Volltext Seite (XML)
fähigkeit zur Vermittelung von Gesichtswahrnehmungen der blinde Fleck genannt. Der gelbe Fleck ist nur in ganz frischen Augen sichtbar. >Ii. Die feinsten Fäserchen des Sehnerven enden auf der Hinteren Fläche der Netzhaut (gegen die Gefäßhaut hin) als Stäbchen und Zapfen, die dicht neben einander stehen und von schwarz gefärbten Scheiden umgeben werden. Den cylinderförmigen, an Zahl vorherrschenden Stäbchen wird besondere Empfind lichkeit für das Licht (den Grad der Helligkeit) zugeschrieben; die flaschen ähnlichen Zapfen stehen weniger zahlreich in gleichen Abständen zwischen ihnen und dienen wahrscheinlich der Unterscheidung der Farben (sie fehlen nächt lichen Tieren, Maulwurf, Eulen und Nachtschwalben). Im gelben Fleck finden sich nur Zapfen, aber außerordentlich fein und dicht gedrängt. Dagegen fehlen beide, Zapfen und Stäbchen, im blinden Fleck. Die Stäbchen stoßen mit ihren freien Enden an eine Zellschicht, die einen schnell ausbleichenden Farbstoff, den Sehpurpur, erzeugt. Dieser wird aber nach seiner Zerstörung durch das Licht im Dunkeln von den Zellen immer wieder neu gebildet. Die in dem Sehpurpur fortwährend durch das Licht hervorgebrachten chemischen Veränderungen scheinen die Erregungen in den Enden des Sehnerven (den Stäbchen und Zapfen) hervorzurufen. Darum ist das Auge ein chemischer Sinn. Die sogenannte Farbenblindheit (Rot-, Blau-, Grünblindheit, s. u.!) soll ihren Grund in Zapfenfehlern haben. 11. Die Netzhaut besitzt das Vermögen, die Schwingungen des Äthers, die das Wesen des Lichtes ausmachen, in einen Reiz für die Fasern des Sehnerven umzuwandeln, die dann wieder die Fähigkeit haben, durch ihre Erregung im Gehirne die Empfindung von Licht zu erwecken. Die Lichtempfindung ist also das Werk des Gehirnes und nicht der Netzhaut; denn auch jeder andere auf den Sehnerven aus geübte Reiz (elektrischer Strom, Erschütterung durch Schlag, Druck rc.) erregt Lichtempfindungen (kbosxbsns). Das Licht, welches auf den Sehnerven selbst fällt, kann ihn nicht erregen; diese Fasern sind an und für sich ebenso blind wie jeder andere Körperteil, darum ist auch seine Eintrittsstelle in die Netzhaut (der sogenannte blinde Fleck) unempfindlich gegen das Licht. 12. Die große Ausdehnung der Netzhaut giebt dem Auge das große Gesichtsfeld. Die Deutlichkeit des Sehens nimmt aber für alle auf die Netzhaut geworfenen Bilder in dem Maße ab, als sie sich von dem Mittelpunkte der Hinteren Wand, dem sogenannten gelben Fleck, entfernen und dem vorderen Rande näher zu liegen kommen. Daß am gelben Fleck der Netzhaut das schärfste und deutlichste Sehen stattfindet, beweist die Unmöglichkeit, eine auf einen sehr kleinen Umfang zusammengedrängte Schrift (ein Vaterunser in einem Ringe) ohne Hilfsmittel zu lesen. Die beschriebene Fläche erscheint uns wie fein bespritzt oder gleichförmig grau, und wir unter scheiden die einzelnen Buchstaben erst, wenn wir, von einem zum andern, dem Auge solche Stellungen geben, daß das Bildchen jedes einzelnen Buchstaben gerade auf diesen empfindlichsten Punkt der Netzhaut fällt. Ein vor uns liegendes aufgeschlagenes Buch bildet alle seine Worte im Auge ab, wir sehen jedoch nur jene Worte deutlich, deren Bild eben auf den Mittel punkt der Netzhaut fällt. Darum müssen wir beim Lesen den Worten mit den Augen folgen. Ebenso weiß jedermann, daß man in einem Wagen,