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selbst gesichert. Ohne sich einem Neide auszusetzen, genoß er den Vortheil, jedem uneigennützig nach seinem Bedürfnisse dienen und sich überhaupt gegen Jedermann freundlich und leutselig zeigen zu können. Am meisten nahm er sich der Militärpersonen an und beför derte anch Viele zu Offiziersstellen, theils durch unmittelbare Für bitte beim Monarchen, theils durch Fürsprache bei Vinius und den beiden Freigelassenen Jcelus und Asiaticus; denn dieß waren die einflußreichsten Personen am Hofe. So oft er den Galba zu Tische lud, schmierte er, wie man sagt, jedesmal die escortirende Cohorte, indem er ein Goldstück ans jeden Mann austheilte. Unter dem Scheine, dem Galba hiemit eine Ehre anzuthun, wirkte er ihm viel mehr entgegen und köderte das Militär. 21. Galba dachte nun um diese Zeit an die Ernennung eines Nachfolgers, als welchen Vinius den Otho bei ihm anzubringcn suchte, übrigens auch dieß nicht ohne eigennützige Absichten. Er that es nur mit Rücksicht auf die Verheirathung seiner Tochter, indem eine Uebereinkunft getroffen war, wornach Otho diese zur Gemahlin nehmen sollte, wenn er von Galba adoptirt und zum Thronerben er nannt würde. Indessen ließ sich an Galba stets wahrnehmen, daß er die Staatsinteressen seinen eigenen Interessen vorangehen ließ und nicht denjenigen einzusetzen wünschte, welcher ihm selbst der angenehmste, sondern welcher für das römische Volk der nützlichste wäre. Es scheint sogar, daß er nicht einmal bei seinem Privatvermögen den Otho zum Universalerben bestimmt hatte, indem er den lüderlichen, verschwen derischen Charakter dieses Mannes kannte, der mit einer Summe van fünfzig Millionen Drachmen in Schulden steckte. Daher hörte er den Vinius nur mit aller Ruhe an, ohne Etwas zu sagen, und verschob seine Verfügung. Nachdem er sich selbst zum Consul und den Vinius zu seinem Collegen ernannt hatte, erwartete man mit Bestimmtheit wenigstens auf den Anfang des Jahres die Proklamirung eines Nachfolgers. Auch die Armee wünschte am liebsten vor allen Andern die Ernen nung Otho's. 22. Jndeß er noch zögerte und sich Alles überlegte, überraschte ihn der Ausbruch der Unruhen in Germanien. Denn der Haß der