Volltext Seite (XML)
gelegenheit der Erbverbrüderung mit unseren Vettern von Habsburg haben wir schon gestern auf dem Wege genug sam erörtert) ich freue mich, daß Ihr einverstanden seid. Dieser Tage werben meine fünf Oberlausitzer Städte dem Herzog Rudolf huldigen für den Fall, daß ich und meine Kinder früher sterben. Auch darüber seid Ihr unterrichtet, daß ich meiner Stadt Zittau die Landvogtei und die Bur gen Karlsfrieö und Oybin überlassen will samt den Zöllen in der Stadt und auf dem Paß von Gabel, wofür sie mir künftig im Jahre 300 Schock in meine Kammer zu liefern haben. Der Weg von Prag dahin ist weit und lästig, so mögen sie selbst für den Landfrieden in ihren Bergen sor gen. Darüber und mancherlei anderes sind die Briefe schon gemacht und ins Reine geschrieben." Er zog an der Schnüre einer Schelle und befahl dem eintretenden Diener: „Der Schreiber mit den Briefen soll kommen." Alsbald erschien im Klerikergewand der Kanzler — es war ein gewisser Rudolf von Friedberg — und bereitete auf einem großen Tisch eine Menge Pergamente aus. „Lest in Kürze, was der Inhalt ist, damit der ehrwürdige Vater unterrichtet sei," hieß in Karl. Der Schreiber beeilte sich, die kurzen Inhaltsangaben vorzutragen, die außen auf den Urkunden standen, indem er nur hie und da noch ein erläuterndes Wort hinzufügte. Es waren außer der schon erwähnten Urkunde für Zittau und einer für Budissin, worin Karl versprach, diese seine Stadt niemals von der Krone Böhmen zu trennen oder zu verkaufen, Verbriefungen für allerhand Städte im Westen, wie Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen, für die Wetterau und das Elsaß. Auch wurden einige mit dem König lange verfeindete Fürsten, wie der Herzog Wilhelm von Lüneburg, aus der Acht befreit. Den Kamenzern wurde bestätigt, daß sie künftig aus der Verpfändung an die Edlen Herren von Kamenz gelöst sein sollten. — Karl hatte die Stadt nach damals nicht seltenem Brauche das Jahr vor her in Geldverlegenheit verpfändet. — 200 Schock mußten sie für die Lösung dem Kaiser jetzt zahlen. Der Erzbischof hatte wenig zu allen diesen Rechtshand lungen zu sagen und gab kurz sein Einverständnis zu er kennen. Etwas länger mußte man am Schluß bei einem Streit zwischen der Bürgerschaft und dem Domkapitel verweilen, worin die Entscheidung des Lanbesherrn angerufen worden war. Der Streit betraf in erster Linie die domstiftliche Schule, die einzige der Stadt, auf deren Leitung die Bür ger einigen Einfluß gewinnen wollten. Der König hatte die Untersuchung dem Bischof Johannes von Olmütz und dem Burggraf Burkhard von Magdeburg überlassen und diese hatten einen Vergleich zustande gebracht, wonach ein Verwalter der Schulleitung zwar vom Stifte ernannt wer den sollte, dem von altersher diese zustand, dieser aber gleich geeignet für die Kirche, wie die Erziehung der Schüler sein sollte und daß die Schüler nur zu bestimmten kirchlichen Leistungen herangezogen werden sollten. Ferner wurden Bestimmungen darüber getroffen, wie weit die Bürger schaft auf der einen Seite, das Kapitel auf der anderen die Lasten für Instandhaltung der Kirchen, Schulräume, Fried höfe usw. tragen sollte. Es war ein langes Schriftstück, das so zustande gekommen war und es gab Anlaß für den König und den Erzbischof, ihre Meinungen über die neuen Forderungen auszutauschen, die von dem berühmten Franz Petrarcha und anderen großen Freunden des Altertums in Bezug auf eine bessere Vertiefung in die Dichter und Deuker des Altertums und ihre Sprache erhoben wurden. Bei der Besprechung der letzten Angelegenheit waren der Dekan Herr Niclas und der Bürgermeister Hannus Pretsch witz mit geladen worden. Als der Entwurf des Vertrags verlesen war, wollte Karl die Herren in Gnaden entlassen, bemerkte aber, daß sie noch etwas auf dem Herzen hatten, und fragte leutselig, was es wäre. „Verzeihen Ew. Majestät, wenn wir untertänigst Euch und den ehrwürdigen Herrn Erzbischof noch um einen Rat bitten. Es ist hier eine Frau in Bautzen —" begann der Bürgermeister etwas zögernd. „So, kommt auch einmal ein edel Weib ins Spiel," lachte der König gutgelaunt, „zur Abwechslung gefällt mir das, denn was wir sonst mehr verhandelt, war reichlich trocken. Also erzählt, Herr Hannus, von Eurer Fraun." „Eine vornehme und reiche Frau lebt hier, aus dem edeln Geschlecht der Königsbrück, namens Agathe. Das Volk nennt sie „die schöne Agathe". Man muß es ihr lassen, sie hat mit ihrem irdischen Gut viel für die Armen und Siechen getan, namentlich auch dem Rat bei der Einrichtung des Spitals für die Aussätzigen wacker zur Seite gestanden. Lange Zeit war ihr Lebenswandel untadelig rein und wir glaubten, sie werde in die Gemeinschaft der Mariensterner Jungfrauen eintreten. Aber dann ist sie doch den Verfüh rungen des Satans unterlegen und hat schweren Anstoß durch eine Liebesgeschichte gegeben. Es war da hier ein Herr von Köpperitz, der in der Nähe seine Güter hat, der hatte ein Weib, das bald nach der Hochzeit in schweres Siechtum des Leibes und Geistes verfiel, so daß der Mann wohl zu beklagen war, da er in dieser Ehe keine Befriedigung finden konnte. Er suchte des halb oft in der Stadt bei Gefreundeten und Zechkumpanen seine Unterhaltung. Dabei lernte er die Agathe kennen und wurde bald von heftiger Leidenschaft zu ihr erfaßt. Die Frau widerstand auf die Dauer seinen Lockungen und Lie besschwüren nicht, bald war es ein offenes Geheimnis und ein großes Skandalum in der Stadt, daß sie verbotenen Umgang mit dem von Köpperitz pflog. Doch dauerte es nicht lange, da kam die himmlische Strafe über sie,- vor nicht langer Zeit starb der Verführer eines plötzlichen Todes) er stürzte auf der Jagd mit dem Roß und brach den Hals. Die Ehebrecherin hätte nun vor Gericht gehört —" „Bor das unsere," unterbrach der Dekan heftig, „denn unser ist das Gericht in Ehesachen. Aber sie hat fttrnehme und mächtige Fürsprecher in ihren Verwandten, so im Rat, wie selbst im Kapitel, ich sage es mit Schmerz und Un willen) man machte allerhand Ausflüchte und bemäntelte ihr Vergehen) sie kam mit geringer Kirchenbuße, so ihr im Beichtstuhl auferlegt wurde, davon." „In der Bürgerschaft," fuhr das Stadtoberhaupt fort, „fordern viele, daß sie, wo nicht an den Pranger gestellt, doch aus der Stadt verwiesen werde. Andere aber treten für sie ein, da sie, wie ich schon sagte, sich mancherlei Ver dienst um die Stadt erworben, und nun ihren schönen Hof am Burglehn der Stadt zu frommen Zwecken überlassen will, als ein Asylum für Kranke und Schwache, die sie selbst mit einer Anzahl Betschwestern verpflegen will auf eigene Kosten." „Betschwestern, so man auch Beghtnen nennt," sagte der Erzbischof, der aufmerksam zugehört hatte. „Ew. Majestät wissen, daß sie nicht unbedenklich sind. Der heilige Vater Clemens hat ihren Orden wegen Verdachts der Ketzerei vor etwa 30 Jahren in der Bullectro Nostrum verboten, später aber hat sie Papst Johann wieder zugelassen, und wir haben deren ja in Prag und anderen Städten, und zu meist führen sie einen stillen und frommen Lebenswandel und pflegen die Kranken und Gebrechlichen. — Habt Ihr deren auch schon bis jetzt in Budissin gehabt?" wandte er sich an den Bürgermeister. „Es waren vor dem päpstlichen Verbot etliche hier, mutzten aber dann weichen. Die Mehrzahl der Bürgerschaft würde es nicht ungern sehen, wenn sie wieder einen Hof hier hätten. Ob es aber angemessen und der Kirche nicht anstößig, wenn eine so mit Makel behaftete Frau an die Spitze tritt, darüber möchten wir gern die Meinung der hohen Herren hören."