Volltext Seite (XML)
6 ^V. Menschenkunde. ist die Pupille im gesunden Auge stets weiter als beim Blick auf einen sehr nahen Gegenstand. Einträufeln von Belladonna und Hyoscyamusextrakt (bei Untersuchungen und Operationen, sowie von galanten Damen zur gelegentlichen Erhöhung des strahlenden Glanzes ihrer Augen) erweitert das Sehloch ebenfalls so, daß die Iris nur noch als Saum gesehen wird, während der Extrakt der Calabarbohne es verengert. 8. Die Regenbogenhaut ist nun durch ihren Bau dazu ein gerichtet, den Lichtzutritt in das innere Auge in Beziehung auf Menge und Richtung zu regeln. Die Netzhaut kann nämlich, wenn sie eine Empfindung vermitteln soll, weder zu viel noch zu wenig Licht vertragen; und wenn die Lichtstärke des Bildbrennpunktes auf der Netzhaut immer möglichst gleich sein soll, so gehört zu dessen Bildung bei schwächerem Lichte ein Strahlenkegel von größerer Grundfläche und bei stärkerem Lichte ein solcher von kleinerer Grund fläche. Der Photograph befindet sich mit seiner empfindlichen Platte in einem ähnlichen Falle und regelt die Stärke des Lichtzutrittes durch Blenden mit verschiedenem Durchmesser ihrer Öffnung. Das selbe besorgt nun die Iris, indem sie durch die der Ab- und Zu nahme des Lichtes folgende Erweiterung oder Verengerung des Seh lochs gerade nur die zum deutlichen Sehen nötige Lichtmenge auf die Netzhaut fallen läßt. Dabei dient sie zugleich zur Abhaltung jener Strahlen, die auf den Rand der Linse fallen würden und nach ihrem Durchgänge durch die Linse (nach den Gesetzen der sphärischen Abweichung) Undeutlichkeit des Bildes erzeugen müssen. Sie vertritt also im Auge die Stelle des in allen dioptrischen Instrumenten zur Abhaltung der Randstrahlen angebrachten Diaphragmas. ÜL. 1. Die Bewegung der Regenbogenhaut hat ihren Grund nicht in einer ihr selbst innewohnenden Empfindlichkeit gegen das Licht, sondern sie erfolgt nur nach vorausgegangenem Reize der Netzhaut, die ihre Erregung dem Gehirn mit teilt, in dem sie dann auf die Bewegungsnerven (das 3. Hirnnervenpaar) über springt; sie gehört also zu den sogenannten Reflexbewegungen. Beweis: Wenn man ein Auge mit einem beliebigen Schirme, der nahe vor das Ange gehalten wird, beschattet und in dem Schirme ein feines Loch anbringt, durch das ein Licht kegel von kleinerer Grundfläche, als die Öffnung der Pupille, in das Auge fällt, so kann man durch Bewegung des Schirmes diesen Lichtkegel auf verschiedene Punkte des Auges leiten. Läßt man ihn bloß auf die Iris fallen, so bleibt diese un bewegt; wird er aber, ohne die Iris zu treffen, durch das Sehloch auf die Netzhaut geleitet, so zieht sich die Iris augenblicklich zusammen. 88. 2. Tiere, deren Pupille sich außerordentlich erweitern kann (Katzen, Eulen, Nachtschwalben, Lemuren oder Nachtaffen, Kreuzottern rc.) vermögen daher sehr schwaches Licht noch deutlich zu empfinden und sehen in der Dämmerung noch scharf, während uns Menschen die Umgebung fast dunkel, die Formen der einzelnen Gegenstände nicht klar bestimmbar erscheinen. Tiere dagegen, deren Pupille in ge ringerem Grade ihre Größe verändern kann, vermögen in der Dämmerung nicht deutlich zu sehen (Hunde und Pferde sind dann scheu und vorsichtig, namentlich wenn sie sich in einer fremden Gegend befinden), die meisten Vögel suchen mit Ein bruch der Dunkelheit ihren Nachtruheplatz und vermögen in der Nacht anfgestört nicht wie sonst zu entfliehen, sondern flattern ängstlich hin und wieder.