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Nr. 1 Gbsrlauflhev Helmatzettung 3 ab. Dieser Brief war gewissermaßen der letzte Wille des Vaters, wenige Tage darauf starb dieser. Nach zweieinhalb jähriger Studienzeit kam Lessing an das Berliner Stadt gericht. Er trat damit — am 28. Juni 1850 — sein erstes öffentliches Amt an. Das Glück wvllte es, daß Carl Robert Lessing seine grüßten Erfolge auf anderem Gebiete als in seinem Be rufe finden sollte. Er hatte in Berlin einen Onkel: Chri stian Friedrich Lessing. Dies war ein wohlhabender Mann, Inhaber der Vossischen Zeitung. Schon als Gymnasiast be suchte ihn Carl Robert Lessing des öfteren. Während der Ferien konnte er nicht nach Wartenberg fahren, der Weg war zu weit. Daher verbrachte er seine Ferien bei dem Berliner Onkel. Dort verlebte er fröhliche Tage. Weih nachten erhielt er stets als Geschenk drei Friedrichsdor. Noch enger wurden seine Beziehungen zu „Onkel Fritz" während seiner Berliner Studenten- und Militärzett. Da mals wohnte er in dessen Billa im Tiergarten. Am 31. Ok tober 1880 starb Christian Friedrich Lessing. Als das Testa ment eröffnet wurde, war Carl Robert Lessing Haupterbe. Das bedeutete, daß er neben einem stattlichen Vermögen die Hälfte der Vossischen Zeitung und die ganze Lessingsche Druckerei erhielt. Über Nacht war er zu einem wohlhaben den Manne geworden, eine gesicherte, glänzende Laufbahn wurde ihm in den Schoß geworfen. Die Erbschaft kam ihm völlig überraschend. Nie hatte der Onkel vorher etwas da von verraten, auch nicht andeutungsweise. Nunmehr konnte Carl Robert Lessing auch daran denken, sich einen eigenen Hausstand zu gründen. Seine Wahl fiel auf Emma von Gelbke, die jüngste Tochter des Oberstleutnants von Gelbke, der den Übergang über die Beresina mitgemacht. Da der Vater später am Hofe Carl Augusts in Weimar lebte, hatte er auch Beziehungen zu Goethe. Seine Töchter hatten viel im Hause Ottilie von Goe thes verkehrt, daher kam es, daß Alma von Goethe und Wal ther und Wolfgang von Goethe auch später noch oft bei Carl Robert Lessing zu Gaste waren. Das zeigt ganz das glänzende Haus, das dieser zu führen sich erlauben durfte. Auch Graf Leopold Scdlnitzky, der frühere Fürstbischof von Breslau und spätere Geheime Rat, Alexander von Hum boldt und Christian Ranch gehörten zu seinem Bekannten kreise. Vorübergehend kam er auch mit Friedrich König, dem jüngsten Sohn Eva Lessings, zusammen, der im Hause Gotthold Ephraim Lessing erzogen war. Blendend war das Haus eingerichtet und Glück und Wohlbehagen waren dort zu Hause. Doch fehlte es auch an Schicksalsschlägen nicht. Drei seiner Kinder entriß ihm der Tod. An einer tückischen Krankheit starb eine Tochter im Alter von 4 Jahren. Dann starb sein Sohn Carl, der die Kämpfe 1870-71 mitgemacht hatte und Referendar am Oberappellationsgericht in Frank furt a. d. O. war. Ihn hatte der Vater zu seinem Nach folger in der Vossischen Zeitung ausersehen, mit ihm san ken seine schönsten Hoffnungen ins Grab. Zwei Jahre später holte der Tod auch den jüngsten Sohn Alfred nach. Am 25. November 1895 starb ihm seine Lebensgefährtin, mit der er 24 Jahre Glück und Leid geteilt hatte. Nun wurde es einsam um ihn herum. Aber noch als Zweiund achtzigjähriger erschien er in der Vossischen Zeitung regel mäßig, um nach dem Rechten zu sehen. An die 60 Jahre hat er sie geleitet. Groß sind seine Verdienste um die Lessings, insbeson dere um Gotthold Ephraim Lessing. Sein reiches Vermögen ließ ihn eine literarisch hochwertige Sammlertättgkeit ent falten. Er hatte sich zur Aufgabe gemacht, alles, was in Schrift, Druck und Bild zu dem Dichter irgendwie Be ziehungen hatte, zu sammeln. Ein halbes Jahrhundert hat er sich dieser ebenso schwierigen und kostspieligen wie dank baren Aufgabe gewidmet und sein Haus zu einem wahren Lessingmuseum ausgestaltet. Aus einer Autograxhensamm- lung erwarb er die Handschrift der „Minna von Barn helm", das „Laokoon", dazu über 70 Briefe Gotthold Ephraim Lessings, endlich viele wertvolle Porträts vom Dichter, darunter das von Grasf. Aber er hat all dies nicht engherzig in Schränken verwahrt, sondern ihm ist es in erster Reihe zu danken, daß Lessings Briefe gedruckt er schienen. Wertvolle Prachtausgaben Lessingscher Werke hat er erscheinen lassen, und auch sonst hat er sich um das Ge dächtnis des großen Dichters wertvolle Verdienste er worben. L. S. Allerlei Historisches und Unhistorisches vom Taschentuch „Auf Laubans Wiesen liegt im heißen Sommer Schnee, Hier liegt das Leinentuch, gebreitet wie ein See. Zum Abschied winkt sein Tüchleiu fern und nah, Und nur zu Laubans Wohl ist jeder Schnupfen da!" So stand einst in zierlichem Aufdruck auf den 50-Pfennig- Nvtgeldscheinen der schlesischen Taschentuchstadt Lauban zu lesen. Hat man doch deshalb, und nicht mit Unrecht, meine Heimatstadt „das schlesische Bielefeld" genannt. Nicht zahl los, wohl aber recht zahlreich sind die Taschentuchgeschäfte. Wohl der zweite Arbeiter oder die zweite Arbeiterin Lau bans ist in irgendwelcher Eigenschaft in einer dieser Taschentuchindustrien beschäftigt. An der Laubaner Taschen tuchindustrie hängt „Brot und Lohn" vieler. Hier liegen in geräumigen Häusern die Schreibstuben der Weltversandt geschäfte. Dort senden hohe Schornsteine ihre Rauchschwa den als die Krafterzeuger großer Taschentuchwebereien in die Luft. In manchen Häusern, den Taschentuchfabrikanten gehörig, surren und rattern die Hohlsaumnähmaschinen vom frühen Morgen bis zum Ende des Achtstundentages. Als Heimindustrie werden von Hunderten fleißiger Hände die Taschentücher gesäumt oder auf kunstvoll konstruierten Maschinen mit farbigen Monogrammen bestickt. Die Taschentücher selbst kommen in der verschieden artigsten Form und Fassung in den Handel. Auf den Stotz karren, die von den Lehrlingen und Angestellten allabend lich zum Postamt geschoben werden, liegen in brauner Packung, welche die Laubaner Kartonagenfabrikatton liefert, reinleinene Taschentücher von blendender Weise neben sol chen, die aus Baumwollgewebe hergestellt sind. Als Aristo kraten auf diesem Gebiete sind die mit echten Spitzen be setzten Taschentücher anzusprechen. Als der goldene Mittel stand die mit Hohlsaum verzierten oder die mit einer festen Naht umrissenen Tücher. Schneeweiß liegt neben bunt, da zwischen vielleicht ein Paket weißer Tücher mit bunter Kante. Vielfarbig und vielartig der Stoff, wie die Farbe und die Ausführung. Neben nnd mit der Taschentuchindustrie steht die Blei cherei Laubans. Am Ufer des frischwasserigen Queis, eines Bobernebenflusses, erheben sich die hochschornsteinigen Bleichereien, auf deren grünen Rasenflächen „das Leinen tuch bleicht als wie ein See!" Graugelb kommt die fertige Leinewand als bekanntes Flachsprodukt in die Bleicherei hinein. Schimmernd weiß verläßt sie dieselbe wieder, um dann in den Fabriken selbst in Stücke geschnitten und wei ter in irgendwelcher Form verarbeitet zu werden. Der Taschentuchindustric verwandte Nebenzweige sind die Schürzenweberei, die Bettuch- und Jnlettindustrie, die Blusenfaürikatiou und dergl. mehr. Das Tuch als solches, neben ihm aber das Taschentuch als Svnderart des Tuches, hat auch seine Geschichte. Nicht jeder, der zum Taschentuch greift, weiß dies. Erst der zehnte Benutzer eines Taschentuches ahnt, daß selbst die Politik taschcntuchsärbend in seine Beinkleidtasche hineinspielt. Des halb die nachfolgenden kurzen Zeilen: