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10 L.. Menschenkunde. den Blick rasch seitwärts, so wird auf dem Weißen Papiere ein grün licher Fleck von der Größe und Form der Oblate erscheinen. Das rote Bild hat die Stelle der Netzhaut, auf die es fiel, für rotes Licht abgestumpft, aber für die übrigen Farbenstrahlen, aus denen das Weiße Licht zusammengesetzt ist, empfindlich gelassen. Wenn weißes Licht auf diese Stelle fällt, so haben die roten Strahlen keine Wirkung, und das Ergebnis des Eindruckes der anderen ist ein grünlicher Schimmer. Diese Thatsache erklärt die Erscheinung der sogenannten Ergänzungs-(Komplementär-)Farben. Hatte die Oblate eine grüne Farbe, so ist das Ergänzungsbild rot. Das eifrige Studium dieser Nachbilder ist jedoch gefährlich für das Auge. Bei manchen Menschen scheint die Netzhaut durch die Strahlen ganz verschiedener Farben oder selbst aller Farben stets in einer und derselben Weise er regt zu werden. Man nennt dies Farben-Blindheit. Den damit Behafteien scheint das Rot der Früchte dieselbe Farbe zu sein wie das Grün der Blätter des Kirschbaumes, oder sie unterscheiden nicht blaue und gelbe Stoffe. Diese Eigen tümlichkeit kann für die allgemeine Sicherheit gefährlich werden, wenn dergleichen Personen Eisenbahnbeamte oder Seeleute sind. Unempfindlichkeit der Netzhaut gegen alle Strahlen ist unheilbare Blindheit und wird schwarzer Star genannt. b) Der Inhalt des Augapfels. 1. Die Kristalllinse (fisns erxstullinu) ist ein vollkommen durch sichtiger Körper von Gestalt einer Linse. Ihre Größe beträgt im Durchmesser beinahe ein Zentimeter, ihre Dicke in der Mitte etwa ein halbes Zentimeter. Ihre Hintere Fläche ist mehr gekrümmt als die vordere. Sie ist in hohem Grade elastisch und wird von einer festen, elastischen, glashellen Haut, der Linsenkapsel, umschlossen und in ihrer Gestalt erhalten. Mit ihrem Rande erreicht die Linse aber nicht die innere Wand der Umhüllungshäute des Augapfels, sondern die ganze Hintere Wand der Linsenkapsel ist in eine tellerförmige Grube des dahinter liegenden Glaskörpers eingefügt; ferner spaltet sich die den Glaskörper umhüllende Helle, starke und elastische Haut (ÜMoiäeu, Glashaut) vorn, ungefähr an der Wurzel der Strahlenfortsätze und des Kreis- oder Ciliarmuskels und sendet eine Haut (das Zinnsche Band, llomüs, Ami), den Linsengürtel, nach der vorderen Wand der Kapsel. Unter gewöhnlichen Umständen ist dieses Band in einem Zustande starker Spannung, und dadurch wird ein Zug auf die Linse aus geübt, durch den ihre vordere Fläche abgeplattet wird. Zieht sich nun der Ciliarmuskel zusammen, so erschlafft der Linsengürtel, und die vordere Fläche der Linse wölbt sich stärker (Einstellung des Auges zum Sehen in der Nähe!). Die in den vor der Linse liegenden beiden Augenkammern befindliche Flüssigkeit, das Augenwasser, sichert nicht nur der Iris und der Linse freie Beweglichkeit, sondern verursacht auch die Wölbung der Hornhaut und hält diese in gehöriger Entfernung von Iris und Linse. Ist es z. B. bei einer Staroperation abge flossen, so legen sich Hornhaut, Iris und Linse aneinander an.