckerei, die in dieser Berechnung nicht begriffen ist, hat 80 Pressen und ver braucht jährlich 8000 Ballen Papier. Es ist eigentlich gar kein Wunder, warum wir in dieser Welt uns so unglücklich fühlen. Schon die Mönche des Mittel alters brachten es heraus, daß die vier Buchstaben des Wor tes Welt nichts als W(einen), E(lend), L(eiden) und T(°d) bedeuten. Die Damen in Italien lieben ganz besonders, des Morgens recht lang im Bett zu bleiben. Sie behaupten allgemein, der Morgenschlaf (sormollino <Ie»' oro genannt) sei nicht nur der weiblichen Gesundheit sehr zuträglich, sondern auch zur Con- servirung der Schönheit unumgänglich nöthig. Schauspieler für erste und zweite Liebhaber werden noch jetzt bei allen Theatern engagirt. Es ist aber buchstäblich wahr, daß es einmal in Frankreich eine Zeit gab, wo man erste und zweite Teufel cngagirte. Dicß fällt in die Zeit des Mittelalters, wo es dort noch keine Theater gab, sondern wo man aus öffentlichen Plätzen die sogenannten Mysterien auf führte. Die Darsteller dieser Stücke hießen Fastnachtsbrüder. Die Stücke, die sie gaben, waren frommen Inhalts; man stellte darin Gott, die Heiligen, besonders aber auch Teufel vor. Diese gefielen dem Volke vorzüglich, wegen ihrer rauhen Gestalt, ihrer Schwänze und Hörner, wozu denn noch die zu