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16 silbernen Becher. Der Kaiser erfuhr es und ließ ihn am folgenden Tage abermals zur Tafel laden. Als er wirklich kam. befahl Clau dius der Dienerschaft, demselben nichts mehr von Silber, sondern lauter irdenes Geschirr heranzubringcn und vorzusetzeu. So erschien denn dieser Vorfall durch des Kaisers spaßhafte Mäßigung als Etwas, das mehr Lachen, als Zorn, verdiente. Was er jedoch bei seinem großen Einfluß auf Galba, den er in völliger Abhängigkeit erhielt, in Geldsachen anstistete, hat zu manchen tragischen Auftritten und schweren Unglücksfälleu bald den wirklichen Grund abgegeben, bald wenigstens den Vorwand geliefert. 13. Nymphidius hatte den Gellianus eigentlich nur zu Galba geschickt, um dort zu spioniren. Bei seiner Rückkunft hörte er, daß Cornelius Labo zum Präfekten des Hofs und der Leibgarde ernannt sei, — Vinius habe vollständig das Heft in der Hand, — ihm selbst (dem Gellianus) sei jede Annäherung an den Kaiser, jede persönliche Besprechung unmöglich gewesen, weil Jedermann ihn mißtrauisch angesehen und beobachtet habe. lieber diese Nachrichten gerieth Nymphidius sogleich in eine große Bestürzung. Er versammelte die Offiziere seiner Armee und erklärte: „Galba selbst sei ein gutmüthiger alter Mann von ge mäßigten Gesinnungen; er könne aber nicht im mindesten nach sei nen eigenen Gedanken handeln, weil er vollständig — und nicht in der besten Weise, — von Vinius und Labo am Gängelbande geführt werde. Ehe also diese Beiden in der Regierung unvermerkt den glei chen Einfluß eroberten, wie ihn Tigellinus besessen, müsse man an den Regenten eine Gesandtschaft von der Armee schicken, um ihn darüber zu belehren, daß sein Erscheinen allgemein einen viel besseren, erwünschteren Eindruck machen werde, wenn er von seinen Freunden nur diese einzigen Beiden zuvor abschüttle." Dieser Vorschlag fand jedoch keinen Beifall. Man hielt es für unpassend und befremdlich, einen ergrauten Regenten wie einen jun gen Menschen, der zum erstenmal die Süßigkeit einer unumschränk ten Macht verkostet, über die Wahl seines näheren Umgangs zu Hof meistern. Deßwegen schlug er jetzt einen andern Weg ein, indem er dem Galba Schreckensbriefe schrieb, — bald: die Zustände in Rom seien sehr unterminirt und in der Schwebe, — bald: Clodius