Volltext Seite (XML)
sie geh« ost durch «in« lächerliche, unsagbar lächerlich« Nichtlg- kctt in Brüche! So auch bei Klaus Broock und Hermann Harn. Und bei ihnen hießen diese Nichtigkeiten ein Hund und eine Gans. Der Schmied besaß einen kleinen, frechen, stichelhaarigen Hund. Schnorz genannt, und der Stellmacher hatte von der letzten Winterschar noch eine einzige Gans Lberbehalten, die di« Stammutter einer neuen Herde werden sollte. Die Gans ging spazieren in des Schmiedes Kohlgärtlein und fraß uncingeladen vom frischen Grünkraut. Schnorz, des Schmiedes Hund, fühlte sich veranlaßt, allerdings ohne Auftrag seiner Herrschaft, auf Ordnung zu sehen, und da Schnorz ein Freund sachlicher Gründlichkeit war. schasste er das kohl- frcssendc Aergernis kurzerhand aus der Welt, d. h. er biß der Gans einfach den Hals durch. Darob großes Gezeter und Klagen im Stellmacherhaus, Borwürsc an die Schmiedsleute usw. usw. Aus! — Schluß I — Eine nahezu 3V Jahre alte Freundschaft ging in die Brüche, um einer dummen, naschhaften Gans willen, die ein allzueifriger Hund allzu energisch zur Ordnung gerufen hatte. Nach einigen Tagen tat dem Oesterreicher, der ein weiches Gemüt hatte, der Streit leid, er ging in die Schmiede und ver suchte mit freundlichen Worten die Sache wieder einzurenkcn, aber, aber! — Du lieber Gott, niemand kann gegen seinen Charakter! Und Dickschädel bleibt Dickschädel! — Der Westfale blieb wie Granit gegen die gutgemeinten Versöhnungsmorte des alten Freundes, und neu gekränkt zog sich der Stellmacher zurück. Adam und Linda erhielten von ihren Eltern strengstes Verbot, sich zu treffen oder miteinander zu sprechen oder sich auch nur zu grüßen. Die beiden Frauen gingen sich aus dem Wege, und wenn von jetzt ab der Stellmacher Schmiedearbeit braucht« oder der Schmied des Stellmachers bedurfte, so holten sich beide Hilfe aus Soest. Natürlich litt darunter das Geschäft der beiden Handwerker bedenklich. Es war trostlos. Und Himmelfahrt sollten die beiden jungen Menschen die goldenen Ringlein tauschen als offenes Zeichen des Verlöbnisses. Adam und Linda hatten sich von Herzen gern und waren tiestraurig, daß ihre ersehnte schöne Zukunft nun zerstört schien. Des Abends, wenn alles still war, schlichen sich beide aus dem Haufe ihrer Eltern und berieten, wie man könne dem unseligen Zwiste ein Ende machen. Aber sie fanden keinen Weg, di« alte Freundschaft der Eltern wieder herzustellcn. Da kam ihnen das Geschick, allerdings auf recht seltsame und gefährliche Art, zu Hilfe. Klaus Broock war ein außerordentlich tüchtiger Hufschmied, und sein Ruf als solcher ging bis weit in die Westfalcndörfer von Soest «nd Lippstadt. — Da brachte, es war der Montag vor Himmelfahrt, der Bauer Lahde einen riesenhaften, stämmi gen Bullen mit tückischem Blick und starrem Nacken zum Huf beschlag. Nur unwillig ließ der Stier seine Hufe mit Eiscn- schuhen belegen, viel Zuredens, Stoßens und Schiebens seitens ves Bauern bedurfte cs, um den gewaltigen Burschen willig zu inachcn, aber plötzlich zuckte das Tier' zusammen, schnieb mit der Nase wie ein Tiger, senkte tückisch den Kops, und mit einem kurzen Ruck hatte es die Leiden Eiscnringe, an dem seine Ketten festgemacht waren,- aus der Mauer gewuchtet, und ehe Meister und Adam und Bauer und Knecht zum Bewußtsein kamen, was geschah, raste der Stier davon. — Am Gartcnzaun neben der Schmiede stand Frau Martha, des Schmieds Weib, und band wilde Weinranken fest. Fünf Schritt davon hämmerte der Stellmacher an einer Wagendeichsel. — Da — ein Schrei! Der Stier nahm sich die Meisterin zum Ziele seines Angriffes. Aber der Stellmacher war doch noch flinker als der wütende Stier'. Im Augenblick erkannte der Oesterreicher die Gefahr, und mit seinen langen, langen Deinen tat er einen riesenhaften, doppelten Satz und sprang dein anftürmendcn Bullen mit solcher Wucht in die Flanke, daß das Tier in die Vorderbeine brach. Das war Frau Marthens Rettung. Sie flüchtete durch den Garten ins Haus, schreiend und.jammernd. — Nun waren aber auch Frauen werden mehr als je schlaflos liegen, während die Män ner draußen mit dem Schicksal kämpfen, ja, mit der wilden See, der sie ihr bitteres Brot abringen. Er blieb in Scham zurück, wagte sich nicht in die vorderste Reihe. Ja. es war heute, als dürfe er die Männer nicht ansehen, als müsse er abseits stehen, während sie den Toten erwarteten. „Mutier", er krampfte die Hände: „Mutter!" wiederholte etwas milde in ihm. Aber das Gefühl der Ausgeschlossenhcit, das eigener Eeringheit vor den andern wurde so stark, daß er die Zähne in die Lippen schlug. Jene Gemeinschaft mit dem täglichen Tod, die sic heute alle umschloß, traf ihn nicht. Ein Ausgestoßener war er. — Ein halblautes Rufen kam von der Mole herauf, dann trugen sie, eingehllllt in sein Segel, Hinnerk Jcbens, den Fischer- ältesten, vorbei. . ' Langsam folgten die andern dem Zug. als gelte es ihn z« geleiten. Schuster Kock blieb stehen, er vermochte dem Toten nicht zu folgen. Er sah, daß zwei Männer auf dem Boot des Fischerältcsten zurückgeblieben waren. Sie verstauten die Segel und dir Netze und deckten die Kapp zu. Der Tochtcrmann des Toten war dabei. Jäh ging der Mann zum Schiff, stieg über und half den Leiden. Er sagte nichts, sie wunderten sich auch nicht, wer sollte ihnen wohl nicht Helsen bei solcher Not. „Nun fährst Du wohl das Boot?" fragte Kock den Tochter mann plötzlich. Der zuckte die Schultern und arbeitete weiter: „Wenn ich knen Mann krieg," sagte er. Waren nicht viele Leute für die Arbeit auf den Booten. Dn war es, daß der Schuster, über's Netz gebückt, ant wortete: „Wenn Du 'neu Knecht nötig hast, helf ich Dir erst mal!" Der juirge Fischer hielt mit der Arbeit auf, er glaubte nicht recht gehört zu haben und schüttelte den Kopf. Er begriff nicht, wie einer, der gut in den Dünen saß, sich heute zum Fischen »agen wollte. Aber in den Augen des Jüngeren flackerte es bös« auf, als MÜrde er allen Fragen hart begegne». .Doch, ich geh mit!" Klans Broock «nd Adam und auch der Bauer mit seinem Knechte zur Stelle. Und das war höchste, allerhöchste Zeit! Denn der Stier wollte sich gerade erheben und den von dem furcht baren Anprall wie zerbrochen am Boden liegenden Stellmacher annehnien. Da zeigte Klaus Broock, was Westfalenfäustc, zu mal wenn sie einem Schmied« z« eigen find, können und oben drein. was ei« Westfalenherz vermag. Mit schnellem Schritt war der Schmied beim Stier, faßt« ihn mit hartem Griff bei beiden Hörnern und drückte nun den mächtigen Kopf mit schier übermenschlicher Kraft in den Schlamm der Straße. Das Tier lag auf den Knien der Borderfüße und schäumte Gischt der Wut aus Maul und Nüstern, und mit den Hinterbeinen raste es im In der Heimat. Von F. SchrönLhamer-Heimdas. Ich' lieg am Haselbühle Und schau die Heimatwelt: Das Dorf, die Erlenmiihle, Den Wald, das gelbe Feld. » Die ernsten Menschen reuten Im Schlehgcstriipp am Rain Die klaren Glocken läuten Die Morgenmesse ein. Was lispeln mir die Birke,,? Liebe und Leid genug. Auf schmalen Nainbezirken Bewegt sich still ein Zug. Ich höre durch das Schwei gen Ruf- «nd Responsgebet. Das wie im Traum so eigen Zu mir heriiberweht. „Herr, gib ihm die ewige Ruhe." „Ihm leuchte das ewige Licht." Sie trage» eine Truhe. Ich wende mein Gesicht. Was lispeln mir die Birken? Liebe und Leid genug. Aus schmalen Rainbezirken Bewegt sich froh ein Zug. * Da schreiten liebe Gäste, Die Myrte an der Brust, Bereit zum Lebenssrste Ein Paar in Jugendlust. So will's das Leben haben, Es fordert ohne Laut. Der eine wird begraben, Der andere getraut. Ts ist die gleiche Stunde, Die Lust und Leid vermischt. Hier blutet eine Wunde, Und dort wird aufgetischt. Eins muß das andre erben. Dem Leben schcint's gering, Ob Werben oder Sterben, Ist alles nur ein Ding. Halbkreise, zerbrach den starken Lattenzaun wie Strohstengel und wühlte den Schlamm auf, daß die schwarzroten Erdbrocksn umherstieben. „Ketten!! — Holt Ketten und bindet ihm die Vorderbeine!" schrie Klaus Broock. Und nun schnürten sie dem Stiere die Vor derbeine zusammen. Des Meisters Antlitz färbte sich purpurn, und die Adern auf Stirn und Nacken lagen fingerdick unter der Haut und wollten schier berstSki, so furchtbar riß ihn die Uebcranstrcngung zusammen. An die zwei Minuten mochte er nun schon den Ochs niedergezwungen haben. Nun warfen sie dem Wildling feste Stricke um die Hinterbeine, zogen die Schlingen zu und niit einem Ruck die Füße vom Boden, so daß er zusammcnbrach, und nun fesselten sie chm die Hinterbeine. „Loslassen!" schrie Adam. Da sprang der Meister zurück, taumelte und brach ohn mächtig zusammen. Die gewaltige Ueberanstrenguiig halte ihn gefällt. Der Bulle lag nun keuchend im Straßcnkote mit letzen der Zunge und wuttriefenden Augen und tobte sich in seinen Fesseln aus, bis auch ihn die Kräfte verließen. Die Nachbarn, di« sich zugesellt, trugen den ohnmächtigen Schmied ins Haus, und Linda und ihre Mutier geleiteten ihren Vater heim, der ächzend ud stöhnend auf die Frauen ge stützt heimhumpelte. — Zwei Tage weiter. Der Stier war am Abend des Unglückstagcs auf einen Karren nach Haus« gefahren worden. — Der Schmied stand, längst schon wieder hinter den, Amboß und hieb mit wuchtige, Schlägen auf das rotglühend« Eisen. Aber der Stellmacher lag noch auf dein Lager, denn drftl aus Soest herbeigcholte Feldscher hakte festgesteNt, daß dem Wackeren zwei Rippen angebrochen seien. Doch fröhliche Laune war dem wackeren Oesterreicher längst zurückgekehrt. Er war so' glücklich, seinem alten Freunde, dem Schmiede, zum zweiten Male im Leben aus großer Not geholfen zu haben, denn wäre er, der Stellmacher, nicht so kurz entschlossen und mit so furcht barer Wucht dem wilden Stier in die Flanke gesprungen, wahr lich. Frau Martha hätte ihr Leben lassen müsse». Ain Abend vor Himmelfahrt tat sich iin Stellmacherhause die Tür auf, und ein Kleeblatt trat leise und ftirsichtig ein. Der Schmied, sein Weib und Adam. — Sie schritten zum Bett des Stellmachers, und ergriffen und feuchten Auges reichte ihm Klaus Broock die Hand. — „Ich danke dir viel, alter Junge! Du bewahrtest mein Weib vor furchtbarem Tode! Du Treuer, du Guter! Und nun laß uns wieder Frieden schließen!" Dem Oesterreicher zitterten die Lippen, so bewegt war er, und sein Weib am Fenster und Linda am Ofen weinten Tränen der Rührung. Aber der alte Wiener Humor gewann bei dem Stellmacher sofort wieder Oberwasser'. Cr schluckte ein für witzig Tränlein tapfer hinunter und rief: „Gott sei Dank! Der Bulle kam zur rechten Zeit, Klaus! Sonst wäre das morgen eine traurige Himmelfahrt geworden! Nun aber kein Wort mehr vom Vergangenen! Vorbei ist vorbei! Alles ist gut ab- gelausen, bis auf ein paar lappiger Rippchen bei mir, und auch die werden wieder heil werden! — Und unsere Kinder Klaus? Was wird nun aus Adam und Linda?!" „Die sollen morgen die Ringlein tauschen, wie seit langem beschlossen!" Da liefen die Leiden juirgen Menschen voller Glück aus ein ander zu und faßten sich an beiden Händen. Der Stellmacher aber ries: „Nun geht morgen zum Bauern Lahde und bedankt euch bei seinem Stier! Ohne den hättet ihr euch nimmer gekriegt!" »Ja, Freund!" lachte der Schmied behäbig und glücklich, das mag wohl stimmen, denn Westfalenschädel sind hart!" Deutscher Kunst-Erfolg kn Japan. Zum erste» Male ist jetzt in Japan die deutsche Kunst aus offizille Einladung der japa nischen Regierung in Tokio und Osaka gezeigt worden. Durch Vermittlung der Kunstabteilung des Auswärtigen Amtes wurde in dem neucrbauten Kunstpalaste in Tokio eine Ausstellung von neuer deutscher Kunst und deutschem Kunsigewcrbe veranstaltet. Die Zusammeiibrmgung des Materials lag in den Händen von Otto Bav.r. de», Geschäftsführer des Deutschen Werkbundes und von Dr. Walter Riezler, dem M-nseumsdirektar in Stettin. Es folgte dann in Osaka eine zweite Veranstaltung in dem neuen Gebäude der großen Tageszeitung „Osaka Asahi ShimLun"". Die deutsche Ausstellung hat in der japanischen Presse einen starken Wicderhall gehabt. Dabei ist zu berücksich tigen, daß wiederholte Ausstellungen neuer französischer Kunst voran gegangen waren und daß sich diese schon den Markt in Japan erobert hatten. Da nun die deutschen Preise bedeutend höher liegen müssen, als die französischen, ururden verhältnis mäßig wenig Bilder und Plastiken verkauft. Dagegen war der Ersold der kunstgewerblichen Abteilung sehr gut auch in wirt schaftlicher Hinsicht, vor allem, wenn man berücksichtigt, daß diese erste Ausstellung eine Art Versuch darstellt, um herauszuspüreii, . für welche Dinge der Japaner ein besonderes Interesse bat. Der Gesamtwert der kunstgewerblichen Abteilung betrug ungefähr tO OW.— M., und fast der vierte Teil davon ist verkauft worden. Dasjenige, was die Japaner gekauft haben, stellt ihrem Qua litätssinn «in gutes Zeugnis aus. Denn gerade die Gebiete, auf denen das deutsche Kunstgewerbe führend ist, haben di« stärkste Abnahme gefunden. So ist von den hingesandten Glassachen, Glasbläsereien und geschliffenen Zielgläsern kein einziges Stück wieder zurückgckommen. Die modernen schönen Emailarbciten, die hingeschickt worden sind, wandelten fast ausnahmslos in di« Hände japanischer Käufer. Von den Handwebereien ist ebenfalls viel verlaust worden, teilweise auch Ziergegenstände aus Por zellan. Die ganze Ausstellung konnte diesmal nicht sehr groß sein, einmal wegen der Transportschwierigkeit«n und dann, weil sie nur eine Ergänzung zu der ganzen Kunstausstellung darstellte. Der Erfolg ermutigt, das nächste Mal mit einer größeren Schau den Japanern ein Bild des heutigen Schaffens ln Deutschland zu geben. Handdruck. Von Karl Lütge. Von den klobigen Schraubstock-Handpressen bis zu den pflaumenweichen Handreichern ist ein weiter Schritt. Denn da zwischen findet ein gar verschiedenartig temperiertes Hand gereiche statt — von „Rechter Hand, linker Hand: beides ver tauscht", bis zur kalten Höflichkeit eines Zwangshändcdrucks. Wessen Hand im Lauf« seines Lebens schon durch „vieler Leute Hände" gegangen ist, der wird ein Lied singen können! Als man noch klein und lumb war und „Händchen" zu ver ausgaben hatte, da war er schon eine bitter gehaßte Angelegen heit. „Gib dem Onkel ein Patschhändchen, Karli." Wider strebend tat mails. — Einige Zeit später: „Willst Du nicht ein HLndckzen geben, Vengel?" Gehorsam vollzog man die Hand- langung. — Und noch ein paar Lebensaugenblicke später: „Be- » »« » VNnkttchrer. Schlechte Laune gehört in die Klasse der tödlichen Eiste, Nur allzuoft kann ein Mensch, von der schlechten Laune besessen, aus lauter Unbeherrschtheit, seinen Nächsten seelisch töten. Die Gewissensbisse richten ihn innerlich freilich selber zugrunde. Wiederbelebungsversuche sind auf der anderen Seite dann oft sehr schwierig. * Mir haben nur einen Anwalt, der für uns Partei nimmt: unser« Buße. Unzweideutigkeit und Unerschütterlichkeit sind die Zeichen starken Charakters. « ^ Nervöse Menschen halten sich für di« unverbrauchtesten und uinreizbarsten Geschöpfe. Sie finden immer, daß der andere Mensch furchtbar nervös ist. So nervös sind sie. * Unartigkeit wächst sich im Kurde, falls sieiricht frühzeitig im Keim erstickt wird, immer mehr zum Trotz und Eigenwillen aus. Im Alter hak sie sich schon MN Furioso der fixen Idee entpuppt. lLarlurrck Kraus«. grüße gefälligst auch die Tante Antonie!" Man begrüßte mit Verneigung und Handreichung. Begrüßung hieß es nun. Man hatte gelernt: Konventioneller Gruß: Hut abzichen. Vertrau licher Gruß: Händedruck. Der Handdruck war also eine Stufe höher bewertet. Er stellte Vertrautheit her. Er war eine Aus zeichnung. Man konnte sich geschmeichelt fühlen. Man konnte selbst damit auszeichnen. Alles mit dem Handdruck, zu dem man über das Patschhändchengeben in die Blüte seiner Jahre gekom men war. Damit wurde der Handdruck zu einer höchst feierlichen An gelegenheit. Man kultivierte sic. Man reiche mit Virtuosität die Hand. Und als man hörte, daß in anderen Ländern statt des Handdrucks zum Zeichen vertraulicher Begrüßung die Stirnen berührt, die Nasen aneinander gerieben, die Hände alle beide gegen die Hände alle beide des lieben Freundes gestemmt und derlei Grußtätlichkeiten vollbracht wurden, da stand es fest, daß man den Handdruck nicht länger mehr als leere äußere Höslich- koitsform »u üben hatte und auch nicht virtuos sich im Hand drücken betätigen durfte. Gefühl gehörte dazu, um den simplen Handdruck zu einer Bedeutung gelangen zu lassen, die dem Stirn- an-S-tirn- oder Rase-an-Nase-ckSruß ebenbürtig war. Nun merkte man auch (da man selbst Unterschiede beim Handdruck machte), daß dieser höchst unterschiedlich verabfolgt und erwidert wurde. Kam man nach irgend einem schönen Erfolg oder nach langer Abwesenheit einmal nach Hause, dann lag zu dieser Zeit der schönst« Lohn im Handdruck, der von den Eltern gegeben wurde. Die Freunde grüßten je nach Freude« oder Neidvermögen herzlich-fest oder lau-nichtssagend. Nervöse preßten die Hand wie im Schraubstock. Gleichgültige glitten schlüpfrig mit ihrer Hand über unsere erwartungsbereiten Finger hin. Vollnaturen taten es den Nervösen gleich im schmerzhaften Quetschen. Eine Abart der Nervösen, die Krankhaften, gleichen im Handdruck den Gleichgültigen, und viele andere taten cs noch anders; sie ließen die Hand minutenlang nicht los. Anders drückten, schüttelten, zerrten Jeder auf seine Art — und immer gleich. Als inan sich durch alle diese Handdvuckarten hindurchgedrückt hatte und irgend ein neues Moment sich nicht mehr ergeben wollte, erlahmte das Interesse rasch wieder am Handdruck, und man gelobte sich sowohl die virtuose Ausübung stillschweigend ab, wie das gefühlvoll« Unterscheiden. Denn man bekam nun feinen eigenen Handdruck. Wie unser Handdruck ist. das wissen wir meist selbst nicht. Das zu beurteilen, ist Sache der anderen. In diesem Sinne, lieber Leser, drücke ich Ihnen dt« Hand — — ft ft ?.