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Feudalherren gezwungen waren, ihre Existenzmittel aus dem eigenen Grundbesitz abzuschöpfen, mußten sie dessen Ertragsfähigkeit durch Erweiterung, wirksame Organisation und Intensivierung der Arbeitsleistungen steigern (Töpfer 1983, S. 136). Somit konnten die Burgen unter den Bedingungen des weiteren Vorherr schens der Naturalwirtschaft nicht nur zu Stützpunkten der politischen Macht wer den, sondern auch zu Kristallisationspunkten der Entwicklung der Produktivkräfte. Hatte sich die Sammlung nichtagrarischer Produzenten an wichtigen späturgesell schaftlichen Zentren im Übergang zur Klassengesellschaft vermutlich schon ange bahnt, so setzte sich diese Tendenz unter frühfeudalen Verhältnissen immer mehr durch und führte zur Herausbildung frühstädtischer Siedlungen. Für diesen Prozeß wurde der frühfeudale Staat in verschiedener Hinsicht bedeutsam: - Durch die Entstehung des Staates wurden die in der späten Urgesellschaft ent standenen Zentren zu einer größeren ökonomisch-politischen Einheit und Potenz zu sammengefaßt. - Seine Herausbildung verschaffte der sich entwickelnden Feudalklasse Rückhalt und Mittel, um die feudale Ausbeutung durchzusetzen. Die wachsende Rolle des ständigen Mehrprodukts führte somit einerseits zur verschärften Ausbeutung, ande rerseits zur Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion und beförderte die Ten denz der weiteren Herauslösung nichtagrarisch tätiger Bevölkerungsteile aus der landwirtschaftlichen Produktion und deren gesonderte Ansiedlung an der Burg. - Das steigende Luxusbedürfnis des Adels und die Möglichkeit, die an der Burg zusammenfließenden landwirtschaftlichen und handwerklichen Produkte sowie Na turreichtümer als Äquivalente im Handel einzusetzen, wirkten sich stimulierend auf den Handel und darüber hinaus auf die Ansiedlung von Kaufleuten in der Nähe der Burg aus. - Die durch den Burgherrn herbeigeführte Befestigung, in vielen Fällen auch des Suburbiums, in dem vor allem Handwerker und Dienstleute angesiedelt waren und der Handel getätigt wurde, bot eine gewisse Garantie für eine ungestörte Entwick lung der neuen Produktivkräfte und Sicherheit auch gegenüber anderen Feudal herren. - Als außerordentlich bedeutsam für die Entstehung frühstädtischer Zentren er wies sich die Funktion des frühfeudalen Staates nach außen. Seine im Vergleich zu späturgesellschaftlichen Verhältnissen potenzierte militärische Kraft (Ausbau der Bur gen, konzentrierter Einsatz der Kriegsleute, erweiterte ökonomische Grundlage) und seine durch den König wahrgenommene politische und militärische Führung (per sonengebundener Staat) garantierten in den Grenzen dieses Staates eine relativ un gestörte, in den Grundzügen kontinuierliche sozialökonomische Entwicklung. Das war eine wesentliche Bedingung für die Herausbildung frühstädtischer Verhältnisse. Somit trug der frühfeudale Staat objektiv dazu bei, daß sich der gesellschaftliche Fortschritt auch in dieser Richtung durchsetzte.