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Sonntag. 27. März 1S27 — .Dresdner Nachrichten" — Nr. 145 Sette IS Berliner Allerlei. «a» iß »er SrLhliu». — I« Zoo. — l^»pwino» «oo«. — »«. ia««k« fS« Hlndeudur». Bei. »irelemann». — Die Ratio««», L»,e a»i der ««»stelluug. — Mädel oder Bo«. — U«>ere Theaterliebltuge. — Die Portier,»»edel. Da» ist der Frühling. da» ist der Frühling, da» ist der Srühltna von Berlin: pt« Kommunisten schlagen au», die jungen Mädchen kaufen sich Achseleinlagen, der AuSpussqualm t« Auto» bleibt in der Luft kleben, die nächtlichen Straßen- Händler stehen ohne Holzklötzen da. die Kinder rollen wieder Murmeln zwischen den Beinen der Passanten, die Faßbohnen saugen an zu riechen, im Zoo regt sich der Familiensinn. Schön ist e» vor den Naubtierhäusern, die in der seltsamen Rärzwärme diese» Fahre» schon »um Außengilter gcvssnet ftnd. Die Löwen sind schamhast und monogam, beachten auch tie Malschlllertynen nicht, die hier stundenlang skizzieren. Kein »«lab im Zoologischen Garten ist leer, wir haben bereit» einen größeren Tierbestand als vor dem Kriege. Noch ist da» Ge- wühl der Besucher nicht hochsommerlich groß, e» gibt vormit- tag» noch nicht da» gewohnte Kindcraetummel und nachmittag» nicht da» Blergetrinke an tausend Gartentische». Aber Roll» stichle sieht man, Rekonvaleszenten sieht man, Genesung», hossnung rötet blasse Wangen. Der Zoo ist doch säst die einzige Stelle in der Großstadt, wo die Großstadt versinkt: man sieht fl« nicht, man hört sie nicht, man riecht sie nicht, man ist wie auf einer stillen Insel um diese Zeit, und inan freut sich an den blühenden Kroku» aus den Graspiätzche» um die Bäume. Wer hier, etwa unter den Palmen de» Wintergarten» am Kaiser» saal, einmal sein Mittagessen — bitte, ohne Weinzwang — ein nimmt. durch die mächtigen SvicgelglaSscheiben sich die Sonne hereibschetnen läbt und in den stillen Frieden da draußen hin- au»schaut. der blinkt sich ein König in einem zauberhaften Schlosse. Der arbeitsame Berliner kennt diese Stunden hier kaum, weil er meist erst dann kommt, wenn »Betrieb" da ist,- aber Ausländer nehmen mit Borliehe an dieser Stelle ihren Lunch. Sprachgewandte Kellner bedienen. Trotzdem ist die Verständigung manchmal schwer. Da verlangt eine amerika- Nische Gesellschaft iapwing, cg«,, was der Herr Ober, obwohl er im Hotel Cectl in London vor dem Kriege bedienstet war. noch nicht gehört hat, und es wird ihm erst recht nicht klarer, alb eine Miß radebrecht: «Ach, die Ei von die Bismarck, know vou." Endlich wird ei» Geschäftsführer geholt, der begreift es: die Herrschaften wünschen Kiebitzeier. Aber er schüttelt weh» mütig den Kops. Der Kiebitz ist in Deutschland am Auosterben, seit die NevolutionSgewinnler alljährlich von Ende März bi» Ende April sedeö Gelege ausräubcrn lassen, um zum täglichen Frühstück mit Kiebitz-Rührei Os zu Kaviar protze» zu können. Di« Regierung, so sagt der Geschäftsführer, hat daher schon vor Jahr und Tag, um da» Tierchen auszuschonen, den Handel mit Kiebitzeiern verboten. Möveneier könne man nur haben. Aber auch noch nicht jetzt. Die Getreuen von Jever in FrieSland, die dem Eisernen Kanzler jeweils zum Geburtstag am 1. April eine Kiste mit Kiebitzeiern, 101 an der Zahl, zuschickten, haben noch eine Ltammtischrunde, so wird mir erzählt. Aber sie haben keinen Eisernen Kanzler mehr. Und der Gencralscldmarschall «Hindenburg, den man mit Fug und Recht als Ersatzmann wählen könnte, hat seinen Geburtstag erst im Herbst. Auch er hat da übrigens schon seinen traditionellen Geschenkgeber, auch nicht allzu weit von Jever, nämlich den Senat von Bremen, -er ihm alljährlich zum 2. Oktober eine Anzahl Flaschen edler SPitzcnwcinc verehrt, immer so viel, als das Geburtstagskind Jahre zählt. Zuletzt sind es also 70 gewesen. Einem rheinischen Studenten habe ich das mal mitgeteilt. Da dachte er lange nach und platzte schließlich heraus: «Hindenburg möchte ich sein, und 885 Jahre möchte ich alt sein!" Ja, mein Lieber, wenn du Hindenburg wärst, bekämst du auch noch manches andere. Sv neulich fünf Sack Kaffee von Auslauddentschen aus einem tropischen Lande. Die erbaten freilich gleich ein Gegengeschenk: Bücher und Trommeln und Querpfeifen. Häufig kriegt er auch gute Zigarren. Den größten Teil dieser Sachen stiftet er gleich weiter, dem Kasino des Wachtregimenis Berlin oder irgendeiner wohltätigen An stalt. weil er beim beste» Willen nicht alles allein trinken oder essen oder rauchen kann. Nur läßt er immer sehr höflich danken, tut es wohl gar gelegentlich auch eigenhändig, cs sei denn, daß e» sich um — Reklame-Absichten handelt. Da ist er zunächst etlichemal hereingesallen. weil dann sein Bild und sein Dankbries prompt in irgendeiner Anzeige erschien, und seither ist er »urückhaltender, wenn Hindenvurgziaarren. Hin- illen, Hind - - denburgbrillen, denburghosenträger kommen. Für ihn, der «» jahrelang gewohnt war, schon krtihmorgenö durch die Eilen rlede bei Hannover zu streifen, diesen gewaltigen Naturpark, ist die Berliner Stadtwvhnung natürlich ein« Einengung. Lieber wohnte er. da» hat er noch kurz vor seiner Wahl gesagt, in Potsdam, wo man doch eher seinen Lufthunger stillen kann. Aber der Garten hinter dem Palai» de» Reichspräsidenten in der Wtlhelmftraße ist auch nicht zu verachten. Natürlich kommen die üblen Düste von dem Autoverkehr der König- grätzer Straße auch hierher, natürlich bekommen die Bäume auch den typischen grauen Staubbelag. Nur ist der Großstabt- lärm wenigstens gedämpft. Bon frühmorgens an biS zwölf Uhr hat Hindenburg den ersten Teil der TageSarbeit geleistet, dann gibt eS fast eine Stunde Ausatmen: begleitet meist nur von seinem Hunde, marschiert Hindenburg mit weiten Schritten denn In seiner Gartenallee aus und ab. Man kann es verstehen, baß die «Interessenten" sich gegen de» geplanten Durchbruch durch die sogenannten Miuister- gärteu der Wilhclmstraße wehren. Wie eine Mauer sperren die Regterungspalais, von der Boßstraße bis zu Unter den Linden, den Verkehr von der Innenstadt zum Westen. Die Leipziger Straße ist überlastet, man kommt kaum mehr vor- wärtö, das «Karussell" vor dem Brandenburger Tor, wo Autos und Omnibusse im Kreise rasen, gibt nur selten eine Lücke für Fußgänger frei, vom Reichstag zum Potsdamer Platz ist es nachgerade eine Tagesrcise, also irgendwann einmal wird die Französische Straße zum Tiergarten durchbrochen werden müssen. Hindenburg mischt sich nicht darein. Er äußert keine eigenen Wünsche. Aber besonders leidenschaftlich kämpst das Auswärtige Amt um die Erhaltung seines Gartenidylls, in dem die „Villa" des Ministers steht. StresemannS sind da jetzt doch schon Alteingesessene. Der Wunsch, einen Fest- und Tanz saal angebaut zu erhalten, ist ihnen nicht gewährt worden,- sie yabcn auch neulich ihren großen Ball drüben ins Palais Prinz Leopold, der heutigen Reichspressestelle, geben müssen. Aber nun gar eine Autostraße an der Billa vorbei? Pfui Deibel! Dann ist das Familienglück gestört. Und eS ist ein schönes Familienglttck. Die beiden Sühne stehen zu der Mutter, als wenn sie eine angcschivürmte Schwester wäre. AlS der eine zum Studium nach -Heidelberg abreisen sollte, sagte er, die Mutter müsse für die ersten Tage mit. WaS, sagte da der Mi nister Stresemann, ein Student, der in» Leben hinauStritt,, will nicht von Mutters Schürze los? Und der Sohn antwortete: «Ach, es ist nur wegen des Aussnchens der Bude: wenn Mutter mich nachher einmal besuchte und meine Bude ihr nicht gefiele, das wäre doch scheußlich!" Gegenwärtig ist es ein bißchen schwül um StresemannS. Mit einer seltenen Einmütigkeit haben sämtliche Parteien des Reichstags dem Außenminister die Erfolglosigkeit seiner Politik bestätigt. Am schärfsten nicht etwa die Deutschnativnalen, sondern — das Zentrum, deren Wortführer Kaas selber eine Zeitlang in Genf geweilt und inoffiziell dort hinter die Kulissen geschaut hat. Durch die Gewöhnung daran, daß die große Politik doch nichts Erfreuliches bringt, wird der Berliner allmählich in teresselos, obwohl es nötiger den» je wäre, daß man mit brennender Teilnahme verfolgte, was in der Welt geschieht. Wir leben wieder so gedankenlos dahin wie in uralten Klcin- staatzeiten,- man seufzt, man stöhnt, man klagt über schlechte Geschäfte, man murrt über die hohe Obrigkeit, aber man ißt und trinkt, man liebt und man amüsiert sich auch. Noch nie waren die Zuschanertribüncn im Reichstag so leer, wie in diesen Wochen. Es ist gar kein Anstchcn mehr nach Karten. Aber die Vergnügungsstätten leben noch, und draußen im Messcgelände findet jede neue Ausstellung noch genügend Besucher. Es ist herkömmlich, baß alle Hochmögenden dazu ein- geladen werden. Mit Presse und Parlament muß man sich gut stehen, nicht wahr? Und zu den Parlamentariern gehören auch die Stadtverordneten. Da hat man in Berlin also im -Hand umdrehen tausend Ehrengäste, die gratis gefüttert und getränkt werden. Dazu, wenn man nobel ist, zweitausend Anochörigc. Die schimpfen dann noch, wenn sie, etwa neulich auf der Rhei nischen Ausstellung in Berlin, beispielsweise nur einen 1022er Dürkheim« Feuerberg vorgesetzt erhalten statt eine» Ivlder Niersteiner Auslangen EdclveerenauSlese. Unsere Stadtväter sind mit noch weniger Feingefühl behaftet al» die preußi schen LanbtagSabgeordneten und deutschen Reichsboten. Sind da so ein paar rote Stadtverordnete nebst Damen in einer Loge der Ausstellungshalle bet GratiStrunk und Atzung versammelt. ES gibt Begrüßungsansprachen, Auf- sührungen, Tanz. Nach dem Hauptfestakt wird da» Deutsch landlied gespielt, da» die Regierung Lbert doch zur National- Hymne gemacht Hai, obwohl mir keineswegs »um Schutze oder gar zum Trutze brüderlich Zusammenhalten, obwohl wir auch auf MaaS und Memel, Etsch und Belt für ewig verzichtet haben und von Einigkeit und Recht und Freiheit früher mehr gehabt haben. Einerlei, eS ist doch nun mal die Nationalhymne, und so steht denn alles aus — nur die rote Gesellschaft in der Loge bleibt sitzen. AnderSwo wäre eine solche Taktlosigkeit, »och dazu von Landcsktndcrn, unmöglich. Wenn in Brüssel oder London — übrigens dort in jedem Theater und in jedem Kino nach jeder Aufführung — die Hymne gespielt wirb, er heben sich selbstverständlich auch alle Fremden, genau so, wie sie bei Paraden in Moskau den Hut abnehmen, wenn die In ternationale ertönt. Also unsere Roten bleiben sitzen. DaS moniert ein ebenfalls in der Loge mit Frau und Schwägerin anwesender fremder Herr als Flegelei. Was fällt dem Kerl eigentlich ein? Der ist wohl gar von der Presse? „Laß ihn doch abführen!" zetert eine der roten Damen. Und tatsächlich, ein Herr vom Messe-Amt wird geholt, um den „Störenfried" zu belangen. Der aber — weist sich als Reichstagsabgcordneter aus. Der Herr vom Messe-Amt krümmt sich. Mein Gott, man ist doch städtische Behörde, man ist doch abhängig von der kom- munalen Vertretung. Freilich, ein Rcichstagsabgeordneter, da ist auch nichts zu machen. Es geschieht also nichts. Und deshalb laufen die Noten schimpfend hinter dem Beamten drein. Zustände, Zustände! Die rheinischen Mädchen beim rheinischen Wein aber, das war wirklich etwas Nettes. In Tracht und Weisen etwas Landsmannschaftlichcs, noch nicht international rasiert und ein geschlissen. Jetzt bei der Gastwirtsmesse sind die MädelS, die Kataloge und sonstiges verkaufen, wieder wie die Hotelboys angezogen. Das englische Käppchen wie von San Franzisko über Paris und Berlin bis Yokohama. Dazu das Asfenjäck- chen und lange Scidcnbeine schon vom halben Oberschenkel an. Wir werden Weltstadt, soll das heißen. Es sieht aber aus wie Vvrstadtkino. Und es spazieren lauter behäbige Kleinbürger zwischen diesen international ausgemachten Mädchen herum. Kostet ihr Geld. Natürlich sieht man so etwas gern, wenn man aus der Elsässer oder der Badstraße kommt. Auch im Theater können einem die Darstellerinnen nicht modern genug sein. Der eigentliche Liebling der Berliner, Käte Dorsch, die aus einem alten Nürnberger Patrizierhause stammende «wirklich zu liebe" Künstlerin, ist ja jetzt auf Gastspielen durch ganz Deutschland abwesend. Sie, die mollige, ist ganz schlank ge worden,- es ist fabelhaft, wie sie als Kiki, wenn sie auf der Chaiselongue sitzt, einfach ihr rechtes Bein wie ein Eia-Popeia- Kind in die Arme und an die Brust nimmt. Und der zweite große Liebling, Erika v. Thellmann, läßt sich in „Dover — Calais" im Komödienhaus gar im Badetrikot aus dem Wasser fischen und entzückt ihre Jünger durch ganz freche Drolerie, wobei ihr das modern Jungenhafte von Natur sogar besser steht als der Dorsch, die auch als Schalk etwas Mütterliches behält. Kaum eine Bühne, auf der nicht der Garcontyp floriert. Aus dem zweiten Rang im Komöbienhaus gibt eS einen kleinen Disput. Dort ist man ganz modern. Eine einzige Schüchterne findet, die Thellmann habe mit vollem Haar früher besser ausgesehen. Aber verächtlich macht man ihr den Standpunkt klar: „Reben Se keene Müllabfuhr! Wat sagense? Haarknoten sagense? Del nenn' wa hcite Portierzwicbel!" Rumpelstilzchen. Wer ihn kennt. liebt ihn» d,n Io vdora», nahihaslo» »xd wohidot-mmllcho«, liodoooll d» -»Zeilen ll,borall «dSlilich r >. r-- -! - st ist öre. w ikren Ursprüngen urkunötiär bis m ^ -leKertMkers zuriukr-ickeuLe^ürstticht —^ Hramr-i Wstnk.Kll« neuen ÄeunyLvstkastm auf bmutecknismem Gebiete Im) triee Ln Dienst gestellt, um benVettnif-es attbemknr»! kn Wrrtzee Sckwaybieves zu erkalten ststiyen.G» gibtjur Gesunde und Kranke keinen besseren Harmkunk als das kerbe oollwurzige- «. 5/Ionlss Oisnslsg IVI ittwoek Vorfllliruns äe8 neuesten keiniAunA8verkakr6N8 mit ^mbronn-IVlop »Uk ssuSdvasn unct Müdsl 55op __ polllur Rück 3.50 » s.oo . k.00 .. 7.50 Llasch« 0.50 , >^o , 3.50 Wiodor in «tgenor Ftrmal BowiNnlor ffochmann loil 22 gadron U»,»z>»I«r- »«» Sch«»Itn,,»»»I»pI,ND Oswald Richter, Kammerjäger Sr»»»»», Paal-Sorhardi-Slratz, 14, I. — lel-pho» 3! «1. Auowür». Arb. dis 20 km ohne ProioauIIchlag l Au! Wunlch Zablungoorleichlorung. 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