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kett war. Denn er malte gern um alles in der Welt. Des Pfarrers Waise Mathildchen sah ihn oft, wie er auf die Dörfer hinausschlenderte, sich ins Gras warf, Papier und Stift, die er immer bei sich trug, hervorzog, und Blumen, Hirten und Häuser malte. Mvdelltücher zum Besticken, Transparente für Geburtstagsfeiern, Stammbuchblätter, Grabkreuze, Kirchenplatznummeru und Neujahrswunsch bogen malte er. Der Krieg bringt Kosaken ins Städtchen. Gr ist nm die fremden Gestalten herum, freut sich über die blanken Knöpfe, die sie schenken, und über ihre Pferde, die er besteigen darf. Ein Kosakenunteröffizter kommt ins Quartier bei Rietschels. „Bleib stehen!" ruft der Junge ihm zu. Der Krieger versteht einen Spaß, hält still und nicht lange darauf übergibt er ihm sein Konterfei. Der Soldat steckt das Aquarell ein und gibt dem Jungen einen Silber ling. Als ABC-Schütze malt er seinen Mitschülern die Tafeln voll Soldaten. Ein Bärenführer kommt durchs Städtchen) Rietschel malt sie. Wo er nur ein Bildchen auf treiben konnte, das wurde kopiert. Leider gab es wenige Bilder nur. Denn jedes kostete sechs Pfennige, und soviel könnte der arme Bater nicht oft für den Knaben ausgeben. In den Abendstunden schlich er zu Pfarrer Bachmann hin über, der ihm ans dem Robinson vorlas, oder zum Dia kon, der ihn im Klavierspiel und im Latein unterwies. Die schönste aller Freuden aber brachte das Weihnachtsfest. Da suchte der Vater, der dem Knaben gern eine Freude machte, ein altes Weihnachtsverzeichnis von Büchern her vor. Die Titel wurden gelesen, Md wenn der Titel „mit sauber illuminierte» Kupfern" angetüudigi war, sagte der stille Mann: „Sieh, Ernst, wenn wir das kaufen könnten!" „Daß es dem Vater nicht einfallen konnte, eine» solchen Wunsch ausführen zn wollen," schrieb Rietschel später, „wußte ich wie er, denn nach dem Durchlesen wurde das Verzeichnis wieder hingelegt, aber es war eine glückliche halbe Stunde für beide gewesen, daß wir hätten denken können, wie es sein möchte, wenn dies oder jenes Buch wirklich unser Hütte werden können." O ja, was Not und Entbehren heißt, Rietschel wußte es. Man denke nur: Als er acht Jahre alt war, hörten die Weihnachtsbescherungen auf! Und doch hingen die Eltern an dem alten Häuschen, unter dessen Dach sie vierzig Jahre viel Leid und wenige Freude erlebt hatten. Und als Rietschel später ihnen ein gastlicher Dach in der großen Stadt schaffen wollte, da mochten sie nicht wegziehen von ihrem über alles geliebten Pulsnitz. Das ist die Rietschclstadt! Still, friedlich liegt sie ab seits im Lausitzer Land. Voll Kleinstadtbeschaulichkeit lebte sie ihre Jahre. Wer immer aber einmal dort gewesen ist, der ist des Lobes voll über das Städtchen. Und mit Niet- schel wird er gern bekennen: „Gestern waren wir in Puls nitz, eine herzstärkende Erholung! Otto Flösset. Dr yelll'g Dovd Non Dudolf Gärtner- Hellerau An Betts leit 's Liesl schwach und moatt. Mit buchrutn Dackn. a Schweeps geboadt. De Gogn, dis sunst su blitzeblank, Stiehrn durch 's Fanstr, miede und krank. And Hinte, hint is hell'g Gobd! 'n ganzn Dag hoht's schunt geschneit. Wie weiße Lemmd dr Goahrtn le't, And oalls Aaunstachetl Hoann Mühl uhf'm Hsetl. And woas ös Gassl kömmt avür, Doas trätt woas a Körbm. hoht woas a Doabier — Denn Hinte, hint!s hell'g Gobd! And 's Liesl denkt, wie's vern Juhrs woar. Doo woarsche gesund und dr Himml kloar, Do ssnn ss, wie de Gloackn kloang, Aor Kirchs a de Christnacht gang. 6s trüg a Lichtl a dr Hand And hinne wllhrdes oagebrannt. And mit an Wachsklecks macht msrsch oa^ Doch stuhpn durst ees baleibs nö droa! And zahlst«, wisvill Lichtl brerln, Wept's wisvill Kindr hinne ssnn. And gripr, vill gripr oas drheeme, Staun' doo vern Älter zwä Toannbseme. Ahs an jedn branntn dreipg weiße Karzl — Abc de Nüsse fahltn, de Dingi und HarzII Doas eene Lichtl doas hoatle geflackert And a Aweigl roochle und hoht schunt geknacksrt! And wenn dr Körchvoater hie nö gerannt, Do halte dr ganze Doom gebrannt! Woas o ock eemo boajsiert an Juhr, Dr Kantr, ubm uhf'm Chur, Dar lies) a dr Argl 's Lnglspisl kling, And dr Starn uhf dr Argl, dar dräht'ch öm a Ding, Denn hinle, hint woar ju hell'g Gobd! And weltr vern Churs kloang Lied uhf Lied, De Purköcche") nundr, vorn Schiff a de Hieht. And 's Liesl hoht's Guschl o rund gemacht And hoat goar laut gesungn, Goar Halle hoht's geklungn: „Ihr Kinderlein kommet" und „Stills Naacht". Liesl's Stirne is su Heep, Mollr troigt'r oab'n Schweep. Liesls Godn gilt su schwär. Wenn ock hint nö Lhröstnaacht wär l Noa'n Duhfchs zu ziehn, a schwoarzn Gswimml, Daujnd krächznds Kroh'n") an Himml. Doo — ver dr Kirche har kömmt Gsbimml — Lhröstnaacht, hell'gr Gobd Ss ju! Dausnd Starns leiern und blinkn, Dausnd Starns finkln und winkn. N langn Auge, a lichtn Gswimml, Aiehn oausnd wsipe Engl vern Himml And Liesls Bette ös ihr Aiel — And ihr Hoarfm klingt wie's Lnglspisl! And dausnd locknde Engl singn: „Ihr Kinderlein kommet . .." und „Stills Nacht ..." And 's Liesl, doas ging und is nömieh dorwaacht. ') Empore. — Krähen. Iuqendermnerunqen an ein altes Arippel Von F. R. Ein Weihnachten ohne Krippel? Nein, das habe ich von Jugend auf nicht anders gekannt. Ein Krippel mußte sein. Zwar war unsere Hauskrippe nicht groß, aber wenn es ans Aufbancn ging, dann waren wir mit Leib und Seele dabei. Doch davon ein andermal. Sobald die „Krippelzeit" nahte, dann gingen wir — Heinz, Theo und ich — hinüber ins Nachbardörfcl zum Krippeljohaun. Seine Krippe ge noß in der Gegend ein großes Ansehen. Aber nicht wegen seiner Größe hat diese Krippe einen so nachhaltigen Ein druck ans mich gemacht. Es gab größere und wohl auch schönere. Es hatte auch keine beweglichen Figuren. Was auch andere Jungen fesselte, das war der Erbauer selbst, der alte Johann oder wie er hieß. Das war ein gar knur riger Alter. Außer der Krippelzeit machten wir Jungen lieber einen Bogen um ihn. Er verstand keinen Spaß mit uns „Karlen" und war sehr mißtrauisch. Wir haben manchen derben Hieb und gut gezielte Backpfeife abbekommen, wenn wir uns vergaßen, ihn einmal kopierten oder seinem „gel ben Marunkcnbaum" einen Besuch abstatteten. Kam aber die Krippelzeit, so war er ein anderer. Wen er von den „Karlen" leiden mochte, durfte ihm bei den Vorarbeiten zum Krippel mit helfen. Nur zwei oder drei genossen diese Vergünstigung. Es gab nur kurze, barsche Befehle, die kei nen Widerspruch duldete». Hasten konnte er nicht. „Es geht alles seinen Gang", war sein Wahlspruch. Bedächtig nahm