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20 verachtete, weil man in ihm nur einen schwachen, alten Mann er blickte, so war er jetzt für alle ein Gegenstand des Schreckens und der Angst geworden. 16. Der Wunsch, hinsichtlich der verschwenderischen Maßlosig keit, welche Nero bei seinen Geschenken gezeigt hatte, einen recht großen Umschwung darzustellen, schien den Galba andrerseits die Gränze des Anständigen verfehlen zu lassen. Als z. B. Canus, ein hochberühmter Virtuose der damaligen Zeit, bei der kaiserlichen Tafel die Flöte spielte, ertheilte ihm Galba dafür die freundlichsten Lobsprüche, gab auch Befehl, seine Schatulle zu holen. Er nahm aber nur einige Goldstücke heraus und übergab sie dem Canus mit den Worten: „dieß sei ein Präsent aus seinem eigenen Beutel, nicht aus der Staatskasse!" Diejenigen Geschenke, welche Nero an Schauspieler und Gla diatoren verabreicht hatte, sollten nach Galba's Befehl wieder mit aller Strenge zurückverlangt werden bis auf ein Zehntel ihres Be trags. Was aber dabei eingieng, war nur eine unbedeutende Klei nigkeit. Denn die meisten Empfänger waren lustige Kameraden, die in den Tag hinein lebten, und hatten das Geld längst wieder durchgebracht. Daher ließ Galba nach Allen fahnden, die irgend Etwas von ihnen gekauft oder sonst bekommen hatten, um cs diesen wieder abzupressen. Allein die Sache fand bald keine Gränzen mehr, sondern dehnte sich über immer weitere Kreise aus. Dieß erregte Unzufriedenheit gegen Galba. Aber auch gegen Vinius erwachte Mißgunst und Haß, weil er den Regenten gegen alle anderen Personen eine ganz gemeine Knau serei zeigen ließ, während er selbst ihn schmählich mißbrauchte, Alles von ihm nahm und dann wieder verkaufte. Hesiod sagt zwar: „Trink vom beginnenden Faß und endenden, bis du genug hast!" *) Da aber Vinius in Galba nur einen schwachen, alten Mann er blickte, so leerte er den Becher des Glücks auf einmal, weil Anfang und Ende hier, wie er glaubte, zusammenfallen mußten. Nach meiner Uebersetzung Hesiobs; Werke und Tage B. 3KS.