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Ediktes vom 2. Januar 1786, das von der Geheimen Staats kanzlei in Paris mit der Unterschrift Ludwig des Sech zehnten erlassen wurde und durch die Königin Marie An toinette die Taschentuchform eines ganzen Königreiches, ja, einer ganzen Welt mit einem Male löste. Nichtig der Grund und nichtig das Gesetz! Die Tatsache läßt sich aber nicht aus der Welt leugnen. Ebenso die nicht, daß Marie Antoinette ein mit echten Perlen besetztes Taschentuch im Werte von 20 000 Goldmark besaß. Wenn ich doch heute der Besitzer desselben wäre. Ich wüßte schon, was ich mit ihm tun würde. Jedenfalls würde ich mir mit ihm die Nase nicht schneuzen. — Das wertvollste Taschentuch befindet sich im Besitze des italienischen Königshauses. Es ist ein einzig schönes Stück venetianischer Spitze aus dem 15. Jahrhun dert und repräsentiert einen Wert von 50 000 Goldmark. Als die Kattunöruckerei sich des Taschentuches bemäch tigte und neben lustigen Tierhanülungen und Tierbildern für die Kindertaschentücher auch Bildnisse politischer Per sönlichkeiten als Aufdruck verwendete und verwertete, trat das Taschentuch sogar in den Dienst der hohen Politik. Wen man liebte, dessen Bild wollte man bei sich tragen, selbst, wenn es auf dem Taschentuche war. Wen man aber, wie z. B. einen Napoleon, haßte, an dem wollte man sich nicht die Nase wischen. In dieser Hinsicht ähneln die Taschentücher den bunten Schießscheiben aus Holz, die an den Seiten- oder Giebelwänden unserer Bauernhäuser hängen. Im Orient waren Taschentücher das Vorrecht der Fürsten und hoher Würdenträger. Noch heute trägt im fernen Indien mancher Maharadscha ein edelsteinbesetztes Taschentuch neben seinem goldverzierten Dolch im Gürtel. Daß der Lieblingsfrau des Sultans das Taschentuch ihres hohen Herrn im Scherz und Ernst öfters zugeworfen wurde als den übrigen, ist eine allbekannte Tatsache. Wirft doch auch beim heimischen Pfänderspiel der Bursche seiner Herzallerliebsten das weiße Taschentuch lieber zu, als allen anderen. — Zum Schluß sei noch der Vollständigkeit halber erwähnt, daß im Weltkriege Parlamentäre als augenblick liches Friedenszeichen ein weißes Taschentuch auf einer Lanze trugen. Man sieht es fürwahr dem schlichten Tuch nicht an, welche Geschichtsreminizenzen in und an ihm haften. Daß unser Taschentuch früher Schneuz-, Schnüffel- oder Sacktuch hieß, dürste bekannt sein, nicht aber die Tatsache, Saß man in bäuerlichen Gegenden Deutschlands aus Spar samkeitsrücksichten eine Zeitlang Kindern und Erwachsenen die Taschentücher in die Hosennaht nähte. Ländlich sittlich! Stimmen mir darum und deshalb die Leser und vor allen Dingen die Leserinnen zu, wenn ich eingangs be hauptete, daß auch das Taschentuch seine Geschichte hätte und daß allerhand Historisches und Unhistorisches ihm an haftete? Nachrichten aus dem Sachsenlande Zittau. Pfarrer em. Sauppe f. Am Freitag, dem 28. Dezember, abends starb nach kurzem Krankenlager Herr Pfarrer Sauppe im 86. Lebensjahre. Er hat nach zweijäh rigem Schuldienst an der hiesigen Allgemeinen Stadtschule 38 Jahre in Lückendorf und Oybin als Pfarrer am tiert und in seinem 18 jährigen Ruhestand in den verschie densten Gemeinden längere und kürzere Zeit vikarsweise Pfarrstellen vertreten. Pfarrer Sauppe war einer unserer besten Kenner der Heimatgeschichte, und auf seinem speziell sten Gebiete, der Erforschung der Geschichte der Burg und des Klosters Oybin, hat er Grundlegendes und Bedeut sames geschaffen. Er war der älteste lebende Schüler des Gymnasiums, Mitglied der Lausitzer Preöigergesellschaft und Mitbegründer der Verbindung Zittavia. Noch bis zu letzt war er in seinem Arbeitsgebiet tätig und hat noch in seltener geistiger Frische Schöppenbücher der Oberlausitz bearbeitet. Bis zu seinem Tode stand er mit seinen Lücken dörfer Gemeindemitgliedern, für die er immer ein gutes Wort und eine offene Hand hatte, in engster Fühlung. Seine wertvollen geschichtlichen Forschungsarbeiten hat schon vor Jahren die Zittauer Stadtbibliothek angekauft. Lückendors. Kostümrodeln. Das war etwas Neues und hatte Zugkraft. Trotzdem der Wettergott nicht das heiterste Gesicht zeigte, konnte doch der Autobus die Leute nicht fassen, die Lückenüorf für den 2. Weihnachtsfeiertag als Ziel gewählt hatten. Im Dorfe selbst war alles auf den Beinen, denn die in wunderbarer Aufmachung ausgestatte ten Preise hatten noch in den letzten Stunden zur Teil nahme angespornt und so ergötzten sich — nach den ver kauften Eintrittskarten zu rechnen — etwa Tausend Zu schauer an den wirklich originellen über 60 Preisschlitten. Die Preisrichter hatten kein leichtes Amt. Und als am Abend die Verteilung der äußerst geschmackvollen und wert vollen Preise vorgenommen wurde, da gab es keine ent täuschten Gesichter; denn es konnte jedem Rodler, trotz der hohen Zahl, auch ein nettes Geschenk, dank der rührigen Sportleitung, überreicht werden. Zuerst fuhren die Kinder. Alt und jung ergötzte sich besonders an den beiden Schnee männern, die der Natur echt abgelauscht waren. (Erster Preis: Ein Rodelschlitten.) Ebenso machte der billige Han delsmann viel Spaß. (2. Preis: Ein eßbares Hexenhaus.) Bei den Erwachsenen fiel der 1. Preis auf „Christkinöleins Erdenfahrt", in seiner Aufmachung und Durchführung ein zig! Die viele Arbeit lohnte sich aber auch, ein Nickel service mit Widmung dürfte dem Vater des Gedankens für immer an seine gelungene Arbeit erinnern. Mit scharf ver minderter Stundengeschwindigkeit durchfuhr <2. Preis) ein Raketenauto die Bahn, obgleich die Raketen nur durch Ofenrohre feuerten. Die Erbauer der Lückenöorfer „Ra kete" übertrafen den kühnen Erfinder Opel insofern, als ihre Versuchsfahrt glücklich endete, sie erreichten das Ziel und konnten am Abend zwei Rohrstühle als Ehrenpreis in Empfang nehmen. Als beachtliche Sonderfahrt warf auch ein „richtiggehender" Zeppelin, der Graf Zeppelin L. Z. 127, Grüße auf der Bahn an die Gemeinde Lückendorf ab und meldete stolz „an Bord alles wohl". Der Erbauer er hielt den 3. Preis, einen Frühstückskorb. So wäre noch mancherlei Interessantes zu berichten. Jedenfalls aber ließ sich feststellen: jedes war befriedigt von dem Gebotenen, und alles funktionierte wie am Schnürchen, sodaß man der nächsten Veranstaltung, Wettrodeln am 13. Januar, mit Freuden entgegensieht. Wilthen. Weihnachten im Walde! Wie uns mit geteilt wird, steht am Wege nach der Schurigbaude, Wei sser Höhe-Weifa (am ersten Fußweg vom Bahnhof Wilthen ab) eine Fichte, welche mit bunten Glaskugeln wunderbar angeputzt ist, als ein herrlicher Christbaum. Dem Schmücker dieses Baumes sei herzlichst gedankt. Er hat den vorüber gehenden Kindern, wie Erwachsenen auf jeden Fall große Freude bereitet. Dies sei zur Nachahmung empfohlen. Gottleuba. Neues sächsisches Naturschutz gebiet. Zu Weihnachten ist das landschaftlich so prächtige Hammergut Bienhof bei Gottleuba mit etwa 170 Hektar Fläche in den Besitz des Landesvereins Sächsischer Heimat schutz übergegangen. Damit ist eine von Wald und Wiesen umrahmte, einzigartige Gegend unseres engeren Heimat landes zum Naturschutzgebiet erklärt worden, in dem künf tig noch mehr wie bisher der Wald geschont wird und nicht mehr die Gesichtspunkte des Forstwirtes, der aus dem Walde eine Rente herausschlagen muß, sondern die Ge sichtspunkte des Landschaftsschutzes in schönheitlicher Hin sicht maßgebend sind. Es ist das Verdienst der Vorbesitzer, der Erben des Herrn Geheimen Forstrats Klette, dieses unterhalb des Sattelberges gelegene Gebiet geschont und geschützt zu haben, wo es nur irgend ging. Der Heimatschutz wird den Schutz weiter ausdehnen und in unserem dicht-