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Feuilleton. Dramatiker ans Ungarn. In einem der letzten Blät ter der Zeitung für die elegante Welt waren die unlängst er schienenen bedeutenderen Tragödien: Tököly, von einem Un genannten, Saul von Karl Beck, und Maria von Medicis von Klein besprochen. Ein seltsamer Zufall ist es, daß die drei Verfasser nicht Deutsche, sondern Ungarn sind. Hat es das Schicksal beschlossen, daß die Nachkommen derer, die Hein rich der Finkler vor beinahe einem Jahrtausend schlug, unsere deutsche Nationalbühne begründen sollen? Spekulation. Zu Ende des vierzehnten Jahrhunderts war, wie uns die Limburger Chronik sagt, einmal ein sehr schlechtes Weinjahr. „In diesem Jahre und Zeit," heißt es, „war gewachsen gar sauer Wein, denn der Frost überfiel den Wein an den Stöcken, che er denn reif war." Aus diesem Mißwachs wußte aber der Bischof von Trier, Werner, Nutzen zu ziehen, denn „er kaufte," wie weiter gemeldet wird, „hundert Fuder Weins mit den Fassen vor vierhundert Gul den, das war das Fuder um^bier Gulden. Und der wurde so laüter auf den Hefen, ßaß man ihn trank vor Weihnachten aus den Gläsern." l Bekleidung der englischen Armen. Die wohlhaben den Briten tragen ihre Tuchkleider niemals lange, und ärmere Klassen kleiden sich mehr, als bei uns, in die abgetragenen Kleider der Reicheren, die sie wohlfeil erhalten und oft noch lazige tragen. Man trifft daher England weniger Arme in so zcrlränptei» Kleidern, als in Deutschland. Französischer Wahn. * Man wunderte sich neulich so sehr, daß Jules Janin in Schillcr's französisch bcgrbeiteter Maria Stuart nur eine stümperhafte Nachahmung Shakes- peare's findet. Erzählt und doch Frau von Chezy, daß sie noch in einer der ersten Anstalten zu Paris bei der öffentlichen Prüfung antworten gehört: „Die Deutschen haben einige gute dramatische Stücke, aber es fehlt-noch der Geschmack darin." Ein anderer Schüler nannte gar auf die Frage: „welches die besten Komödiendichter Deutschlands wären?" — „Kotzebue und — Klopstock," ohne daß nur irgend einer der Anwesenden dieß unrichtig gefunden habe. Armuth und Faulheit in Italien. In den südli chen Städten des Kirchenstaates bettelt ein Drittel der Ein wohner. Manche in einigem Wohlstände sich befindende Per sonen kleiden sich dürftig, um gelegentlich betteln zu können. So tief ist der alte Römerstolz gesunken. Der dortige, leider oft sehr ungebildete Reiche betrachtet sich als ein Wesen höherer Art, weil er nicht in Scbmutz und Armuth lebt. Der Arme steht Almosen für eine ihm gebührende Pflicht, übrigens den Müssiggang, wie seine reicheren Mitbürger, für ein Lcbensglück an. Im Winter sieht man starke Menschen, statt zu arbeiten, sich sonnen, und weil sie oft sehr schlechte Nahrung genießen, greift sie leicht das Fieber an, tödtet aber die Kranken erst nach langen Leiden. Alle Fabrikarbeit außer dem Hause be trachtet der Jtaliäncr als eine Art Leibeigenschaft, daher kön nen in Italien schwerlich jemals große Fabriken aufkommc», aber bei der Liebe der Nation für Feld- und Gartenbau, könnte doch ziemlich leicht ein wohlhabender Stand der Ackerbauer gebildet werden. Ehe und Tanz. Ucbcr diese macht ein satvrischcr Autor folgende vergleichende Verse, die er an die Mädchen richtet: „Nein, nein, es ist nickt gut, wenn man zu zeitig freit. Denn man verliert dadurch die schönste Jugendzeit. Wie mit dem Tanzen ist's: gar viele Mädchen sind Kaum aus den Kinderschuh'», so laufen sie wie blind Auf alle Balle schon — was wird am Ende draus ? Nach ein vaar Jährchen löscht das Jugendlämpchen aus. In Ueberfülle ist ertödtet der Genuss, Mit seinen Leiden kommt der träge Ueberdruß; Herzweh, Melancholie, Bleichsucht und Seitenstechen — Früh oder später wird stets die Natur sich rächen. Ihr Mädchen, habt wohl Acht — das ist des Lebens Lauf, Wer spät de» Tanz beginnt, hört spät zu tanzen auf!" Die Pianistin Klara Schumann (Wieck) gab neu lich in Leipzig ihr längst, ersehntes Eoncert (zum Besten des Orchester-Pcnsionfonds) und-entzückte wieder durch ihr höchst bedeutsames Talent, mit welchem sie wohl in eine Linie mit Lißt und Thalbcrg gestellt zu werden verdient. Ihr Spiel war wahrhaft hinreißend. Sie begann mit dem Adagio und Rondo aus dem zweiten Concert von Chopin (I? m»II), nach dem sie vom Publikum mit lan- aushaltcndem Beifallklatschen begrüßt worden war, und schisst,mit,der schwierigen Phantasie über Lhema's aus Rossini's Moses von Thalberg. Außerdem trug sic ein Allegro von ihrem Gatten, Robert Schumann, ein Lied ohne Worte von Mendclsohn, der die Direktion des Orchesters übernommen hatte, und ein Clavicrstück von Scar- lalti vor^ Besonders bei diesem letztern erhielt die Concert- gcherin stürmischen Applaus und wiederholte die Töne des neckischen Geistes, der in der Composition Scarlatti's über die Claviatur springt und der seiner Meisterin gehorcht. Den zweiten Theil des Conccrtcs eröffncte eine Symphonie von Schumann, seine Aste, die er dey.^cffentlichkeit übergiebt und auf die man um so begieriger war. Es wird sich Ge legenheit finden, sic ausführlicher zu loben; hier nur so viel: Diese Symphonie gehört zu dem Bedeutendsten, was in der neuern Zeit geschrieben worden. Acchter Frühlingsklang eines dichterischen Gcmüthes! Die Lieder von ihm: „die Löwen braut" von Chamisso und „Widmung" von Rückcrt hinter- licßen die wohlthuendstc Wirkung. Clara Schumann erfreute uns ebenfalls durch ein von ihr componirtes Lied: „Am Strande" von Burns. Asehrnangclcgcnheit. Bekanntlich soll bald Webcr's Asche von London nach Dresden geschafft werden, wo er lange Zeit die Kapelle des Theaters dirigirte. Unter den Vorschlägen, die seine künftige Ruhestätte betreffen, nennt man auch de» Hügel im Dresdner Palaisgartcn, von welchem man eine herrliche Rundsicht hat, als den Ort, den man zum Grabe des großen Componistcn einweihen solle. Nicht übel! K I»»„ I<- l Die Tracht der Fracks scheint ihrem Ende entgegen zu gehen. Schon während dieses Win ters hat man die Schöße von solcher Breite getragen, daß sie ein Zwittcrding zwischen Rock und Frack machten. Jetzt melden Modcberichtc aus Paris: Die Kleidung für Soireen ist dieselbe geblieben, wie im Winter, nur daß die Frack-