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Dresdner Nachrichten : 27.03.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-03-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192703270
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19270327
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19270327
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-03
- Tag 1927-03-27
-
Monat
1927-03
-
Jahr
1927
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 27.03.1927
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»Vrerdner Nachrichten Sonntag. 27. Mr; 1S27 Nr. 145 Seite IS ..Die frck.sle Vrotzmachl". Sir Basil Zahaross, der Krupp von England. Das Dunkel seiner ?lbstammu»g. — Rulle oder Grieche? — 'Rom Banklehriing zum rrustherricher. — ?Iuc!, Llond George war von ihm abhängig. Die Slank von England und die Rank von Monte Carlo. Unbewohnte Märchenschlösier. — Zalzarosss letzte Liebe. Bon George Croppen. So viel auch über den Krieg und die Schuld an dem Wctt- gemetzel geschrieben worden ist. so wenig wein man doch von den Drahtziehern hinter den Kulissen, die auf den Ausbruch dcö Weltkrieges vieUeich, eine» gröberen Einfluß auSgenbl habe», als die Herrscher, die Staatsmänner, die Parlamente und die Polter. Diese Drahtzieher umgeben sich inst einem sclbstgeivollien Dunkel, »nt einem Schleier des Geheimnisses, der ihre Herkunft verhüllt, mir dem Zwielicht der Macht, deren Grenzen sie nicht verraten. Einer dieser gedeimnis- vollen Gewaltigen, »er mehr als die Diplomatie über den wahren Gang der Dinge weiß, einer von denen, die Gleichcn- Rusnvnrm die „Macher der Macht" genannt hat. ist Sir Basil Zahaross. Wenn es in unserem nüchternen Leben noch Märchen gibt, dann ist der Weg dieses Mannes ein Märchen, viel rätsel hafter als der Aufstieg der Stiefelputzer und der Zeilungs- ,,lugen ans den Straften von 'Nennork zum Multimillionär. Wer i,'t Sir Pan I Za ha ross? Niemand weih, ob er über haupt Za ha ross heißt. Einst nannte er sich Zaccharta, aber vielleicht war auch das nicht sei» richtiger 'Name. Er wurde in Konsiantiiiopel als Sohn griechischer Ellern geboren. Als es ihm >ür seine Beziehungen in Petersburg besser pahte, be hauptete er, seine Mutier sei Griechin nnd sein 'Rater Russe gewesen, sei» richtiger 'Name ist also nicht Zaect-aria, sondern Zahaross. Eins ist sicher, daft er vor sechzig Jahren als mittel loser Banklehrttng in der elenden Wechselstube seines Paters in Galala saft und seinen Lebensunterhalt kümmerlich mit kleinen und etwas dunklen Geschäften verdiente: mit ienen Geschäfte», die damals aus den Straften von Konstantinvpel nicht selten waren, die Tausende nur noch tiefer ins Elend stürzten und nur zzanz lpenige auf die schwindelnde Höhe des Erfolges führte». Wie er sich aus diesen engen Verhältnissen hcraus- gearbcitet hat, wird wohl ewig verborgen bleiben, Fest steht allein, daft cs ihm in wenigen Jahrzehnten gelungen war. eine ungeheure Machtsülle in seiner Hand zu vereinigen. Vierzig .gahre nach seiner Einivandernng in England nannte Ele- nreneeau den geheimnisvollen Man» die sechste Großmacht. Zahaross war damals edcr grobe Gegner Krupps geworden. Er »acht mit Krnvv den gigantischen Konkurrenzkampf ans. der in den Massenschlachtcn des Weltkrieges endete. Man weift nicht mehr, auf welche 'Weise Baut Zahaross der Beherrscher von Vickers Marim wurde. Vielleicht Kat ein Agent der Vickers Werke den jnngen Banklehrling in Konstantinopcl kennengelernt, vielleicht hat il»n der junge Grieche irgend eine kleine Lieferung vermittelt: jedenfalls findet man Baut schon wenige Zähre später an der Spitze der offiziellen Agen tur der Vickers-Werke in Petersburg. Diese Stellung wurde für den weitschauenden jungen Mann znin Sprungbreil. Der Stahl von Sheffield suchte sich mit allen Mitteln ans dem russischen Markte zu be haupten. Aber der Konknrrenzkamps mit Krupp mar un geheuer schwer. Gröbere Erfolge als in Rnftland errang Zahaross im Kampfe gegen Krupp auf den Schlachtfeldern des Balkans. Während der Balkankrtege triumphierte VickerS-Mariin: er triumphierte ans beiden Fronten, und die Balkanvölker, ans deren Mitte Basil Zahaross selbst stammt, töteten sich gegenseitig mit der Munition, die ihnen der ehe malige Banklehrling ans Konstantinopel lieferte. In diesem Massensterben stiegen das Vermögen und die Macht Zaha- rofss inS Riesenhafte. Nur daS russische Geschält wollte nicht so recht gedeihen: die Sheffield-Industrie verlor Millionen in Rnftland. Damals wäre vielleicht das von Basil Zaha ross mühsam ansgebante Gebäude zusammengestürzt, der eng lische Konkurrent hätte von der musterhaften Kruppschen Organisation auS dem Felde geschlagen werden können — Anfang 1014 »inftten die Rnstungswerkslälten von Sheffield und Birmingham stillgelegt werden. Der Ausbruch des Weltkrieges befreite die englische Wassenindustric aus ihrer bedrängten Lage. Nicht nur das russische Geschäft war gerettet. Mit der ungeheuren Nach frage nach Kriegsmaterial, deren Befriedigung für die krieg führenden Staaten zur Lebensfrage wurde, stiegen die Be deutung und der politische Einflnft der englischen Rüstungs industrie, die nun mit Recht als sechste Groftmacht gelten konnte. Im Jahre 1916, nach dem Tode von Hiram Marim, dem Erfinder deS Maschinengewehrs, als der zum Baronet ernannte Basil Zaharvff die alleinige Führung von VickerS- Mariin übernahm, wurde er auch zum Drahtzieher in Downingstreet. Enge Freundschaft verband ihn damals mit Llond George: sogar gntinformicrte französische Blätter wiesen daraus hin, daft Llond George eine Schach'igur in den Händen von Sir Bank Zahaross sei, nnd daft hinter den groben pathetischen Reden, den Kriegsdrohungen und der wallisischen Beredsamkeit deS englischen Staatsmannes daS leise, schlaue Lächeln Sir Basil Zaharoffs stehe. Sogar bis zur Bank von England erstreckt sich, wie zu vielen anderen groben Institutionen, der Einflnft von Sir Basil Zahaross: denn Herbert Montag», der Sohn von Norman Montagu, dem Gouverneur der Bank von England, ist mit der Füh rung der Geschäfte Sir Basil Zaharoffs betraut. Der geheimnisvolle Finanzmagnat hat die groften Herrscher der Industrie, hat die Carnegie, Krupp, Schneider- Crensvt in den Schatten gestellt. Dabei blieb er unsichtbar, und seine einzige Auszeichnung für seine einslnftreiche Teil nahme am Schicksal des englischen Volkes war der Titel eines Baronet, ein kleiner, lächerlicher Titel für einen so groften Mann. Neben seinem ungeheuren Vermögen braucht er auch keine Auszeichnungen vor der Welt: denn Zahaross, der sich nie nach anften bin um Politik gekümmert hat, konnte auch ohne Titel nnd Würde» sein Leben lang entscheidende Politik machen. Zwar ist er nie nach anften hervvrgctrcten, doch haben Tausende von Menschen die öffentliche Meinung ganz nach seinem Wunsch beeinflußt, und obwohl er ganz zurückgezogen, fern vom großen Trubel der Welt, seinen Ge schäften und seinen 'Neigungen lebt, waren doch Hundert- tansende von Schicksalen von ihm abhängig. In säst jeder der großen Weltstädte: in Paris, London, Wien und Madrid, an der Cöte d'Azur, an den schönsten Punk ten dieser Erde stehen kleine, bezaubernde Paläste in den vor nehmsten nnd stillsten Straßen, kleine Märchenschlösser, mit dem erlesensten Luxus auSgcstattet. In diesen Palästen wer den immer Tische mit dem seltensten Goldservice gedeckt, in Ricsenvaicn blühen die unwahrscheinlichsten Blumen: aber die Paläste sind unbewohnt, und-die schweigende Diciicrschar hält den ganzen Prnnk nur ansrecht, weil eines Tages der Herr dieser Märchenschätze den Einsall haben könnte, unvermutet an- znkommcn: Sir Basil Zahaross erwartet nämlich, daft alles und zu jeder Stunde sür ihn bereit ist. I» Paris bleiben die Leute oft vor dem herrliche» Wintergarten stehen, dessen seltene Blume» immer erneuert werden, trotzdem Sir Basil Zahaross vielleicht nur einige Tage in, Jahre in Paris weilt. In Monte Carlo — die wenigsten wissen, daft die Majorität der Spiel- bankaklicn Zahaross und dem Fürsten Radziwill gehört — nnd in Nizza sicht man zuweilen den achtzigjährigen, halbblinden Greis ans den Arm seines indische» Sekretärs gestützt, der gleichfalls von einem Hauch des Geheimnisvollen umgeben ist: denn er ist an demselben Tage und zu derselben Stunde ge boren wie sei» Herr. In dxn letzten Jahren ist cs »m den Mann immer ein- sanier geworden. Im vorigen Jahr starb die Herzogin von Villanncva. Eine romantische Liebe verband diese beiden Menschen, den Griechen dunkler Herkunft und die Herzogin aus dem ältesten spanischen Geschlecht, und diese Liebe setzte sich aller Konvention z»m Trotz durch. Da die verheiratete Herzogin > nach dem spanische» Gesetz nicht geschieden werben kzmnte, I wurde sie Basil Zaharosss Geliebte. Sie >yar die einzige Aer- traute ScS geheimnisvollen Manne», sie gab dem Rastlosen ei» Heim und schenkte ihm Kinder. Erst nach dem vor ny- gesäkir drei Jahren erfolgten Tod des Herzogs konnte Sir Basil Zahaross seine Freundin heiraten und seine Kinder legi timiere». Bezeichnend sür seine Lebensart ist, daft seine Be ziehung zur Herzogin erst bei seiner Heirat össentlich bekannt wurde: denn nie hat Zahaross seinen Namen durch dir Zeitun gen tragen lassen. Vermischies. rimerika-Sludiensalirl deutscher Derkehrssachleule Zum Studium der Möglichkeiten der Hebung des Fremdenverkehrs zwischen Amerika nnd Deutschland und gleichzeitig um amerikanische VerkehrSverhültnisse kennenzu- lernen, werden sich ans Einladung des Norddeutschen Lloyds am Mittwoch, dem 80. März, eine Anzahl 'Vertreter des Reiches und der Länder sowie Vertreter der NeichSeisenbahn- gesellschaft, sowie Delegierte der deutschen Fremdenverkehrs- organtsativnen zu einer vierwöchigen Informationsreise »ach den Vereinigten Staaten begeben. Die Abfahrt erfolgt mit dem Llonddampfer „Stuttgart", die Heimreise am 89. April mit dem Llonddampfer „ColuinbuS". Für den Aufenthalt in Neuyvrk hat die dortige Vertretung des Norddeutsche» LlondS die erforderlichen Vorbereitungen getroffen. Sie wird auch für die Führung sorgen. Allrömisches Pflaster in der Londoner Lily. Bei Straftenarbeiten, die zurzeit in der Londoner Eit» aiiSgesühit werden, stieften die Arbeiter in nnmUtelbarer Nähe der Bank von England ans ein Fragment allrömischen Fußbod-cnpslasterS. Bon weitere» Nachgrabungen mußte man leider absehen, da das Gelände bebaut ist. DaS Pflasterstück miftt drei Meter in der Länge und zwei Meter in der Breite und wurde mit aller Sorgfalt zutage gefördert. ES ist kein kunstvoll gearbeitetes Mosaikpflaster, sondern besteht ans kleinen roten Ziegelstücken, die mit schwarzen abwechseln und eine kunstlose Anvrdnuna zeigen. Man fand unterhalb des Pflasters noch mehrere Tonstücke, die aus dem erste» Jahr hundert stammen. Man hat eS hier zweifellos mit Gegen ständen anö einem altrömischen Hans zu tun, das an der Stelle stand, wo sich heute die Neubauten der Geschäftshäuser befinden. Aepsel jetzt nichl ungeschält essen! Schalen der ausländischen Aepsel sind gesundheitsschädlich. Die „Staatliche Stelle sür Pslanzenschutz" i» Bremen hat eine Untersuchung anstcUen lassen, inwiefern die Schalen der ausländischen Aepsel eküen Arscubelag auswcisen, da die auS- ändischeu blühendeu Obstbännie mit Arsen behandelt werden. Vor kurzer Zeit sind unbestimmte Mitteilungen über die schädliche Wirkung der ausländischen Obstsorte» in der Ocsscntlicbkett verbreitet worden, und es erschien darum not wendig, diesen Gerüchten durch wissenschaftliche Untersuchungen nachzugchen, »in eventuelle» Schädigungen der Gesundheit vorzubcugen. Der Obsrmarkt ist in der jetzigen Zeit fast aus schließlich mit aiiSlündischc» Aepsel» beschickt, unter denen die amerikanischen und neuseeländischen Aepsel die gröftte Rolle spielen. Erfreulicherweise ist der Gcnuft des Obstes in den letzten Jahren bei uns sehr stark gestiegen, so daft auch im Winter und Frühling das Obst, insbesondere die ausländischen Aepsel, einen Teil der VolkSnahrung bildet. Da die Aepsel anS Kalifornien nnd anderen ausländische» Staaten sich durch großen Wohlgeschmack und durch Schönheit auszeichnen, so ist diese Obstnahrung nicht nur gesund, sondern auch sehr an genehm. Anderseits aber bewirkt daS schöne Aussehen der Aepsel wiederum, daft die Früchte besonders von Kindern ungeschält gegessen werden. AuS diesem Grunde wird das Er gebnis der Untersuchung dem allgemeine» Interesse begegnen, da dadurch eine Schädigung der Volksgesundheit verhütet werden kann. Die „Staatliche Stelle sür Pslanzenschutz" hat Professor Alskcn mit der wissenschaftlichen Untersuchung be auftragt. und der Gelehrte hat die Ergebnisse seiner Untersuchung der „Deutschen Gesellschaft sür angewandte Entomologie" in Hamburg ans Anlaß der 6. Mitgliederver sammlung mitgctcilt. Er stellte fest, daß ein Teil der unter suchten amerikanischen Aepsel einen Belag anfwies, der eine grünliche Farbe hatte und schuppcnsörmig gestaltet war. Dieser Belag enthielt, wie die chemischen Untersuchungen er gaben. außer Kupser auch noch Arsen. Die genauere Analyse ergab fernerhin, daß bei den neuseeländischen Acpfeln aus jeder einzelnen Frucht ein Belag von 0,990197 Gramm arsenige Säure und 0,00028 Kupscrornd sestgestcllt wurde. Noch größer war der Belag aus amerikanischen Aepsel», wo aus jedem Apfel rund 0,00059 Gramm arsenige Säure und 0,00068 Gramm Knpseroxnd nachgewicscn werde» konnte. Hier war also un- gcsähr die dreifache Menge der arsenigen Säure und des Kupscroxyds vorhanden wie aus den neuseeländischen Aepfeln. Die Frucht selbst, d. h. der Inhalt der Frucht, leidet durch diese Säuren in keiner Weise. Dagegen sind die Schalen, die diese Säure bzw. diese Menge Knpseroryd answciscn, unter allen Umständen gesundheitsschädlich. Es ist darum notwendig, be sonders die Kinder daraus hinzuwcisen, daß sie beim Genuß der ausländischen Aepsel, die hauptsächlich jetzt verkauft wer den, daraus achten, die Ncpicl vorher zu schälen, um etwaige» Schädigungen der Gesundheit vorznbcngcn. Bei geschälten Aepsel» ist dagegen eine Störung der Gesundheit nicht zu be fürchten. Aber, wie die Miteilnngcn über die Verhandlungen der missenschasllicheii Gesellschaft bemerken, beweist diese Beobachtung, daft die Frage der Arscnbehandlung blühender Obstbäumc noch recht eingehende Studien erfordern. ** Festnahme eines 0-Zug-Dicbes. Ans dem Bahnhof Wiesbaden wurde in dem O-Zngc Wien—Ostende ein internationaler D-Zng-Dlcb festgcnvmmen, der in dem Zuge einem Reisenden die Brieftasche mit einem namhaften Geld beträge gestohlen hatte. ** Massenvergistungcn durch Holzspiritus. In den letzten Tagen wiederholen sich in Polen Fälle von Mai cnVergütun gen durch den Genuß von Holzspiritus. In einem Dorfe des Kreiies I a w o r o w ist nahezu die gesamte Bevölkerung vergiftet. Drei Personen sind gestorben: über zwanzig muft te» i» hosfiningslosem Zustande ins Hospital gebracht werden. ltO Zentner Tabak ins Wasser geworfen. Eine Darm- Itädtcr Firma hatte die Annahme von 140 Zentner brasilia nischen Tabak wegen der Höhe des Zolles verweigert. Dar auf ordnete das Ncichsfinanzamt an, den Tabak zu ver brennen. Der Tabak wollte aber nicht brennen, worauf die 140 Zentner unter behördlicher Aussicht in den Teich an der Ziegelhiitte versenkt wurden. Ein unmenschlicher Batcr. In Stetten am Kaltcn- markt siel eS dem Leichenbeschauer auf, daft ein Maurer inner halb dreier Jahre das dritte Kind durch den Tod verlor und daft d-ie Leiche jedes Kindes bis auf Haut und Knochen ab- gcmagcrt war. Durch ärztliches Gutachten wurde festgestellt, daft der Vale r, ein notorischer Trinker. Las Kind buch stäblich verhungern lieh und daß er die Mutter oft schwer mißhandelte. DaS „Brüderchen". Die erstaunlichen Möglichkeiten, die die moderne Frauentracht dem schöneren Geschlecht eröffnet, werden durch eine Geschichte beleuchtet, die ein Pariser Blatt erzählt. Tie Schüler eines Gymnasiums durften durch die Stiftung eines Menschenfreundes eine unentgeltliche Fahrt »ach de» Schlössern der Loire unternehmen. Ein 12 jähriger Knabe bat, seine» Bruder mitbringen zu dürfen, den er dem Führer als einen Schüler eines anderen Gymnasiums vor stellte. Das reizende „Brüderchen" mit seinem hübschen Jungenkopf nahm an allen Besichtigungen und Spielen ver gnügt und ausgelassen teil, bis schließlich entdeckt wurde, daft es — die Mutter des Schülers war, die aus diese Meise zu einem kostenlose» Ausflug kam und sich mit den Knaben so recht jung fühlte. Der Vater soll weniger entzückt gewesen sein, als er von diesem Streich seiner Frau erfuhr. ** Großfürstin Konstantin »on Rußland, eine geborene Prinzessin von Eachsen-Altenburg. deren Mann keiner,et, bei der Revolution in Rußland ermordet wunde, tst tn Leipzig gestvrben. ** Blntsturz deS KvnigS von Spanien. Der „Manches»«.' Guardian" meldet, daft der König von Spanien einen Blul- sturz erlitten habe. Die Reise der spanischen KvnigSsamilik in der Karwoche nach Sevilla und der dortige Besuch der schwedischen KvnigSfamilte wurden abgesagt. ** Charleftonhosen werden stramm gezogen. Der versuch einiger Modegecken, in Bukarest die neue Mode der „Shar- lestonhoscn" etnzuführe», ist kläglich gescheitert und hat den wagemutigen Stutzern nicht» weiter als eine tüchtige Tracht Prügel eingetragen. Der Schauplatz dieser Komödie war die Hauptstraße der rumänischen Hauptstadt, ans der die Gecken ihre neuen Hosen, die unten in einer Brette von SO Zeiitimeter auSfallen, spazieren führten, um die Aufmerksamkeit der P>v- santen auf sich zu lenken. Die Absicht gelang ihnen auch »ui zu gut, aber was sie zu hören bekamen, war nicht gerade schmeichelllaft; und da sie auf die boshaften Bemerkungen -er Kritiker tn gleichem Ton reagierten, so kam eS bald »u einem Wortwechsel, der in ein wildes Handgemenge auSariete. Btt diesem zogen die Verteidiger der Charlestonhosen den kürze ren und mußten, nachdem sie gehörig durchgvwalkt worden niaren. ihr Heil in schleuniger Flucht suchen. Da die Leine vom alten Schlag und echtem Schrot und Korn gerade beim Aufräumen waren, so wandte man sich einigen jungen Damen zu. die In besonders kurzen Röcken zum Korso eilten, mid zwang auch diese zu schleunigem Rückzug. * Die »Champagncrbad"assLr« endlich erledigt. Man «. innert sich noch deS SkandalprozesseS, in dem vor etwa Jahre«-' seist der bekannte amerikanische Impresario Earl Carroll al« Angeklagter erschienen war. Der Staatsanwalt warf ihm vor, er habe auf einer Abendgesellschaft zur Zerstreuung seiner Gäste ein nicht alltägliches Vergnügen verynstallet: eine bekannte Schauspielerin sollte nämlich vor den Anwesenden in einer mit Sekt gefüllten Mann« ein Bad genommen haken. Vor Gericht zitiert, hatte er beschworen, der Vorfall habe nicht stattgefunden. Er wurde darauf de» Meineides überführt und verurteilt. Seine Berufung wurde jetzt vor dem Obersten Gerichtshof in Neuyvrk verhandelt, der das Urteil bestätigte. Der berühmte Impresario hat bereits seine Strafe in einem Gefängnis von Atlanta angetreten. Da» DeN -er„Kameliendame". Man hat vor kurzem in Frankreich den 80. Todestag jener Marte DnplessiS begangen, die durch Alexander DvmaS> Meisterwerk „Die Kameliendame" unsterblich geworden ist. Ans diesem Anlaß beschäftigt sich ein Pariser Blatt mit den Schicksalen, die das Bett dieser berühmten Demimondäne ge habt hat. Daö Lager, auf dem die schwindsüchtige Schöne ihren letzten Seufzer tat. wurde von einer mit ihr befreun deten Künstlerin, Mathilde Gnizolphe, erworben. Als Dumas, wenige Jahre nach dem Tod seiner Heldin, sein Stück den- Schauspielern des Thefttro Historique vorlas, fing eine junge Schauspielerin plötzlich zu weinen an. ES war Mathilde Gnizolphe, die auf die Frage DumaS', warum sie weine, er widerte: „Ach. ich denke an daS Schicksal Ihrer arme» Mar- guerite Gautier, das dem meinen so ähnlich ist. Auch ich bin schwindsüchtig und werde bald sterben. Um der Heldin Ihre- Stückes bis zum Ende zu ähneln, habe ich das Bett gekauft, in dem Marie DuplessiS starb." Tatsächlich hauchte die junge Künstlerin vier Jahre später ihr Leben aus: sie starb in dem selben Bett und an derselben Krankheit, die die Kameliendame dahingerasft hatte. Die historische Lagerstätte wurde das Eigen tum eine» ihrer Freunde, der sie sofort weiterverkauste. Heute- gibt es mehrere Personen, die sich rühmen, das Bett der Kameliendame zu besitzen, aber eS fehlt der fleißige Historiker, der die Ansprüche auf ihre Rechtmätzigkeit prüft und das echte Bett der Kameliendame in einer längeren Abhandlung feststellt Der Kragen-Bazillus. Die schlechte Behandlung, die die Wäsch« in manchen Waschanstalten erleidet, und besonders die zerstörenden 8ir- kungen dieser Behandlung aus den gestärkten Hemdkragen de« Herrn, ist daS Thema eines alten Klageliedes. Ein amerika- nischer Gelehrter will jetzt entdeckt haben, baß man den Waichs anstalten damit unrecht getan habe. Nach seiner Behauptung gibt es einen Bazillus, der sich mit Borliebe ln den Hrrren- kragen ansiedclt und sich von der Leinensaser nährt. Wenn dem so ist, hoffen wir aus die Erfindung eines Serums gegen diese Schädlinge. — Der 1. April ist doch'noch nicht Sa! Das literarische Kamel. Von Bruno W i n a w e r. Deutsch von Leo Koszella. An einem kalten, sonnigen, trockenen Wtntertage schritt durch die lärmenden Straßen von London ein — Dromedar Sein dünner Hals, dieses Anhängsel des unförmigen Rump fes, ähnlich dem Griffbrett eines Biolonccllokastcns, thronte stolz Wer der Menge und seine schmalen, umflorten Auge» blickten träumerisch in die Weite ... DaS Menschcngedränge wogte zu seinen Füßen, schreckliche Nutohupentöne erschallten ringsum, eS achtete aber nicht daraus. Erhaben und stolz schritt cs dahin und nur von Zeit zu Zeit bewegte es verächt lich die spcichelbedecktcn Lippen: „Geh auseinander, faule Menge! — Ich komme." — Denkt nicht, daß seine gemusterte Decke, die seinen gemauserten Rumps bedeckte, die Ursache dieses Stolzes rvar. Nein. Die Ursache lag tiefer. An dem rechten Vordcrhuf hatte man ihm heute früh einen Gummi stempel mit der Aufschrift: „Lears noap" — „Pears Seife" an- gcfügt und die Wüstenarche, die durch die Regent Street in dir Richtung zum Trafalgar Sguare schritt, gab diese Worte aus dem StraßenasphaU wieder. Und dies erfüllte eS mit Stolz. Denn sein Weg verlief nicht spurlos. O nein! Es ließ Hinte: sich lange Reihen gedruckter Buchstaben zurück: Lears sog,', Lean» soap, kesrs soap. An der Ecke des Piccadilly versperrt« thm jemand den Weg. Es war sein alter Kollege aus einem Wanderzirkus der Esel Jack. Hallo Harry! — rief freudig der Esel. Scho« lange sah ich dich nicht mehr, lieber Freund, was machst Du? II<1>V äc, vou clc>? Das Dromedar maß ihn mit verächtlichem Blick. Mach' Platz! — sagte es langsam. Geh auS dem Wege!' Und rede mich nicht an. Stehst du denn nicht, daß du mich störst? — Worin? sprach verwundert der Esel. Das Dromedar wies mit majestätischer Bewegung des Schwanzes nach hinten aus die lange Reihe der Buchstabe» ... In meiner literarischen Tätigkeit — erwiderte es. Dies alles ging unter meinem Hus' hervor. Tritt also beiseite: denn wie du stehst, bin ich heute tn Ekstase. Mit diesen Worten schritt eS weiter in der Richtung zum Trafalgar Square» stolz, voll Verachtung, erhaben, »nd mit jedem Schritt vergrößerte ein neues „Lear, sosp" die Niesen- litanci. Der Esel stand wie festgebannt, blickte auf den ent schwindenden Schivanz des Freundes und immer von neuen auf die lange Reihe der gedruckten Worte. Glückliches Vieh! seufzte er endlich. — Es läßt eine Spur hinter sich zurück. SS geht in die Nachwelt über: Warum gab Gott nicht auch mir literarisches Talent? ... Und tief seufzte er noch einmal. — > WsewOnsosit nloiit rn Oslsen sutzsc'gscvüfmsiohs, moäscms nnci soiiicriis siumbsejocics. pullo^se uns LtttetciOslcIoe m!i pssssnctsn SieOmpIsn ru 1k*ag«n? - sigsns Enhvüels 6i!l!gs k't'slss Ttfllmpfs m 1OOO Kevgvr Sir. LS «lokvnnvlr. 17
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