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Ämtsvkatt des Nates und des Volizeiamtes der LlaöL Leipzig. Anzriqru'Preis Nr S»l«ra»« au« l/ei»«>, nnd Umqebm^ dt» Sgoaatlrne bl) w« drrll« Balilzril, Lch, »ch 74 »» draN« Latlaiurt-U« l »« ««wär»» 4V «a^awan t.L 3»j»r«i« »an Va-bch« -» «nMcha« La« Nr 74 »» dar«» «ntchrtt» 4V »atcht»I«an^,arn m« > ^»»Nchrlttr» Mch vt dar >va»da»»«ab« im t-rr,Ir ertzöln. Aadaii nach t« 4 Orlla^ardüd« d p. Laatrar «rL. Boltgedühr. gastirr« llt, Latrit»« kbanan nichi lurblt- »aao^» wardrn. tzür »al Lrtchrlnr» an irftimmtaa lagaa nnd Pltyan wir» kakw charaatt« ttbarnomawn. »ll^tgan-Lnaadi»»! 8^ »« ttmrllchan ztllatr» a alle» Annan««» Ki»«ül1u>aan da« I» an» LuZlaadet. Paaot.-Utal« MrrN»: T««t » >n«el Her,»»», Ba«. HaftLch» daadiang, La»ow<t>»d« ia tLeievdan vl, Ar 4v04). Hau»». SUtal« vrrldaur SarNrabr 4, t tDalrad»» 4SM» klr. 2S1. Mllim»». üen 21. srptemver ISIS. Oss Mlir'iglle. * Kaiser Wilhelm weilt seit Dienstag bei Kaiser Franz Josef in Wien. (S. Dtschs. R.) * Zn Prag begannen am Dienstag bis deutsch-tschechischen Verständigung-Verhand lungen. (S. Ausl.) * Die Baumwollspinnereibesitzer von Lancashire beschlossen, falls die schwebenden Streitigkeiten nicht bis zum 1. Oktober beigclcgt werden, die allgemeine Aussperrung an zuordnen. (S. Ausl.) * Ein offiziöses CommuniquS über die Zusammen kunft zwischen Taft und Roosevelt stellt fest, daß die alte Herzlichkeit zwischen den beiden Männern geschwunden ist. (2. Ausl.) Lhsumnilien? Es ist eine auffallende Erscheinung, daß in keinem Lande der Erde so viel auf den Chauvinismus gescholten wird wie in Deutschland. Dabei könnte selbst der sanfteste Völkerverbrüderer und Friedensschwärmer mit dem, was wir an Chauvinisten haben, ver hältnismäßig doch noch recht zufrieden sein. Das Zarenreich hat seine „echten Russen"; eine angenehme Sippschaft. Frankreich hatte und hat seine Boulangcrs, Deroulödes, Rocheforts. Die Herren von der gelben Presse diesseits und jenseits des großen Teichs sind auch nicht so uneben. Und das Ganze, was wir dem an die Seite stellen können, sind die Alldeutschen. Wirklich: eigentlich sollte von den Kosmopoliten und Pazifisten Humanitären wie demagogischen Schlages (beide Sorten sind oft nicht recht zu scheiden) auf Deutschland als das Musterland hingewiesen werden. Als das Land, in dem immer noch, soweit es der fluchwürdige Mili tarismus zuläßt, die besten Zustände herrschten. Aber das geschieht nicht. Das Gegenteil ge schieht. Und das hat natürlich seine Gründe. Der Hauptgrund liegt im Geschichtlichen. Daß wir von spätestens 1648 an (man könnte auch das Geburtsjahr der Goldenen Bulle für die gewählte Ziffer setzen, ohne das „spätestens" streichen zu müssen), daß wir von da an keine einheitliche Nation gewesen find, hängt uns doch stark nach. Auch jetzt noch, wo wenigstens aus einem Teil der zuletzt sechsund dreißig Vaterländer (früher waren es etwelche mehr) ein Reich zusammengeschweißt worden ist. Aus der Kümmerlichkeit und dem politischen Elend von damals konnte gewiß kein gesundes, selbstverständliches Nationalgefühl erwachsen. Daß sich jemand mit Stolz als Preußen bekannte, war möglich. Den Untertanen der Kleinstaaten und Liliputstätchen war selbst der entsprechende Stolz unmöglich. Das Bekenntnis zu Reuß- Köstritz oder Pfalz-Simmern hätte nur komisch gewirkt. Und Stolz auf den „geographischen Begriff"? Nein, es ist nur zu verständlich, daß im allgemeinen an die Stelle des National gefühls ein Kirchturmpartikularismus trat, dessen Arroganz sich nur den andern Deutschen, nicht den Fremdnationalen gegenüber betätigte. Und daß bei vielen der Besten an seine Stelle ein schwärmender Kosmopolitismus trat, der sehr edel war, sehr verschwommen und so lächerlich weltfremd, daß Schiller das Symbol seiner Zeit mit den Worten geben konnte: „Wie schön, o Mensch, mit deinem Palmenzwcige stehst du an des Jahrhunderts Neige", des Jahrhunderts Neige, das dreier Jahrzehnte unerhörten Blut vergießens trächtig war. Jetzt, wo wir nun vierzig Jahre lang ein Deutsches Reich haben, sind die Scharten, die Jahrhunderte brachen, noch lange nicht wieder ausgewctzt. . Nirgends ist die ge bildete Schicht der Nation so kosmopolitisch ver sonnen wie bei uns. Es ist haarsträubend, was für Beispiele besten sich den Werken unserer gefeiertsten und scharfsinnigsten Gelehrten ent nehmen lassen (Houston Stewart Chamberlain hat ein paar besonders krasse angekreidet). Nirgends auf der Welt gibt es eine katholische Kirche, die sich aller nationalen Velleitäten so entschlagen hätte wie die unsere. Nirgends eine klerikale Partei, die mit solcher Ausschließlichkeit ultra woute» starrt, sobald eine vaterländische Aufgabe zu lösen ist. Nirgends auf der Welt gibt es eine so fanatisch antinationale Sozialdemokratie. All diesen zentrifugalen Kräften muß die Spitze geboten werden, damit einigermaßen das geschieht, was dem Vaterlande nottut. Können das die ruhig vaterländisch Gesonnenen allein? Ein Blick in die Wahlstatistiken zeigt, wie unendlich schwer, wie unmöglich das wäre. Damit also der Weg, den des Deutschen Reiches Politik praktisch nimmt, einigermaßen der richtige wird, brauchen wir noch ein Gegen gewicht. Brauchen wir Chauvinisten. Wahrhaftig: wenn es die Alldeutschen noch nicht gäbe, müßten sie erfunden werden. Bei der Stärke der kosmopolitischen, anationalen und antinationalen Kräfte in Deutschland ist das Gegengewicht einer chauvinistischen Kraft un bedingt erforderlich, damit annähernd die rich tige Resultante herauskommen kann. In dem Gesagten liegt, daß wir selbst durchaus nicht alldeutsch sind und daß wir uns den Alldeutschen gegenüber genau so das Recht der Kritik wahren wie gegenüber den Herren von der internationalen Observanz in ihren unterschiedlichen Couleuren. Der Hauptvorwurf, der ihnen zu machen ist, ist der, daß sie oft einen höchst bedauerlichen Mangel an poli tischem Takt und Geschick bewiesen haben. Wird das bester — und ihre letzte Tagung läßt die Hoffnung zu, da die Entgleisungen eines derben Volksredners und eines wurzellosen Grafen hierfür nichts besagen —, wird das bester, so wird der Hauptanstoß aus dem Wege geräumt sein. Sie übertreiben? Gewiß, sie übertreiben vielfach. Desto bester. Denn den Uebertreibungen von der anderen Seite her muß die llebertreibung von dieser Seite her entgegengesetzt werden können. Anders ist es nicht zu machen, daß sich eine vernünftige Mittelmeinung herausbilden kann. Fielen die alldeutschen Uebertreibungen fort, so würde ganz von selbst das, was sich als Mittelmeinung durchsetzte, noch mehr ins Kosmopolitisch-Inter nationale abgetönt sein. Noch mehr. Und schon jetzt ist es das, viel zu stark. Sonlervatwe Geüsnkengünge. Alljährlich pflegt der geistige Führer der sächsi schen Konservativen in seiner vogtländijchen Heimat seine Gedanken über die jeweilige politische Lage zum Ausdruck zu bringen. Ungleich Herrn Mehnert, der mehr hinter den Kulissen arbeitet und auch gegen wärtig noch der Regisseur der gesamten sächsischen konservativen Landcspartei ist, tritt Herr Opitz mit seinen Gedanken frei vor die Öffentlichkeit und setzt sich mit seiner Person für seine konservativen Grund anschauungen ein. Das ist ehrlich und verdient An erkennung. Wer aber dergestalt verlangt, daß seine Ausführungen in weiteren Kreisen Beachtung finden sollen, und Herr Opitz will die Wirkung seiner Reden gewiß nicht auf den Ort Herlasgriin beschränken, in dem er alljährlich spricht, der mug sich auch die Nach prüfung und die Kritik seiner Eedankengänge ge fallen lassen und das um so mehr, wenn sie so er starrt einseitig sind, wie dies bei Herrn Opitz der Fall ist. Herr Opitz lebt und webt in dem Gedanken eines Kartells der sächsischen staatserhal tenden Parteien. In diesem sieht er die Ge währ des Erfolges. Er leugnet es, daß die Unzu friedenheit mit der alten Kartellherrjchaft zu dem schlechten Wahlerfolg des Jahres 1903 mit beige tragen hat. Zn seinem stillen Tuskulum in Treuen hat er anscheinend nie etwas davon gemerkt, wie lähmend jene Zeit völliger politischer Stagnation auf das sächsische Bürgertum gewirkt hatte und wie die Aufwärtsentwicklung der nationalliberalen Par tei in Sachfen und eine neue politische Regsamkeit des nationalen Bürgertums mit dem Augenblick be ginnt, wo in ihr die alte Selbständigkeit erwachte. Herr Opitz hat für diejenigen Nationalliberalen, welche in Sachsen eine selbständige Politik treiben wollen, das Wort Linksliberalismus erfunden. Heule wird er zugeben müssen, daß die Anwendung dieses Wortes eine Lächerlichkeit geworden ist, da di« ge samte sächsische Landespartei hinter diesem Programm der selbständigen Arbeit im Lande steht. Ein Kar- teil für sächsische Landtagswahlen, aufgebaut auf der Grundlage der Wahrung der Zweidrittelmajorität der Konservativen, ist in der Tat wohl nur einmal der Schlauheit des Herrn Mehnert abzuschließen ge lungen. Rückblickend versteht man heute nicht, wie es jemals einen Vorstand und eine Geschäftsführung der nationalliberalen Partei in Sachsen hat geben können, die zu einer derartigen Entäußerung jeder politischen Fortbildung der Partei ihr« Zustimmung gab. Es war also Selbsterhaltungstrieb der National liberalen, der sie oeranlassen mußte, im Lande die Anziehungskraft der Partei unbeeinflußt von der- artigen Kartellen wirken zu lassen, Herr Opitz siebt nichts und spricht von einem edlen Kamofe, der ao- seiten des Linksliberalismus (man beachte die ver schnörkelte echt konservative Redeweise) geaen die konservative Partei geführt worden wäre. Die Be hauptung einer Jndustriefeindlichkeit der Mehrheits partei im Landtage sei so sinn- und haltlos gewesen, wie nur jemals ein Vorwurf im politischen Kamps? aufgestellt worden sei. Nicht viel anders hätte es gestanden mit dem Vorwurf der konservativen Miß wirtschaft aus finanziellem Gebiete, und ganz haltlos sei der Ansturm gegen das Wahlrecht gewesen, das gerade der Industrie eine besonders gute Vertretung gewährleistet habe. Man sieht aus disen Behauptungen, daß an Herrn Opitz die Erörterungen der letzten Jahre spurlos vorübergegangen sind. Sollen wir das ganze Gebiet der Steuergesetzgebung im Königreich Sachsen aufrollen, um ihn daran zu erinnern, wie sorgsam man bemüht war, die Landwirtschaft vor Besteuerungen zu bewahren, wo man die Industrie auf das schärfste heranzog, wie bei der Frage der Besteuerung des Betriebskapitals. Sollen wir ihn erinnern an die Gewerbe st eueroorlage, die das schärfste industrieseindliche Gesetz war, das bisher einem industriellen Bundesstaat vor- gelegt wurde und das von der ersten bis zur letzten Zeile aus dem Grundsätze der Bevorzugung des sächsi schen Agrariertums gegenüber Handel, Gewerbe und Industrie beruhte? Wenn nicht der einmütige Pro test der sächsischen Industrie gegen diese Vorlage ein gesetzt hätte, dann wäre es mit Hilse der Herren Mehnert und Opitz in Sachsen zum Gesetz erhoben worden. Empfindet Herr Opitz nicht, wie belei digend, ja geradezu entwürdigend cs für die sächsische Industrie ist, wenn er in seinen Vorträgen in Her- lasgrün ihr abermals oorrechnet, daß sie durch die Gnade der sächsischen Konservativen 5 ganze Vertreter in der 1. Ständckammer hätte erhalten können — eine Scheinkoiizession, auf demselben Prinzip etwa fußend, wie das frühere Wahlkartell, d. h. eine Zwci- drittel-Mehrheit des sächsischen Großgrundbesitzes ga rantiert gegenüber Handel, Gewerbe und Industrie? Wir glauben gern, daß Herr Opitz mit einer solchen Konzession, die an den bestehenden Machtoerhältnissen in der 1. Kammer nichts, aber auch rein gar nichts ändert, zufrieden gewesen wäre. Für wie kurzsichtig hält Herr Opitz dann ferner die sächsische Industrie, wenn er ihr oorrechnet, daß das Drel-Klayenwahl- recht für sie günstiger gewesen wäre. Gewiß ist das an sich der Fall, aber mehr noch als an der Gunst einer augenblicklichen Vertretung muß der Industrie an einer Zufriedenheit derjenigen weiten Schichten der Bevölkerung gelegen jein, die zu ihr im Abhün- gigkeitsverhältnis stehen. Aus diesem Grunde haben hervorragende Industrielle, z. B. der jetzige Präsident der Dresdner Handelskammer, ihre warnende Stimme gegen die Einführung des Drei-Klassenwahlrechtes erhoben, ebenso wie heute der größere und einsichtsvollere Teil der deutschen Industrie wie ein Mann sich erheben würde gegen den Gedanken der Ersetzung des Reichstags wahlrechtes durch ein Drei-Klasscnwahlrecht, weil man in diesen weitsichtigen Kreisen wohl empfindet, daß dem augenblicklich zu erreichenden Vorteil der Nachteil einer dauernden Verhetzung der Arbeiter schaft und des Ueberganges der Arbeiter von der So zialdemokratie zur Anarchie gegenüberstehen würde. Im übrigen hat es die sächsische Industrie verstanden, auch unter dem Pluralwahlrecht eine große Reihe angesehener uno sachverständiger Industrieller in den sächsischen Landtag zu entsenden, wenn diese auch fast sämtlich zur konservativen Partei nicht gehören, die sich neuerdings ja fast nur noch aus Landwirten und Gemeindevorstehern zujammensetzt. Interessant ist aber in den Ausführungen des Herrn Ooitz der eine grundsätzliche Gesichtspunkt, daß er jedenfalls Wert darauf legt, die sächsischen kon servativen Parteien auch gegenwärtig vor dem Vor wurf der Jndustriefeindlichkeit zu bewahren. Herr Kuntze, der Generalsekretär der Partei, denkt darüber anders. Er hat erst vor ganz kurzer Zeit in Meißen in einer Versammlung gesprochen, in der er nach dem Bericht der nationalliberalcn Blätter gegen das Großkapital, die Großbanken und die großen Geschäfte in Dresden in einer Weise losging, wie man sie sonst nur in antisemitischen oder sozialdemokratischen Versammlungen oorfindet; daß er dabei von Leuten fremder Rasse, Leuten aus dem Osten spricht und sich in ähnlichem Jargon be wegt. sei nur nebenbei erwähnt. Die Leipziger Landtagswähler werden ja binnen kurzem Gelegenheit haben, die Reden des Herrn Kuntze näher kennen zu lernen. Dem Generalsekre tär des konservativen Landesvereins ist das „mo bile Kapita l", und dazu gehört ja doch in erster Linie die sächsische Industrie, der Krebsschaden des ganzen Wirtschaftslebens. Er behauptet frank und frei, daß das mobile Kapital stets die Tendenz habe, sich der ihm auferlegten Besteuerung zu entziehen. Er hat sich nicht gescheut, als Beweis für die Not wendigkeit der Ablehnung der Erbschaftssteuer die Behauptung aufzustellen, daß diese Tendenz der Steuerhinterziehung in der Industrie die Konser vativen hierzu genötigt hätte. Im „Vaterland" spricht er vom Großkapital und der Großindustrie als von den Henkern des Mittelstandes und betreibt so eine Hetzarbeit gegen Industrie und Handel in Sachsen, wie sie der gemeingefährliche sozialdemokratische De magoge nicht überbieten kann. Wie steht Herr Opitz zu diesem Treiben des Gene ralsekretärs seiner Partei? Ist bis jetzt auch nur «in einziges Wort der Mißbilligung über dieses Treiben des im Jahre 1906 noch freisinnigen Schöne berger Stadtverordneten und jetzigen konservativen Generalsekretärs Kuntze bekannt geworden? Wir haben nichts davon gelesen. Derselbe Herr Opitz, dessen heißes Bestreben es auf der einen Seite an geblich ist, die Interessen d«r Industrie in Sachsen zu wahren, läßt aus der anderen Sette di« Geschäfte der konservativen Partei durch einen Mann besorgen, der der größte Hetzer gegen Industrie und Handel in Sachsen rst. Wenn die Ausführungen des konservativen Füh rer« daher von der Absicht diktiert gewesen sind, gerade die Kreise der Industrie dem sächsischen Kon servativismus wieder zuzuführen, so wird er er kennen müssen, daß dies vergebliche Mühe ist. 104. Jahrgang. Gewiß hat die Industrie ein Interesse daran, die Autorität bewahrt zu wissen und eine Ueberhand- nähme des Radikalismus, der auch in der Terrori sierung aller andersdenkenden Arbeiter zum Ausdruck kommt, entgegenzuwirken. Dieses Bekenntnis zur Autorität des Staates sieht sie aber in der national, liberalen Partei ebenso zum Ausdruck gebracht, wie bei den Konservativen. Die Industrie verlangt nicht von der nationalliberalen Partei, daß sie ihre In teressen als die allein gültigen ansehe, sie weiß, daß es im Wesen der nationalliberalen Partei als Mit telpartei liegt, ausgleichend zwischen den verschie denen Erwerbsständen zu wirken und hat deshalb der nationalliberalen Partei deren Eintreten für einen weitgehenden Schutz der Landwirtschaft nicht verargt. Wogegen sie sich aber wehrt, das ist die Agrar-Demagogie unserer Zeit, die alle national ideellen Errungenschaften, wie sie gerade in der Block- Aera und besonders erfreulich in dem Ergebnis der sächsischen Wahlen zutage treten, rücksichtslos hin wirft, wenn es die selbstischen Eigeninleressen des Großgrundbesitzers erfordern. An dieser Politik ist auch der sächsische Konservativismus mitschuldig, weil er infolge mangelnder Energie sich auf die für die Abstimmung bedeutungslose Abgabe der Stim men für die Erbschaftssteuer beschränkt, nachher aber sogar sich dem Herrn von Heydebrand so löblich unter worfen hat, daß der vorgenannte Generalsekretär Kuntze gegenüber Bassermann erklären konnte, die genannte sächsische konservative Partei stehe geschlossen hinter Herrn von Heydebrand und der Lasa. Daß aber die Angehörigen von Sachsens Handel, Gewerbe und Industrie die Politik der Herren von Heyde brand und Oldenburg-Ianuschau mit ihrem Namen bei künftigen Wahlen decken werden, das wird Herr Opitz wohl nicht glauben. * Kaiser Wilhelm in Wien. Wir haben bereits im gestrigen Abendblatt ausführlich über den Herz- lichen Empjang, der unserem Kaiser in Wien zuteil geworden rst, berichtet. Es wird uns weiter dazu ge meldet: Im Maria - Theresia - Zimmer empfing Kaiser Wilhelm den Minister desAeußeren von Aehrent Hal, die obersten Hofchargen, die Garde kapitäne, den Hofmarschall in Ungarn Fürsten Palffy, die anderen Herren vom Hofdienste, den Ministerpräsidenten o. Brenerth, die gemein samen Minister, Generaladjutanten General der In fanterie Freiherrn Bolfras und die Staatsdame Fürstin Trautmannsdorft mit der Begleitung der Erzherzoginnen. Um 11 Uhr vormittags empfing der Kaiser eine Ofslziersdeputation des Husarenregi- ments „Wilhelm U., Deutscher Kaiser, König von Preußen" Nr. 7, die dem Kaiser aus Anlaß seines 25jährigen Inhaberjubiläums die Glückwünsche de« Regiments und den vom Offizierkorps gewidmeten Ehrensädel überreichte. Der Kaiser erwiderte das Geschenk durch Ueberreichung einer goldenen Bowle tm Empirestil mit einaravierter Widmung. Kaiser Wilhelm verlieb eine Reihe von Ordensau». Zeichnungen an hohe Militärs, u. a. den Schwarzen Adlerorden dem General der Kavallerie Grasen Uex- küll-GAllenband. AI Uhr mittags fand im Marta- Iheresta-Zimmer «in Dejeuner statt, dem beide Kaiser und die Mitglieder de« Kaiserhauses bei wohnten. — Kaiser Fran» Josef verlieh K a i s e r W i l he l m di« von ihm zu seinem M. Gc burtstage gestiftete Plakette, die er bisher nur an Mitglieder des österreichischen Kaiserhauses vcr- Deutlches Kelch. Leipzig, 21. September. * Das deutsch-soziale Fiasko im Königreich Sachsen. Man schreibt der „Natlib Korreip.": Mit großem Tamtam war in der sächsischen Presse der Deutsch soziale Parteitag für das Königreich Sachsen an gel ündigt worden. Die Deutsch-Sozialen find näm- lich auf ungeahnte Weise in den Besitz eines sächsischen Neichstagsmandats gekommen, und zwar dadurch, daß der jetzige Abgeordnete für Meißen, Herr Gäbel, sich mit seinen Freunden von der Resormpartei ver zankte und aus diesem Grunde der Wirtschaftlichen Vereinigung beitrat. Der Erhaltung des Meißener Mandats und der Ausbreitung der deutsch-sozialen Partei in Sachsen galt nun der Parteitag, für den man zwei illustre Namen als Redner gewonnen hatte, nämlich den Abgeordneten für Kassel, Herrn Lattmann, und Herrn Freiherrn von Levetzow. Der erstere sollte über die politische Lage, jener über „Hansabund und Bauernbund" sprechen. 2n der ge schlossenen Hauptversammlung wurde der Bericht über die Entwicklung der deutsch-sozialen Organisation erstattet und überall ein „lebhastes Vorwärtsschreiten" stestaestellk. Wieviel Vereine die Deuisch-Sozialen in Sachsen heute Haden und wieviel Mitglieder diesen Vereinen angehören, wurde llüglich nicht verraten. Schlimm kann es aber mit der Beteiligung bei diesem internen Parteitag nicht gewesen sein, denn in der öffentlichen Versammlung, die dem Parteitag folgte und der die weiteste Oeffentlichkeit ein geladen war, waren ganze achtzig Personen er schienen, von denen etwa 15 bis 20 auf Mit glieder der natronalliberalen Partei und Mit glieder des Hansabundes entfielen. Po: etwa 60 Per sonen „herbeigeströmter" sächsischer Deutsch-Sozialen mußten nunmehr die beiden auswärtigen Reoner ihr Programm entwickeln, aus dem lediglich zu bemerken ist, daß ausgerechnet der mit nationalliberaler Hilse in der Stichwahl gewählte Herr Lattmann die Parole ausgab, daß die Konservativen bei etwaigen Stich wahlen zwischen den nationalliberalen Abgeordneten von Leipzig, Löbau und Annaberg Gewehr bei Fuß stehen würden, um die Nichtwiederwahl dieser natio nalliberalen Abgeordneten auch auf Kosten sozial demokratischer Siege Herdeizuführen. Wir glauben, daß die Herren sobald kaum Gelegenheit nehmen werden, nach Sachsen zurückzukommen, denn dieses erste traurige Ergebnis ihres Einfalls nach Sachsen wird sie davon überzeugt haben, daß hier kein Be dürfnis vorliegt, die Buntscheckiakeit der politischen Parteigruppierungen noch durch Einführung der Wirtschaftlichen Vereinigung in das sächsische Partei getriebe zu vermehren.