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aus der späteren Zeit. Und auch jene Schöpfungen der letzten Periode sind weniger Beweise, daß seine Kunst nur eine kleine und unbedeutende war, sondern sind als aus der Zeit geboren zu betrachten. Ein Künstler, der im Rokoko noch auswuchs und mit Rokokobildern seinen Namen machte, konnte dem Stilwandel des Klassizismus nur dann völlig gerecht werden, wenn er ein ganz großer war. Schenau war dies nicht möglich. Aber auch ein Künstler zweiten und dritten Ranges verdient die Beachtung und kunsthistorische Würdigung im Rahmen seiner Zeit, in erster Linie dann, wenn er dem deutschen 18. Jahrhundert an gehört. Für die sächsische Kunstgeschichte des 18. Jahrhunderts bedeuten die Akademien Dresden und Leipzig Mittelpunkte, von denen manche, heute mit Unrecht noch fast vergessene Künst ler ausgingen. Schenau, als einer der ersten deutschen Pro fessoren an der neugegründeten Dresdner Akademie, hat beson ders als Lehrer tüchtiges geleistet. Manchem armen Groß schönauer (Musterzeichner, der sein Schüler war, hat er fort geholfen. Auch für die (Meißner Manufaktur hat er viele zier liche Entwürfe geliefert, und in einer großen Zahl von Bü chern des ausgehenden 18. Jahrhunderts finden wir Kupfer nach ihm. Daß man ihn bisher wenig kannte, lag außerdem in der Seltenheit seiner Bilder. Als er 1806 unverheiratet starb, befanden sich in seinem Nachlaß noch eine (Menge Gemälde seiner Hand. Die erbte sein Neffe Gottlob Friedrich, dem es nicht gelang, in den folgenden, für Sachsens Geschicke trost losen Jahren nur einige zu verkaufen. Erst 1814 sollen sie ver äußert worden sein. Sachsen stand damals unter russischem Gouvernement, und man geht wohl kaum in der Annahme fehl, daß die Mehrzahl davon nach Rußland kam. Ebenso sind die Bilder seiner pariser Zeit größtenteils verschollen. Da sie vermutlich, wie mich die meisten aus anderen Jahren, unsig- niert sind, wird man bei vielen ihren Schöpfer nicht kennen. Vielleicht gehen sie gar unter dem Namen anderer, bedeutende rer Künstler. So ergibt sich denn heute leider die Tatsache, daß bei etwa 150 irgendwo erwähnten Bildern nur von 30— 40 die Besitzer festgestellt werden konnten. Aber sie bilden doch neben den Stichen immerhin eine Basis, auf der sich die kunst historische Würdigung Gchenau's aufbauen konnte. (Vieles von dem bisher Gesagten, bes. die kunsthistorische Würdigung Schenau's, ist entnommen der Arbeit des Schenau-Forschers Dr. Werner Schmidt in Heidelberg, der in einem früheren Jahrgang dieser Zeitschrift über Schenau berichtet hat.) Für unsere Heimatgemeinde hat aber Schenau nicht bloß als beachtenswerter Künstler große Bedeutung gehabt. Auch als Mansch und Christ steht er vorbildlich da. Er hat es nie mals vergessen, wie einst gute (Menschen sich seiner, des armen Webcrjungen, liebevoll angenommen hatten, und hat diese Liebe mit Zins und Zinseszins in seinem späteren Leben zn- rückgezahlr. Wie har er sich nm seine, meist armen Schüler, unter denen auch manche Großschönauer (Musterzeichner sich befanden, gekümmert und ihnen weiter geholfen, wie hat er seine armen Geschwister versorgt über seinen Tod hinaus. Aber die größte (Wohltat hat er doch, wie die Überlieferung berich tet, seiner Heimatgemeinde dadurch erwiesen, daß durch seinen Einfluß beim Kurfürsten nach einer großen Hungersnot 1772 die Hofefelder des Rittergutes 1777 au die armen Häusler und Damastweber verteilt wurden. Auch soll er, der beim Kur fürsten einen sehr guten Stand hatte, eS durch seine Fürsprache erreicht haben, daß die Damastweber vom (Militärdienst be freit wurden. So hat er unendlich viel Gutes gewirkt zum Segen anderer, und das alles, weil er nicht nur ein guter (Mensch, sondern auch ein rechter Ehrist war. Wenige (Mo nate vor seinem Heimgang hat er eine Zeichnung, wahrschein lich den Entwurf zu einem Altarbild, geschaffen, die uns leider verloren gegangen ist in den unruhigen Kriegszeiten nach seinem Tode, deren Beschreibung aber auf einem uns noch erhaltenen vergilbten Blatte wie sein Schwanengcsang klingt. Diese „Allegorie, erfunden und gezeichnet in der Charwoche 1806 von Schenau," gibt den Gedanken wieder: „Jesus Christus der (Mittelpunkt und das Ziel aller Weltgeschichte." Auf diesem Grunde stand er am Schluß seines bewegten Lebens. 5elbltbilcknir von 5«ken«u (Ougins! im Keumbbolr-b/luleum) Am 23. August 1806 starb er nach kurzer Krankheit. Er wurde auf dem Dresdner Johannisfriedhof beerdigt und, als im Jahre 1854 dieser Friedhof säkularifiert wurde, wurden seine sterblichen Überreste nach dem Großschönauer Friedhof übcrgeführt. Dort ruheu sie im Schatten der Kirche, in der das Bild des Auferstandenen von seiner Hand den Altar ziert. Eine Sandsteinsäule auf dem Grabe, die vom Dresdner Grabe mit nach Großschönau gebracht wurde, trägt u. a. die Inschrift - Was in hohen Idealen Dich hier oft entzückt, Hast Du jetzt zu tausend malen Schöner noch erblickt. Nach Vollendung war Dein Streben, Sie ist nunmehr Dein: Denn unsterblich, wie Dein Leben, Wird Dein Name sein. R. Krohn, Pfarrer i. R.