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354 Gestern war ich bei Maurice Beauvais; hier kann man die Modencuigkeiten complet finden. Diese Salons gleichen einer Ausstellung. Er sandte eben eine Menge neue Hüte nach — Baden. In Baden ist jetzt ein großes Stück von Paris. Die genannten Hüte waren meist von Stroh, andere von apfelgrünem Sammet, noch allere von schottischem Taffe- tas. Ein sehr schöner Hut von blaueitsiCrep mit einem Spitzen grundschleier und blaßroscnfarbenem Avsputz befand sich auch darunter. ^ Sehr vortheilhaft ist die jetzige Mot^ der Leibchen k eo„- iisses mit ähnlichen Aermeln. Diese Fayon ist zwar nicht recht für korpulente Frauen, wohl aber für solche geeignet, deren Taille sich wenig abzeichnet. Man kann sic sehr für Roben von Organdi und Baröge empfehlen. In dieser Art von Stoffen machen sich glatte Leibchen und Aermel durchaus nicht gut. Delon hat jetzt ganz herrliche Taffetas; die hübschesten, die ich gesehen, waren blau und rosa glacirt, citrongelb und lila glacirt, grau und violet glacirt, u. s. w. Diese Farbenmischungen und die Arbeit machen diese Stoffe zu einer höchst remarquablen Neuigkeit. Man trägt solche Roben gern mit einer schwarzen Spitzenschärpe oder einem gefälbelten Mäntelchen. Beliebt sind auch die Schärpen von schwarzem Mohr mit Spitzen garnirt. Eine allerliebste Neuigkeit, die ich noch anführen muß, sind die Taschentücher von Battist aus chinesischem Ana- . nasbast. Chapron hat sie direct von China erhalten. Der Stoff ist bewundrungswürdig und die Broderien höchst bizarr. Irr' ich nicht, so werden diese Broderien eine Revolution unter den Broderien Hervorbringen. Schließlich will ich noch auf eine neue Art von Hüten aufmerksam machen, die in Aufnahme zu kommen scheint. Sie erhebt sich nämlich hinten leicht ein wenig und beschwert weder Hals noch Schultern, wie sonst die kleinen Hüte. Ein Detail der Verzierungen kann ich nicht geben; die Details müssen die Damen selbst angeben, welche sich etwas machen lassen. Jene neue Form läßt übrigens vermuthen, daß die Hüte sich den Marquisen nähern werden, wie man sie vor fünfzehn Jahren trug. Atien->u»s! Markt des Lebens. Ein Unterschied. In der vorigen Nummer dieses Blatts erwähnten wir bereits, daß die Direktion des könig lichen Theaters in Berlin einen Preis auf das beste Lustspiel gesetzt habe. Der Preis ist 160 Ducaten. Die französische Akademie hat ein Gleiches gcthan, nur mit dem Unterschiede, daß sie für die beste Tragödie oder Komödie (in fünf Acten und Versen) >0,060 Franken bestimmt hat. Der erste Januar 1844 ist der Termin der Ablieferung. Trotz dem schönen Preis ist cs zweifelhaft, ob er Bewerber finden wird; denn er war bereits im Jahre 1831 vergebens ausgesctzt worden. Haar und Grift. Ein französischer Autor macht darauf aufmerksam, wie wichtig für den Geist ein reiches Haar sei, und empfiehlt Allen, die geneigt sind, Kahlköpfe zu werden, dieß nicht blos des äußern Ansehns, sondern auch der geistigen Kraft wegen, sorgfältig durch Tinkturen, Pomaden u. s. w. zu verhindern. Unsere Leser möge entscheiden, ob er Recht hat, wenn er sagt: „Haben Sie bemerkt, daß diejenigen Frauen, welche schöne Haare haben, auch immer die geistreichsten sind? Die Wärme, welche durch diese Hülle dem Gehirn mitgetheilt wird, ist der Entfaltung des Gedankcnlebens am günstigsten. Der schnellere Umlauf der Säfte setzt die Kräfte des Geistes in größere Bewegung. Besonders äußert sich dieser Einfluß am wirksamsten in Betreff der Phantasie. Die Erfahrung hat gelehrt, daß die Gedanken beim Erwachen die besten sind, daß die kühnsten dichterischen Entwürfe im Bett gemacht werden, daß eben daselbst den Philosophen die besten Ideen einkommcn. Das kommt daher, weil der Kopf von der Bettwärme an geregt ist. Die mittägigen Völker sind wegen der größer» Hitze der Temperatur auch deswegen geistreicher, als die nor dischen." Hieran ließen sich manche Bemerkungen und Fragen knüpfen, z. B. ob sich bei Julius Cäsar eine Abnahme der geistigen Kraft offenbar gemacht, seitdem er seine Platte mit dem Lorbeer zu bedecken gezwungen war? Oder, ob Simsons Stärke nicht vielleicht mehr geistig, als körperlich gewesen sei? Deshalb haßten ihn vielleicht die Philister und schnitten ihm das Haar ab, damit er auf keinen guten Gedanken zu seiner Rettung mehr kommen möchte; diese Handlungsweise wäre allerdings im Sinne der Philister begründet. Möglich auch, daß das Sprichwort: „Es ist kein gutes Haar an ihm!" nichts weiter bedeutet, als: „er ist ein Dummkopf!" Die Alten reden viel von den „olympischen Locken Jupiters." Sollten sie damit nicht den göttlichen Genius bezeichnen wollen ? Bekannt ist ferner, daß die Gelehrten in ihrem Arbeitszimmer gewöhnlich ein Käppchen aus dem Haupte tragen. Das leitet zu der Vermuthung, daß ihnen unter solcher Kopfbedeckung das Denken leichter wird. Wie sich die Liebenden gegenseitig Locke» schenken, so soll dieß wohl ein Symbol des innigsten Austausches ihres Gedankenlebens sein. Ein anderes Sprich wort, als das angeführte: „Haare auf den Zähnen haben." Was so viel sagt, als: „den Kopf auf dem rechten Flecke haben." Unter solchen Umständen werden die Friseurs künftig eine noch bedeutendere Rolle spielen, als bisher, und Menschen mit reichen Locken werden ein günstiges Vorurtheil für sich erwecken. Die PreiSvcrtheilungen, welche die französische Aka demie kürzlich vorgencmmcn hat, sind dießmal sehr vielen D a- men zu gut gekommen. Madam von Flavignu erhielt für ihr k-iere <ie I'ensanos oliretienne eine Medaille für 2000 Franken. Madame Luise b Hanhccy eine für >500 Fran ken für ihr Buch: Marianne Aubrn. Eine Medaille von gleichem Werth bekam Fräulein Ulliac de Tremadure für ihr 6sgne-?etit. Eben so bedacht wurde der Roman der Madame Fanny Richomme: lulien. Die Venus llu peupl« von Madame Hippol ite Taunay wurden mik- 1000 Franken, eine neue Ucbersetzung der Mcssiade von Klop- stock durch die Baronesse von Carlowitz mit 2000 Franken belohnt.