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venvoren Sonntag, den 5. Februar (Hornung) 1922 3. Jahrgang M.3 Un berechtigter Nacstpruot* Erscheint ollen 14 Tage Kreistags' Gesck)ick)te, u nst^itenatu^ Druck u. Verlag. Alwin Mar^ (Int). Otto Maiz-) Sudlaufttzer Nachrichien, Reichenaus Sc». Scstriftielsung ^ind Geschäftsstelle ist Reichenau, Sa. Fernsprecher Nr. 21Z Blatter fü^ F)eimatkunöe ! Slockentäuten Oer Kirchgemeinde Oderkriedersdorf zum §este der Olockenweike Übers Dorf dahin bis zum fernen Wald, durch die Gaffen der Stadt eine Stimme hallt, sie tönt so erhaben ringsum ins Feld, als sei sie Botin aus besserer Welt. Lichter Sonnenschein hat den Tag gebracht, die Schläfer im Tale sind alle erwacht: es mahnt sie zur Andacht in früher Stund' der Morgrnglocke betender Mund. Zur Kirche hin wallet die fromme Schar, will dienen dem Herrn von Herzen wahr, die Glocken, vereint in voller Freud, erklingen im hehren Sonntagsgeläut. Und nahet dem Orte ein Freudentag, von droben herab dröhnt der hellste Schlag. Heut' dürfen die Menschen fröhlich sein, sie jubeln im Liede voll Lust darein. Geht stille im Westen der Tag zur Ruh', den Ihren rüst mahnend die Glocke noch zu: Schlaft sicher und sanft in finstrer Nacht, glaubt, bah des Höchsten Auge wacht. Wenn zur Taufe gebracht wird das Kindelein, die Stimmen vom Turm laden segnend es ein. Zum Beten auch mahnen sic jung und alt, vom Berge zum Tal drum ihr Rufen schallt. Sic grüßen am Wege den Wanderer dort, zur Heimat hin geht beglückt er fort: es ist ihr Klang ihm wohl vertraut, er gleichet der Mutter herzigem Laut. O wie fröhlich schallt daun der Glocken Lied, wenn selig zur Kirche ein Brautpaar zieht, sie locken und grüßen zu jungem Glück und wünschen ein sonnighell Geschick. Kehrt müde vom Leben ein Pilger heim, vom Turme klingt ihm so dumpf ein Reim, die ehernen Zungen Klagen bang, sic singen den ernsten Stcrbegcsang. Gern läutet ihr Glocken bei Freud und Leid, seid stets zu hohem Dienste bereit, bleibt allezeit treu in eurem Beruf, zu dem euch des Meisters Hand erschuf. Ihr kündet den Frieden, der Waffen Sieg, ihr raunet von Unglück, von hartem Krieg, die scheidende Stunde, das kommende Jahr vermeldet ihr getreu und klar. So wallet ihr Glocken durchs Leben niit, begleitet uns bei jeglichem Schritt, ihr klingt rein unb mild in irdischer Zeit und weist uns hinaus zur Ewigkeit. E. «. Lad«. Jubelfeier des Vereins für sächsische Volkskunde 14. Februar 1897—1922 Bon Professor Dr. CurI Miiller - Löbau 14. Februar dss. Is. kann der Verein für sächsische Volkskunde aus ein Vicrteljahrhundrrt regster und wohl auch allgemein als segensreich anerkannter Tätig- keil znrückblicken. In glücklichen Tagen eines mächtig dastehenden und wirtschaftlich aufblühcnden deutschen Vaterlandes hatten sich in Dresden Männer der Kunst und Wissenschaft zusammengefunden, deren warmes Herz sür das Volks- und Stammestnm schlug, die erkannten, wieviel Werte und Schätze volkstümlichen Lebens von den Wogen der modernen, alles glcichmachenden Kultur wegqespült worden und noch bedroht waren. Die gediegene DresdnerHandwetcksausstellung im Som mer 1896 hätte in ihrem vielbesuchten und bewunderten „Wen dischen Dorfe" und im wohlgelungenen sächsischen Volkstrachten feste darin die Blicke vieler Sachsen auf die alten Sitten und Bräuche gelenkt. Gerade der jedem sinnfällige Gegensatz zwischen der farblosen, grauen uiid teilweise rußigen Industrie- und Prole tarier-Kultur unserer Groß-und Mittelstädte, ja industrialisierten Dörfer, und den farbenfreudigen und bodenständigen Offenba rungen alter Volks- und Stammeskultur erweckten den Wunsch, alles, was an sichtbarem altem Volksgut im sächsischen und wen dischen Volksmuseum jener Dresdner Ausstellung zusammen gebracht worden war, doch, wenn irgend möglich, dauernd in einem zu gründenden Museum für sächsische Volkskunde zu ver einigen und zu vervollständigen. Damit ging Hand in Hand der Wunsch, in einem Verein für sächsische Volkskunde auf möglichst breiter und volkstümlicher Gruudläge dahin zu wirken, daß alles Volkstümliche in Sprache und Sitte, mündlichen und sichtbaren Volksüberlieferungen umfassend gesammelt, gesichtet und wissen schaftlich erforscht würde, daß aber auch an der Erhaltung schöner alter Volkssitten und Volkskünste soweit wie möglich gearbeitet werden müßte. Der Gedanke dieses Vereins lag offenbar trotz der Vereinsübersülle und Bereinsinüdigkeit auch schon Ende des 19. Jahrhunderts in der Lust, denn den Dresdner Herren, die aus Anlaß der Dresdner Ausstellung diesem Gedanken im Dezember 1896 nähertraten, schloß sich bald der wissenschaftliche Vertreter der germanischen Mythologie an der Landesuniversität an, nm diese Vereinsgründuug vorzubereiten. Die Herren Land baumeister Schmidt (jetziger Geh. Baurat vr. inZ. h. c.), Maler Oskar Seyffert (jetziger Hofrat Professor), Dr. Sponsel, Dr. Lincke (ch), sämtlich in Dresden, und Universitätsprofessor Dr. Mogk in Leipzig, endlich Konrektor Prof. Dr. Mucke in Frei berg (jetzt als Obcrstudienrat i.R. in Bautzen lebend), der dedeu-