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,14 Tag? A>eiVags' Schnstleitung und Gefchaftsskeile M Reichenau,Sa. FennfprecherNr.ä00 Grscheint oller ^^7 Unbererhtigter' dW^H GescHlcs)te, T^Kunsik,Literatur^ Druck u. Verlag: Alwtn.INarz-,LZuchdruckerei Bloiter'für" "M ^elmatkunöe. Mitteilungsblatt des Verbandes „Lulalia" der Humboldt-, Fortbildung»-und Gebirgsvoreine der gesamten Gberlausitz. — Hauptjchriftleitung: Gtt o Ma rx, Reichenau, So. unter Mitwirkung zahlreicher bewährter Heimatjchriftsteller. Schriftleitung für das Gebiet der Geschichte oinjchliestlich der Heimatkunde und der Kunstgeschichte sowie das der Volkskunde: Dr. Wolfgang Witter, Aittau, «prinzenstrape 15 b, wohin alle diesbezüglichen Arbeiten direkt zu senden sind. — Manuskripten ist Rückporto beizu- sügen, da sonst Anspruch auf Rücksendung nicht besteht. — Anberechtigter Nachdruck aus der „Gberlausitzer Heimatzeitung" wird strafrechtlich verfolgt. — Eriü'lungsort und Gerichtsstand für Bezieher und Inserenten Reichenau, Sa. — Postscheckkonto: Leipzig Nr. 27534. — Bankverbindung: Gewerbebank und Girokasse Reichenau Ne. 16 17. August (Ernting) 1930 Nr. N 1!. Jahrgang Nie Bedeutung der alten EAvvvenbücher für -en Ausbau -er heimatkundlichen Geschichte. Von Plüschke, Rektor, Lauban „Volk in Not!" so klingt der laute Hilferuf der Gegen wart aus allen Gauen unseres deutschen Vaterlandes. Außen- und Jnnennot bedrängt uns. Mancher, der mutlos geworden, legt müßig oder anteilslos die Hände in den Schoß. Ihn gilt es aufzurütteln, aufzumuntern, wieder hoffnungsfroh und hoffnungsfreudig zu machen. Als Helfer für diesen Zweck bietet uns sich die deutsche und die Hei- matgeschichte der Vergangenheit an. „Hals doch schon ärger in der Welt gebrauset und was nicht bebte: war der Deut schen Mut!" Die deutsche Geschichte als der Spiegel der deutschen Volksseele, die heimatkundliche Geschichte als das Ergebnis der Zeitschicksale der Vergangenheit, die über die Heimat hinwegbraust: sie enthalten beide aufmunternde Momente, die vor allen Dingen unsere Jugend braucht, um tatkräftig für die Gegenwart und Zukunft zu schaffen. Jeder Werkstein zu diesem Bau ist wichtig und bedeu tungsvoll. Der Erziehung eines hoffnungsfrohen Ge schlechtes dient unsere Unterrichts- und Erziehungsarbeit genau so, wie der Erreichung anderer wohlbekannter hoher Ziele. Die pflichtmäßige Kleinarbeit der Einzelnen setzt sich im großen Volksganzen, im Staate, als Werkarbeit des deutschen Volkes um. „Wenn die Wässerlein kämen zu Häuf, gäb es wohl einen Fluß!" „Vereint werden auch die Schwachen mächtig!" Dieser Einsicht gilt auch eine Kleinarbeit des schaffen den Schulmannes: seine Forschertätigkeit an und in den alten, dicken, schwer lesbaren Schöppenbüchern, die viele Kreise in ihren Kreisarchiven vereinigt haben. Andere Ge meinden verwahren sie selbst. In ihnen lesen wir so mancherlei, schöpfen aus ihnen allerhand, was auch für die Gegenwart wertvoll ist. Eins nach dem anderen! Wer es sich der Mühe nicht verdrießen läßt, die alten Schöppenbücher aufzuschlagen, der wird über die wunder bare Ordnung staunen, mit der unsere Altvorderen ihre Erbkäufe, ihre Testamente, Schuldverschreibungen: kurz all ihre rechtlichen Handlungen ins Schöppenbuch eintragen ließen. Die Schöppenbücher unterstanden der Patrimonial gerichtsbarkeit, über welche die Guts- oder Grundherrschaft als örtliche Obrigkeit wachte. Fast allmonatlich fand im Dorf- oder Gerichtskretscham oder Kruge ein Gerichtstag statt. Schreibtag wird er anderwärts genannt. In einem besonderen Raume, zu deren Hergabe der Scholze oder Ge richtskretschmer seitens der Grundherrschaft verpflichtet war, fanden sich der Dorfrichter oder Vorsteher, die Ge schworenen oder Schöppen und der verordnete Gerichts schreiber zusammen. Alle drei waren eidlich der Grundherr schaft verpflichtet, „ohne Ansehen der Person, ohne Rück sicht auf Freundschaft oder Feindschaft, unbeeinflußt durch Geschenke oder Drohungen die von den Dorfinsassen vor gebrachten Rechtsgeschäfte nach bestem Wissen und Gewissen" zu erledigen, sie ins Schöppenbuch einzutragen, durch ihre Unterschrift zu vollziehen, sie mit dem verordneten Ge meindesiegel zu unterstempeln und dann dem Grund- oder Gutsherrn zur Bestätigung vorzulegen. Erst dadurch wur den die Abmachungen, mochten sie nun einen Kauf, ein Testament, eine Ausgedingsfestsetzung oder eine Schuld verschreibung betreffen, rechtskräftig. Dem Gerichtsschreiber war in seiner Bestallung strenge verboten, selbst — ohne Vorwissen des Dorfschulzen und der verordneten Schöppen — Eintragungen oder Änderungen des Eingetragenen vorzunehmen. Erd-, wand-, lehm-, bau-, niet- und nagelfest wurden die verkauften Grundstücke: „die Pawerngütter, die Groß- und Kleingärten und die Auenhäuser" übergeben. Fein säuberlich wurde das gesamte Inventar im Schöppenbuche verzeichnet: die Kirchenstände, die mit übergeben wurden, das Zugvieh, die Wagen, selbst die Feuerleiter und die Düngergabel. Recht genau wurden auch die Ausgedinge festgesetzt: Frei Hausgemach für Vater und Mutter, freie Beholzung und Beleuchtung, ein Bett in die Stube, falls jemand krank würde, 100 Schritt Erbirnen- oder Krautacker, der Platz für einen Webstuhl, selbst der Stuhl am vorderen Fenster, an dem die alte Bäuerin immer gerne gesessen. Starb eins der Ausgedingeleute, so hatte der Sohn die Pflicht „eines ehrlichen Begräbnisses". Beim Eintreten von Strei tigkeiten hatte der Dorfschulze oder Richter die Pflicht für die Auszahlung eines entsprechenden Betrages, der in „Courantmünze"/ in Reichstalern und schwarzen oder auch in blanken weißen Silbergroschen zu zählen war.