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Unber-echriyter' Honntag, 29. Februar 1921 Erscheint aller' Aage Z^eei'/atzs' Gesckiicihte, nstLüenatup" Blaiter fün L?eimaikunöe lI«,»IMWII!IP,ItIMI llIW!E si1I>!,MlMWW»t,t ScHristleitung und Geschäftsstelle in Reichenau,Sa. Ne?nspnecherNr.2lS Nr"» Dru<^ u.Veriag:Älwin Marx (Jrch.OttoMaiZ') Südlauftizer Nachrichten, Reichenau'Sa. jj 2. Jahrgang Vorfrühling Schon grüßt dos Lenzes Siogerwillo Den Wold,— die Flur,— das Ackerfeld, Sie scheinen tot in ihrer Stille, — And find vom Loben doch geschwellt. Dio Kräfte, dis im Herbst entschliefen, — Erweckt von ew'gsc Schöpfermacht In dunklen, wunderroichen Tiefen Sind sie zu neuem Sein erwacht. And täglich sproßt der Frühling bunter, G Menschonseele, — grüße ihn, Ihn und die Fülle seiner Wunder, Dis sich vor deinem Blick volizishn, Non Gottes Schöpfermacht zu zeugen, Erstrahlt des Lenzes Majestät. In Demut lerne ihm dich beugen. And Freuds sei dein Dankgsbst. Anna Dir Ein dem Untergang geweihtes Naturdenkmal Die Olbersdorfer Eibe Don Bruno Reichard ^^^ichts ist gewaltiger, als der Mensch." Diesem alten Sophoklesworte müssen wir als Ergänzung ein zweites an die Seite stellen: „Nichts ist rücksi chts- loser, als der Mensch!" Nicht Lust und Liebe, sondern Selbstsucht und Eigennutz sind heut die Fittiche zu großen Taten .... und leider oft auch zu nicht minder großen Uniaten. Und wenn es der berüchtigte „sucro eZoismo" der Italiener ist! In titanenhaftem Ansturm zertrümmert der Mensch binnen einer kurzen Spanne Zeil Werte, zu deren Aufbau Allmuttec Natur Tausende und Hunderttausende von Jahren ge braucht hat, wenn es gilt, sie seinen Zwecken dienstbar zu machen. Aber wir wollen nicht von vornherein ungerecht sein. Im vor liegenden Falle handelt es sich um einen Konflikt auseinander laufender Interessen, um eine bittere Notwendigkeit, in die uns die wirtschaftliche Entwickelung des letzten Jahrfünfts zwangs weise versetzt hat. Das wirtschaftliche Elend Deutschlands und unserer engeren und engsten Heimat contra Heimatschutz und Naturschutz. Kurz gesagt: cs handelt sich um einen alten Baum, einen von den letzten eitles zum Aussterben verurteilten Geschlechtes, der dem Lebensbedürfnis eines geknechteten und bettelarm ge wordenen Volkes weichen muß. Im Dorfe Olbersdorf bei Zittau steht ein uralter Eibenbaum abseits vom großen Wanderverkehr und bisher wenig beachtet, jedenfalls minder bekannt, als seine angeblich tausendjähriaen Krombacher Geschwister, obwohl er ihnen an Sehenswürdigkeit kaum nachsteht. Die Olbersdorfer Eibe hatte nach dem Ergebnis einer im Jahre l909 vorgenommenen Messung eine Höhe von 7 Meter. Der Durchmesser der Krone betrug etwa 8 Meter, der Durchmesser des Stammes in Brusthöhe 0,66 Meter. An diesem Ergebnis wird sich in den inzwischen verflossenen elf Jahren nichts geändert haben, da das Wachstum der Gattung äußerst gering fügig ist. Der Baum darf mithin als einer der ansehnlichsten Ver treter der Art Tnxu8 bnccutu gelten. (Es gibt deren in Sachsen übrigens noch mehr, als gemeinhin angenommen wird.) Der Baum wurzelt in einer Bodenerhebung, die als lehmige Deckschicht über einem 70 Meter mächtigen und bereits in Abbau genommenen Braunkohlenflöz liegt. Der Tagebau bedingt die Abtragung dieser Lehmschicht, die früher oder später nicht zu umgehen sein wird. Bereits vor zwei Jahren war das Baggerwerk der Kohlengrube in bedrohliche Nähe des Baumes gerückt, der überdies durch Flug feuer und Rauchgase aus der Lokomotive der unmittelbar vor- übersührendenKohlenförderbahn schwer gefährdet war: doch ist diese letztere Bedrohung inzwischen vorläufig wieder beseitigt worden. DerLandesverein sächsischerHeimatschutz hat sich derÄngelegen- heit wärmstens angenommen und nichts verabsäumt, was zur Erhaltung dieses bemerkenswerten Naturdenkmals zweckdienlich sein konnte, und Männer wie Herr Oberförster Bruhmin Holz- Hau und der Zittauer Eibcnforscher Professor Dr. PauIKorschelt haben sich in der Angelegenheit stark bemüht. Zur Rettung des Baumes kamen verschiedene Wege in Betracht, die sich aber leider alle als ungangbar erwiesen haben. Der an sich technisch möglichen Versetzung des Baumes stehen gewichtige Bedenken entgegen. An der Kostenfrage wäre sie nicht gescheitert. Aber das Stamminnere ist angemorscht und teil weise hohl. Auch die Rindenschicht zeigt umfangreiche — jeden falls mutwillige Beschädigungen durch Kinder und schlecht er zogene Burschen. Der Zustand des Baumes würde die hohen Ver setzungskosten umsoweniger rechtfertigen, als der Erfolg des Ver suchs selbst bei einem ganz gesunden Baume im Hinblick auf Umfang und Alter nicht gewährleistet werden könnte. Eine weitere Möglichkeit, den Baum zu erhalten, wäre gegeben gewesen, wenn sein Untergrund vom Abbau verschont geblieben wäre. Dann würde der Baum jedoch auf eine sockelartige Er höhung zu stehen kommen, deren eine Wandfläche schon jetzt nach dem benachbarten Wirtschaftsgebäude zu ziemlich steil abfällt. Die übrigen Wandflächen würden künftig die Ränder der Kohlengrube bilden. Würde der Querschnitt des Sockels zu eng begrenzt, so läge die Gefahr vor, daß der Baum mangels genügender Er nährungsmöglichkeitrasch abstirbt.Einerausreichenden Bemessung des Sockelquerschnitts stehen berücksichtigungswerte Einsprüche