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3. Die Entwicklung des Burg-Stadt-Verhältnisses in Mügeln von seinen Anfängen bis zur Mitte des 14. Jh. 3.1. Die sozialökonomischen und politischen VorausSetzungen 3.1.1. Die Besiedlung der Mügelner Gegend im Zusammenhang mit der Entfaltung der Produktivkräfte Der Raum um Mügeln gehört zum Altsiedelgebiet. Ähnlich wie um Wurzen sind die ersten Siedlergruppen für die zweite Hälfte des 7. und erste Hälfte des 8. Jh. mit der „Rüssener" Keramik nachweisbar. Offensichtlich bildete sich im Döllnitztal um Mügeln und entlang des Grauschwitz- und Bodenbaches eine altslawische Siedlungs- kammer heraus, die die Wehranlage auf dem Festenberg zum Mittelpunkt hatte. 31 ’ Für diese und für Sornzig und Baderitz liegen eindeutige Keramikfunde aus dem 8. Jh. vor, die eine noch frühere Besiedlung möglich erscheinen lassen, 35 36 denn der Ausbau von Siedlungskammcrn und der Bau von Burgen ab dem 8. Jh. (Brachmann 1978, S. 214) setzte stabilisierte Verhältnisse voraus. Die intensive Nutzung und die Ausdehnung des slawischen Sicdlungsraumes durch frühe Rodungen hatten ein ständig wachsendes Mehrprodukt zur Folge, das zeitweise bzw. in einigen Bereichen ständige Arbeitsteilung ermöglichte. Das führte auch im Mügelner Raum zur „Ent faltung der mehr oder weniger deutlich erkennbaren, vom Handwerk bis zur Waren produktion alle Formen umfassenden handwerklichen Tätigkeit“ (ebenda). Wäh rend die im Mügelner Heimatmuseum vorhandenen Pfriemen, Schlittknochen und Spinnwirtel im Hauswerk entstanden sein dürfen, kann für die Herstellung von Ke ramik eine saisonmäßig betriebene Produktion angenommen werden (Gesch. d. Sorben 1977, S. 42), bei der eine zeitweilige Freistellung der Produzenten aus der landwirtschaftlichen Produktion erfolgte. Da die sozialökonomischen Prozesse durch die politische Herrschaft des deutschen Feudaladels kaum oder höchstens im Sinne der verschärften Ausbeutung der slawischen Bevölkerung beeinflußt wurden, könnte das Auftreten von Bodenzeichen (einfache Kreuze) eine fortschreitende berufliche Differenzierung in der Keramikproduktion deutlich machen. 37 Ähnlich dürfte sich 35 Die als „Mügeln-Schrebitzer Raum“ bezeichnete altslawische Siedlungskammer, zu der Eichler und Walther aufgrund der Ortsnamcnsbildung und aus siedlungsgeographischen Erwägungen her aus 12 Orte zählen (Eichler/Walther, 1967, S. 181 f., 188 f.), muß durch die den Festenberg un mittelbar umgebenden und zum altslawischen Burgbezirk gehörenden Orte erweitert werden. Bei Sornzig sprach schon die Bezeichnung „Sclauica villa Svrnzc“ in der Urkunde des Siegfried von Mügeln aus dem Jahre 1255 gegen eine so späte Einordnung (OU 5636, StAD). 36 Baumann setzt die Mühlsteinhauerwerkstatt in das Ende des 8. bzw. in das 9. Jh. (Baumann/ Thomas 1978, S. 125; Baumann 1982, S. 160). Im Corpus (1985, 151/45) wird dieser Fund verband in das 7. bis 12. Jh. datiert. 37 Leider ist die Verbreitung von Bodenkreuzen im Mügelner Raum nicht exakt erfaßt, so daß we der beweiskräftige Schlüsse hinsichtlich der Existenz von handwerklichen Spezialisten (im Sinne einer Werkstattmarke) noch der Ausdehnung des Mügelner Burgbezirks (im Sinne eines Si gnums für Fcudalabgaben) gezogen werden können. Dies zu untersuchen wäre lohnenswert, da das Auftreten von Bodenzeichen allgemein mit einer höheren Qualität der Keramikproduktion in Verbindung zu bringen ist (vgl. dazu Grebe 1976, S. 158; 1982, S. 591 ff.).