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10 Kopfputzes eine rose-ceriss; ihre Haare waren vorn geflochten. Gern verlängerte ich meinen Bericht diesmal, wenn cs der Raum gestattete, in meinem Nächsten Briefe möge das Uebrige und was sonst die Mode Neues gebracht, folgen. Ihre Melanie. Feuilleton. Das neue Winterpalais in Petersburg. Reisende erzählen Wunder von dieser Prachtschöpfung. Es gicbt darin Zimmer, deren Wände aus lauter lugis Isriil! bestehen, und andere, deren Plafonds von Säulen getragen werden, die Malachit-Monolithen sind. Uebcr die Schnelligkeit, mit wel cher dieses Feenschloß in größerer Pracht nach seiner Zerstörung wieder hergestcllt wurde, darf man sich nicht wundern, wenn man hört, daß 20,000 Menschen beständig dabei beschäftigt waren, und zwar bei 30 Grad Hitze, um das Trocknen zu befördern; freilich erkrankten Hunderte dabei, aber sie wurden sofort immer durch Andere ersetzt. Das nennt man auch Poesie. Ein schlesischer Dich terjüngling flötet folgende Verse: Medemus saß als Jüngling Oft in der Laube Grün, Und lockt aus seiner Flöte Der Töne Melodien. Und als er Mann geworden. Da flötet' ihm so süß Ein wunderholdes Mädchen Das Eheparadies. Sie flötete so lange. Sie flötete so schön. Bis er in grauen Haaren Sah alles flöten gehn. Ein Zerstreuter. Jemand — erzählt ein nordameri- sches Blatt oder könnte es wenigstens, nach dem Inhalte der Anekdote, erzählt haben — Jemand also aß in der Zer streuung so lange nicht, bis er die heftigsten Magcnkrämpfe be kam und ließ endlich den Arzt kommen. Als dieser ihn fragte, ob er irgend einen Diätfehler begangen, antwortete er: „Ich glaube, ich habe mir den Magen überfüllt und es wird wohl am besten sein, daß ich eine Zeit lang nichts esse." Glückli cher Weise kannte der Arzt die Zerstreuung des Patienten schon und rettete ihn vom Hungertodc. Der alte Ungar. Ein General unterhielt sich einmal mit einem gefangenen Ungar, der ihm bemerkte, daß er schon unter Maria Theresia Pulver gerochen habe. — „So müssen Sie schon sehr alt sein?" sagte der General. „Ja wohl, ich an die sechzig oder siebzig Jahre." — „Wie, Obrist, Sic sind doch in einem Alter, wo man seine Jahre etwas genauer zählt." — „General," erwicderte der Ungar, „ich zähle mein Geld, meine Hemden und meine Pferde, aber was meine Jahre betrifft, so weiß ich gewiß, daß mir Niemand etwas davon stiehlt." Ibrahim Pascha'S Wein. Man hat Aegypten nie als ein Land des Weins citirt, und Hcrodot sagt, daß es zu seiner Zeit keinen Wein hervorgcbracht habe. Rach den Angaben des De. Bo wring wurden von dem bekannten Ibra hims.Pascha einige Versuche gemacht, den Weinbau einzu führen und man erhielt ziemlich gute Weine. Der weiße Wein ist dem Marsala ähnlich, kommt ihm aber an Qualität nicht gleich, der rothe Wein gleicht sehr dem gewöhnlichen spa nischen. Herr Norris in Philadelphia hat amerikanischen Blättern zufolge von Frankfurt an der Oder eine Bestellung auf fünfzehn Locomotiven, und außerdem zwei auf große Dampfschiffe für Rußland und Spanien erhalten. Ein Wink von Jean Paul. Bei der Lektüre vieler französischer Romane wird man von der Wahrheit des I. Paul'schen Ausspruchs (kleine Bücherschau S. 230.) überzeugt: „Unmoralische Charaktere oder Teufel sind oft nur ein Noth- behelf und Surrogat schlecht dargestellter Engel; der ärmste Dichter bedarf der meisten Teufel und verschreibe sich ihnen, und sic sich." Die grosse königl. Bibliothek zu Paris zählt 450,000 gedruckte Bände, 450,000 Broschüren und Flugschrif ten und 60,000 Handschriften; außerdem besitzt sie 100,000 Medaillen, 6000 geschnittene Steine, 2000 Antiken. Der jährliche Zuwachs besteht im Durchschnitt aus 6000 französi schen und 3000 ausländischen Werken. Eine seltsame Verstümmelung. In einem schwe dischen Romane der neusten Zeit beginnt das erste Capitel mit einem Motto aus Goethe's Faust, und zwar mit den Versen, die der Erdgeist spricht: Du flehst erathmenb mich zu schau» , Meine Stimme zu hören, mein Antlitz zu sehn; Mich neigt dein mächtig Seelenflehn, Da bin ich — u. s. w. Als einfache Unterschrift setzte der Verfasser darunter: deut sches Lied. -- Der deutsche Uebersetzer nun, der die Verse nicht als Gocthe'schc erkannt hat, gab die schwedische Ucbertragung nach eigenem Gutdünken wieder, und zwar auf folgende im Vergleich zu dem Original höchst spashaftc Weise: „Du bittest und du wünschest, du hegest das Verlangen, Su hören meine Stimme, mein Angesicht zu sehn. Ich bin dir gern zu Willen, du rührest mir die Seele, Hier bin ich" — u. s. w. Was kann nicht Alles aus einem Dichter gemacht werden, wenn man ihn ein paarmal hin - und hcrübersetzt. Frauenhandel. In Stourbridge in der englischen Graf schaft Hcreford ist neuerdings der immer seltener werdende Fall vorgekvmmen, daß ein Mann seine Ehefrau verkaufte. Uebri- gens läßt es sich ihm nicht zum Vorwürfe machen, daß er den Werth derselben überschätzt habe, denn er überließ sie dem Käu fer für den Preis von — zwei Schillingen. Wassermangel. In Ancona ist seit fünf Monaten kein Regen gefallen, so daß man jetzt dort fast nur das nothwcn- digste Tränkwasser hat. Die Natur scheint das Wirthschaften verlernt und sich auf eine leichte Seite geworfen zu haben. Während sic in dem einen Lande ihre Verschwendung so weit