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rr. MSr) 1927 — »Dresdner Nachrichten- — ßrinnerungen an den Hof Kaiser Wilhelms I. Der langlührlg« deutsch, Notschalter I« St. Veterlburg. Seneral v. Schweint» «18«, bi« I«vt>. ha» Sebent- «rtnnerungen Hinterlagen dl» »kr dt» deutsch» Beschicht» de» tv. Jahrhundert» von hftchlier Bedeut«»» find. Sie erscheinen demnächst unter dem Lttet „Dentwürbtgkettrn de» votlchaster» General v. Lchwetuth" tm Berlage von Relmar Hobbtug tn Berlin. Wir lind heute lcho» tn der Lage, au» dem »ege» man Leiten umfassenden Werke einig» «blchnitte »» vertislentlichen Bvtschafter ». Lchmetnttz war von Petersburg au» in Berlin ein- getroffen, um an der Hochzeit de» Prinzen Wilhelm mit der Prinzessin Auguste Biktorta von TchleSwig-Holstein teiizunehmen. 20. Februar >881. St. Petersburg. Abends kam ein Tele- ramm von BtSmarck: eS lautete: „Der Kronprinz wünscht e zur Vermählung hier zu sehen und fragt mich, ob geschält- liche Hindernisse Vorlagen: meiner Ansicht nach ist dies nicht der Fall: ich werde noch lnmte dem Kaiser Vortrag darüber Halten, und stelle Fhnen anheim, sich vorzubcreiten." Die Zu stimmung und ein freundliches Telegramm des Kronprinzen kamen bald nachher, und so will ich denn mit Freuden reiten. 28. Februar. Berlin. Gestern vormittag machte ich Be- suche: dann sprach ich mit den Nöten im Auswärtigen Amt, Busch und Bücher: obwohl es )42 war. so hatte Fürst Bismarck sich doch noch nicht sehen lassen, auch Graf Rantzau mar noch nicht da. Ich frühstückte im Hotel und fuhr dann nach Belle- vue. Die Braut machte einen vortrefflichen Eindruck: frisch und anmutig trat sie in den Kreis der hohen Familie, ver neigte sich sehr tief vor der Kaiserin und schritt dann am Arme -es Kaisers durch die Reihe der Hosleute: der Kaiser stellte «nS ihr vor. Um 6 Uhr war Diner im Palais des Königs. Heute fuhr ich, nachdem ich im .Kaiserhof gcsrtthstückt batte. In» Schloß und erfreute mich zunächst am Anblick der 2. Kom pagnie des Ersten Garde-Regiments zu Fuß. welche, von Prinz Wilhelm kommandiert, mit Grenadiermützen ausmar- schiert waren: diese Kompagnie war einmal die mcintg« ge wesen. Schon auf der Wendeltreppe begegnete ich vielen alten Bekannten: oben augekommen, suchte ich mir das Plätzchen, «o ich io oft bet ähnliche» Gelegenheiten gestanden !>atte. an der Ecke neben der Apotheke: cs waren aber einige mir un bekannte Minister oder Bundesräte da. so daß ich mir eine andere Stelle suchte: diele fand ich an einem Fenster des nächsten Zimmers, und zwar mit der alten Gräfin Alvens- ledcn, Gräfin Hacke. Herzog v. Nattbor und Fürst Bis marck zusammen: dieser war zu allgemeiner Ueberraschiing und mit kluger Erwägung der bedeutsame» Umstände erschte- nen: er trug eine ganz neue Ministeruniform und sah wohl, aber nlchi recht fest auf den Beinen ans: er mußte sich oft setzen. Der Fürst sprach mit mir über den Beweis von alter Anhänglichkeit, den mir der'Kronprinz gab. indem er die Ge nehmigung deS Kaisers zu meinem Hierherkommen nachsucht«: tm übrigen mar er recht freundlich, fragte nach de» Meinen, teigte aber keine besondere Neugierde nach russischen Nach richten. Wenn BiSmarck mit seinem riesigen Oberkörper die Fensterbrüstung ausfiillte, dann mußte ich mich damit be- -ilügcn, in einem schräg zum Fenster stehenden Spiegel den Zug der Braut zu beobachten: er zeigte sich in diesem Glase in seiner ganzen Länge bis icnseitS des Denkmals Friedrichs des Großen. Die Braut machte bei ihrem Eintritt denselben vortrefflichen Eindruck, wie tags zuvor. 28. Februar. Gestern fuhr ich um ^7 ins Schloß. Wir «arteten tm KünigSziiiimcr. bis vier riesige GardeS du Corps die kleine Prlnzcisinncnkroiic brachten. Bald nachher setzte sich der Hochzeitszug in Bewegung: ich ging hinter dem Kaiser, welcher die Königin von Sachsen führte. Es war ein schöner Anblick, als wir in den Weißen Saal einbogcn und dl« Spitze deS Zuges die Stufen zur Kapelle hinanssteigcn sahen. Hierauf folgte die Desiliercour. dann Zeremonien, tos«! und Fackeltanz: schließlich wurde das junge Ehepaar in seine Gemächer geleitet. Die ganze Feier mar großartig, prächtig und vornehm: die Ordnung war musterhaft: die erhabene Erscheinung des Kaisers gab dem ganzen eine höhere Weihe. Heute mar Kirchgang. 8. März. Am l. war großer Ball im Schloß. Am 2. aß ich um 5 Mir bei Bismarck mußte mich aber verabschieden, ehe die Zeit zur politischen Besprechung da mar. well ich zu 7 Uhr eine Einladung -cs englischen Botschafters angenommen hatte, wo ich mit dem Kronprinzen, der Kronprinzessin und dem Prinzen von Wales speisen sollte. Letzterer war. wie immer, sehr freundlich und sagte mir unter anderem, er hoffe, mich dereinst als Botschafter tn London zu sehen: ich antwortete, das, dies meiner Frau und mir sehr erwünscht sein würde daß aber das Zehnte Gebot mir untersage, den Posten meines Nächsten zu begehren. Nach Tisch im Rauchzimmer Lord Odos hatte ich eine lange Unterredung mit dem Kronprinzen bezüglich der Entlassung Eulcnburgs lGras Botho zu Eulen- bürg. 1878 bis 81 Minister des Inner,N und der unsicheren Stellung aller hohen Beamten gegenüber Bismarck. Dann verabschiedete ich mich von dem Prinzen, der mir herzlich da- für dankte, daß ich zur Hochzeit gekommen sei. Als ich in den Saal zurückkchrtc, ließ mich die Kron prinzessin rufen und neben sich setzen. Unter vielem anderen sagte ich ihr, sie möge mir nicht zürnen, wenn ich Vom Botschafter General v. Schwei«itz. offen gestände, warum ich mich über die Heirat am meisten freue: dt« junge Prinzessin war inmitten des Landadels auf. gewachsen: sie werde also hoffentlich verstehen, wo die wahren Wurzeln unserer Kraft zu suchen seien usw. „Sie meinen/ antwortete die Kronprinzessin, „daß sie da» begreifen wird. waS ich nie verstanden habe/ Am Donnerstag X12 Uhr war ich bei der Kaiserin Augufta,- sie setzte sich mit mir anö Kamtnfcuer und hielt mir einen langen zusammenhängenden Bortrag, der mich durch die vollendete Form de» Ausdrucks und die überraschende Fülle ihrer Information tn Bewunderung setzte. Er zerfiel in drei Teile, deren erster unser Verhältnis zu Rußland betraf, während der zweite den Kronprinzen, der dritte den Kulturkampf behandelte. Die hohe Frau war von der Besorgnis erfüllt, baß wtr düpiert würden, daß wir uns zu tief mit Rußland einlicße», und daß Herr o. Saburow lNiissischer Botschafter in Berlins beim Reichskanzler mehr Gehör fände, als gut sei. Das beste, ivaS Fürst Bismarck je getan habe, sei das im September 1870 mit Oesterreich geschlossene BUndntS: dieses müsse festgehalten, nicht aber durch unsichere Abmachungen mit Rußland gefährdet wer den. „Nur nichts Schriftliches!" rief Ihre Majestät wieder holt ans, und bewies mir dadurch, daß sie mehr weiß, als Ich dachte. Jchsagte nur. daß mir mit Rußland gut stehen müßten, um Ruhe vor den Franzosen zu haben. Dies gab die Kaiserin zit, sprach sich auch mit mehr Anerkennung,, als ich zu finden gewohnt bin. über meine Wiener Tätigkeit aus, und sagte geradezu, baß ohne diese daö ganze Verhältnis zu Oesterreich nicht zu erreichen gewesen wäre. Sie blieb aber dabei, daß ich bcn Fürsten BiSmarck vor Saburow warnen und mich selbst nicht düpieren lassen solle. Bon Gambelta sprach sie mit Geringschätzung und von dem sittlichen Verfall der Pariser Kreise mit Ver achtung. Ich bemerkte nur, daß wir sehr gut wüßte», was wir von Saburow zu Hallen hätten, -aß dieser aber seine Karriere durch Herstellung guter Beziehungen zwischen Petersburg und Berlin mache» wolle »nd also bis auf weiteres nützlich un sicher sei: düpiert könne ich in Rußland nicht werden, weil ich mich nicht von Vertrauen, sondern durch die Kenntnisse dessen leiten ließe, was die dortige Negierung augenblicklich tun könne Und müsse. Vom Kronprinzen sprach die Kaiserin mit Sorge um seine Gesundheit, mit Bekümmernis wegen seiner Stimmung und Verbitterung. lieber den unseligen Streit mit der Kirche brachte Ihre Majestät nichts Neues vor. Um 8 Uhr empfing mich der Kaiser und behielt mich lange bei sich,- heiter, klar und ernst sprach er über die russi schen Zustände: ans allem, was er sagte, erkannte ich, daß er meine Berichte aufmerksam liest, von anderen Leuten vieles hört und beides mit seiner langjährigen Kenntnis des russi schen Hofes zusammenfügt. Gnädig und herzlich entließ er mich. Aus dem Palais eilte ich in den Reichstag. Da eine lebhafte Debatte im Gange war, an der sich Bismarck be teiligte, ging ich gegen S Uhr weg. um tm Hotel mit Oskar und Bodo Unruh zu essen. Um 8 Uhr ging ich zum Fürsten: ich fand ihn damit beschäftigt, die stenographischen Berichte seiner Reden zu korrigieren. Als er mit dieser Arbeit fertig war, nahm er mich tn sein Kabinett und sagte, er habe mich über den Stand der mir bekannten Verhandlungen mit Wien unterrichten wollen: Hayinerte lösterrcichisch-ungarischcr Außenminister» mache Schwierigkeiten: kleinlich, ohne große Auffassung, in Angst vor der Presse, setze er den ganz ver ständige» Anerbietungen Rußlands Hindernisse entgegen: ohne Kraft und ohne Mut erhebe Oesterreich Ansprüche, die esgar nicht er n st meinen könne: die Augen seien größer als der Magen nkv. Ich verhielt mich im allgemeinen schweigsam. Er erzählte mir daun, daß er erst durch den Großherzog. dann durch den König von Sachsen versucht habe, den Kaiser Franz Joseph aufzuklären: crstcrer habe lächerliche Weitläufigkeiten gemacht, und auch letzterer zeigte keine große Lust, mit dem hyper-konstitutiv ncllen Monarchen über die Sache zu sprechen. Er. Bismarck, gebe es aber nicht ans, den Kaiser von Oesterreich zu über- zeugen, daß es in seinem dringenden Interesse läge, sich durch das vorgeschlagene Abkommen vielleicht zehn Jahre Frieden zu sichern. Haymerle wolle uns zu noch weitergebenden Ver pslichtungcn gegen Oesterreich tm Falle eines Konfliktes mit Rußland verlocken: dies werde ihm aber nicht gelingen. Hierauf antwortete ich znstimmcnd. ließ aber die Bemerkung fallen, daß es mir schiene, als ob Herr v Saburow etwas mehr von seinem intimen Verkehr mit ihm. dem Fürsten, spräche, als notwendig wäre. Um 1! llhr verließ ich Berlin mit wohltuenden Eindrücken dynastischer, mit Besorgnissen in gouvcrnementaler Beziehung: so wie jetzt, kann cs kaum lange weiter gehen. Das Beispiel, welches Graf Eulenburg gab. indem er schnell, klug und wür dig abirat, um seine Zukunft nicht zu gefährden, wird Nach, solger finden. Der Fürst sagte mir unter anderem, viele Leute richteten ihre Augen auf den Kronprinzen, und rechneten darauf, unter diesem zur Macht zu kommen: er werde dann nicht mehr mttspielen. aber er könne nicht zugeben, daß man di« Rechte des Königs opfere, um Popularität zu gewinnen. Die Reichsmaßnahmen für das Rheinland. Eine Kanzlerre-e im Aelchslage. lDrahtmeldnna unterer Berliner Lchrtttleitung.I Berlin, 26. März. Im Reichstag leitete heute Reichs kanzler »nd Minister für die besetzten Gebiete Dr. Marx die zweite Lesung des Haushaltes des Ncichsministeriumö siir die besetzten Gebiete mit einer längeren Rede ein, in der er aus- führtc. daß er dem Reichstag und den Bewohnern des be setzten Gebietes zeigen möchte, daß das Ncichskabinett be müht ist. im Nahmen seiner finanziellen Verpflichtungen und Kräfte der rheinischen Bevölkerung wenigstens einen gewissen Ausgleich für die Lasten und Beschwerden, die die Besetzung mit sich bringt, zu bieten. Die Räumungöfrage soll dabei als eine außenpolitische Angelegenheit außer Betracht bleiben. Der Minister gerb zunächst einige Zahlen über das Ausmaß der Besatzung. Immer noch stehen 75 006 Mann fremder Besatzung aus einem Gebiet, das vor dem Kriege nur S6Ü0Ü Mann Militär anfwies. Gegen 26 deutsche Garnisonen vor dem Kriege sind jetzt 116 alliierte Garnisonen zu verzeichnen. lLcbh. Hört, hört!) 9864 Wohnungen sind von der Besatzung noch beschlag nahmt. In der zweiten Hälfte des Jahres 1926 wurden etwa 666 zurückgegcben. Das ändert aber nichts daran, baß unsere berechtigten Forderungen ans diesem Gebiete noch unerfüllt sind, zumal die Truppenherabsetzung nur 6 Prozent erreicht hat. Der Minister gab der Erwartung Ausdruck, daß die gesamte Herabsetzung der BcsatznngSstärke nunmehr bald er folge. Insgesamt seien 7788 Besatznngswohnnnqcn errichtet morden, ferner durch Gewährung von Bandarlchen 4V81 für die dentsche Bevölkerung, «m den durch die Besatzung ent zogenen Wohnranm zu ersetzen. Zurzeit steh« der Reich 5- komnitssar in Koblenz in Verhandlungen mit der Nheinland- kommtssion über die Revision des sogenannten OrdonnanzsystemS. Die Verhandlungen würden voraussichtlich noch über «inen Monat in Anspruch nehmen. Das deutsche Volk erwarte be stimmt, daß sich die Besatzung künftig bei Einmischungen in deutsche Verhältnisse auf das objektiv notwendige Maß be tränke und daß sich namentlich Vorgänge wie beim Roucier- rozeß nicht wiederholen. Auch in der Frage der Ausweisungen «nd Verurtei lungen der französischen Kriegsgerichte werde eine befriedi gende Regelung des noch unbercinigtcn Restes mit Nachdruck gefordert. Der Minister verwies dann auf den Fonds für kulturelle Zwecke, der zur geistigen Erhebung, zur kul turellen Ertüchtigung der Bevölkerung und für charitative Zwecke bereit steht. Neu eingestellt seien 800ONO Mark zur Förderung von Wirtschaft und Arbeit im besetzten Gebiet, 400 000 Mark für besondere Zwecke des besetzten Gebietes und 80 Millionen zur Beseitigung der Notlage bei den Gemeinden, mittleren und kleinen Betrieben in Gewerbe, Handwerk und Landwirtschaft, sowie bet den Angestellten und Arbeitern im besetzten und geräumten Gebiet. Persönliche Beihilfen kommen bei dem 90-Millionen-Fonds nicht in Betracht. Der so genannte Härtefonds für Rhein- und Ruhrschäden befindet sich tm Stadium der Abwicklung. Im ganzen sin- 00 000 Anträge gestellt worben, von denen 40 000 bereits ihre Erledigung ge funden haben. Dr. Marx erklärte dann: Ich bitte die Wirtschaft deS un besetzten DentfchlandS, im Rahmen des wirtschaftlich Möglichen und unter Bcriickstchtignug des nationalen Gesichtspunktes dem besetzten Gebiet durch Erteilung von Aufträge« möglichst zu Hilfe z« kommen. Notwendig sei es auch, daranf hin- zuwciscn, daß noch mehr als bisher der Besuch des besetzte« Gebietes ersolgt. Hier muß manches unbegründete Vorurteil fallen gelassen werben. Hier bitte ich besonders auch um die Mithilfe der deutschen Presse. Der Minister schloß seine Ausführungen mit herzlichem Dank an die Bevölkerung de» besetzten Gebietes, die seit langer Zeit das Leid der Besetzung mit bewunderungswürdi ger Vaterlandsliebe, Selbstbeherrschung und Aufopferung ge tragen habe. Abg. Fra« SchifsgenS sSoz.j erklärte, daß mächtiger noch al» das übrige Deutschland die Bevölkerung des Rheinlandes das negative Ergebnis der Genfer Verhand lungen empsnnbcn habe. Nicht einmal eine bestimmte An gabe über die geplante Herabsetzung der BesatznngSstärke sei erreicht worden. lvet Schluß der Slrbaktto» dauert die Sitzung «och «u) Nr. 145 Seite S Preußens gemachte Besorgnis. u« dt« Möglichkeit einer Rückkehr »«» Kaiser». IDrahi Meldung unterer Berliner Lchrt1»lettuug.l Berlin, 26. März. Bon führender politischer Seite gehen und folgende Ausführungen zu: Der prenßtsche sozialbemo- kratische Ministerpräsident Braun hat sich verpflichtet ae- fühlt, und zwar ohne daß «in Anlaß dazu bestand, das Reichs- kabtnett auszufordern, dem frühere« Kaiser eine Rückkehr nach Deutschland unmöglich z» mache«, wen« nicht Preußen aenötiat «erden sollte, für sein Landesgebiet entsprechende Vorkehrungen «egen de» einstige» preußischen König zu treffen. Das Retchskabinett wirb sich nun mit einer Frage zu befassen haben, dt«, entgegen der Darstellung des preußischen Ministerpräsidenten, gar nichts Politisches an sich hat. die lediglich eine menschliche und rechtliche Frage ist. ES ist eine dumme Lüge, wenn heute der sozialdemo kratische „Vorwärts", um das Schreiben Brauns propagan distisch zu unterstützen, behauptet, Kaiser Wilhelm habe sich früher einmal an die deutschnationale Partei leitung gewendet, um den Eh re noorsitz zu erhalten. Der Kaiser hat bisher noch nicht die Absicht geäußert, nach Dentschland zurückzukehren. Aber waS hat er getan, daß man ihm die Heimat, die doch dem Acrmsten noch verbleibt, verschließen will? Hier wlri^ und das ist sehr bezeichnend, auch nicht ein einziger Gruno angeführt. Man erklärt lediglich, der einstige Kaiser „könnte etwas unternehmen wollen". Diese Annahme ist grundfalsch. Es ist ein alter und gebrochener Mann, der gegebenenfalls einmal nach Deutschland zurückkehrt. Es ist ein Mann, der sein Leben als abgeschlossen betrachtet. Das bittere »nd tragische Geschick, derjenige zu sein, mit dem ein ruhmreiches Geschlecht aushörte, zu herrschen, ist nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Der einstige Kaiser steht allem politischen Treiben fern. Er denkt nicht daran, das deutsche Volk durch Umstürze und dergleichen in seiner Wtederausbauarbeit stören zu wollen. Warum soll ihm, der doch tn langen und segensreichen Jahren seines Regierens viel für das deutsche Volk getan hat, der entscheidend mit wirkte an seinem glanzvollen Ausstieg, grundsätzlich die etwaige Rückkehr in die Heimat verboten werden? ES besteht keinerlei rechtliche Handhabe, die Heimkehr dem einstigen Kaiser z« verbiete«. Man kann sich, wenn man daS tun wollte, nicht einmal auf den Frtedensvertrag berufen, auf den sozialistische Herrscher sonst gern ihre Verbote stützen. Hat man nicht auch, als der einstige Kronprinz nach Deutsch land zurückkehrtc, von seiten der Linken prophezeit, daß dieser nun Umsturzpläne auSführen würde, — und lvas hat er ge tan? Nickfts von dem, was man glaubte Voraussagen zu können. Er lebt zurückgezogen als stiller Bürger. DaS gleiche würde auch sein Vater tun. Bei objektiver «nd gerechter Würdigung deS Tal- bcftandes wird bas Ncichskabinett zu der Ansicht gelangen müsse«, daß kein Grund besteht und kein Anlaß vorliegc« kann, dem einstigen Kaiser grundsätzlich eine mögliche Rückkehr nach Deutschland zu verbieten. DaS deutsche Volk würde nicht dadurch beunruhigt werden, daß unter Umständen sein einstiger Kaiser in sein Vaterland zurückkehrtc. Es würde nur beunruhigt werben, wenn das Ncichskabinett die Auffassungen des preußischen Mi nisterpräsidenten sich zu eigen machte, die sowohl menschlichem Empfinden wie objektiver Gerechtigkeit Hohn sprechen. Man kann nur erwarten, daß das Ncichskabinett in dieser Frage zu einer Entscheidung gelangt, die die weiten bürgerlichen Kreise des dentsche» Volkes nicht verletzen. Eröffnung -es Bundestages -es Deutschen Ostbundes. Berlin, 26. März Die diesjährige BunbcStagung deS Deuts chcnO st bundes wurde heute mit einer ordentlichen Bertreterversammluiig eröffnet. Nach der Verlesung eines VegrüßungstelegrammeS -eS Reichspräsidenten hielt Rcichs- tagsabgcordneter Dr. Mittelmann einen Bortrag über daS Thema: „Ein O st - L v c a r n o", in dem er die Wichtigkeit der Ostfragen unterstrich. Unter lebhaftem Beifall erklärte er, daß niemals eine deutsche Negierung die jetzigen Grenzen im Osten anerkennen könne. Der volksparteiliche ReichtztagSabgeordnete Dr. Mittel mann befaßte sich eingehend mit der Frage eines Ost- Locarno und erklärte, die Politik von Locarno gipfele darin, daß durch Anerkennung der Verhältnisse, wie sie im Westen ge- morden seien, neue Entwicklungsmöglichkeiten für den Osten geschaffen werden sollten. Es sei ein Unding, wenn Deutsch land jemals die jetzt bestehenden Grenzen im Osten erneut und freiwillig anerkennen wollte. Mit Rußland verbindet «nS das gemeinsame Interesse daran, daß die Grenzen im Osten Deutschlands und im Westen Rußlands nicht bis in alle Ewig keit in dem hcntigcn Zustand bestehen bleiben könnte«. Wenn auch das Verhältnis zwischen uns und Polen noch durchaus ungeklärt und reich an Konflikten sei, so könne doch wohl die Politik nicht als richtig bezeichnet werden, die zur Erreichung des von uns allen angestrebten politischen Zieles der Neuordnung unserer Grenzverhältnissc im Osten die wirt schaftliche Seite vollkommen vernachlässigen wollte. Der Handelsvertrag mit Polen müsse das Niederlassung», recht für die Deutschen in klarer Weise regeln. Niemand glaube in den Kreisen des Ostbundes daran, daß sich irgend, eine Regierung findet, die es unternehmen könnte, die heutigen Grenzen anzucrkennen. (Lebhaftes Bravo.j Der deutschnattonale RcichStagSabgcordnet« Bndjnh« be handelte dann die zukünftigen Hilfsmaßnahmen der Parla mente für den Osten. Die im Haushalt für 1927 eingesetzten Mittel seien viel zu gering. Eine der brennendsten Fragen sei, wie die von den abgerissenen deutschen Gebieten Verdräng- t e n unterstützt werden könnten. — Die weiteren Redner be faßten sich mit den Fragen, die sich aus der Knechtung deS Deutschtums in Polen ergeben haben. Sin französischer Admiral in Gdingen. Danzig, 26. März. Der Chef der französischen Marine- Mission, Admiral Richard, hat gestern dem polnischen KriegS- hafen Gdingen einen Besuch abgestattet. Anschließend fand auf einem polnischen Torpedoboot eine Seefahrt statt. (T. U.j Agrarzollsragen im Kan-elspolilischen Ausschuß. Die ermäßigten Agrarzölle bis 81. Juli verlängert. Berlin, 26. März. Der handelspolitische AuS- schuß des Reichstages beschäftigte sich heute mit der Vcrord- nung über Zolländerungen, wonach die ermäßigten Agrarzölle bis znm 81. Juli d. I. verlängert werden sollen. Bis -um gleichen Termin soll für Mehl und Getreide» mit Ausnahme von Hafer und Gerste, ein ermäßigter Zoll von 12,50 Mk. für den Doppelzentner erhoben werden. Ein sozialdemokratischer Antrag, die Getrctdehandelsgesclischaft zu ermächtigen, zur Senkung des Jnlandrvggenpreiscs zoll freien Roggen aus dem Auslände etiiznfiihren, wurde ab- gclehnt und die Verordnung über Zolländerungen in erster und zweiter Lesung angenommen. Säkvidicdi ISglletzvr klngang n»u«»t»r ööu»1«e > Ak«l,«ntz,u»»lr»S» IS